Lenggries:Kreis-SPD will Profil schärfen

Sozialdemokraten bereiten sich auf vier Wahljahre vor

Von Klaus Schieder, Lenggries

Die SPD hat es schwer. Im Landkreis stellt sie keinen einzigen Bürgermeister, ist nur in sieben von 21 Stadt- und Gemeinderäten vertreten, bildet im Kreistag bloß die vierstärkste Kraft. Dennoch mag Kreisvorsitzender Wolfgang Werner nicht Trübsal blasen. Die Partei sei mit ihren Ortsvereinen und Arbeitsgemeinschaften wie dem AK Frieden im Landkreis durchaus erkennbar, sagte er in der Hauptversammlung am Donnerstagabend im Gasthaus Neuwirt in Lenggries. "Die SPD ist nicht totzukriegen, vor allem nicht von Leuten, die uns gerne in diese Richtung hätten." Der scheidende Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel schwor die Genossen auf die Wahlen in den nächsten vier Jahren ein. Es sei höchste Zeit, wieder eigenständige Positionen zu formulieren, sagte er.

Lokalpolitisch ging es in der Hauptversammlung vor allem um die Zukunft des Kreispflegeheims in Lenggries, das marode ist und neu gebaut werden soll. Barthel wunderte sich, dass kein Aufschrei durch den Landkreis ging, als im ersten der beiden Gutachten konstatiert wurde: Das Pflegeheim sei nur wirtschaftlich zu führen, wenn die Mitarbeiter nicht nach Tarif bezahlt würden. "Das kann für uns Sozialdemokraten überhaupt nicht zur Debatte stehen." Dagegen hat sich die Kreistagsfraktion noch keine einheitliche Meinung gebildet, wie es mit der Einrichtung weitergehen soll. Man warte zuerst auf die Ergebnisse der Pflegeheim-Arbeitsgruppe und der juristischen Prüfung, ob und wie eine Ausschreibung vonstatten gehen muss, sagte Kreisrat Willi Streicher. Während Landrat Josef Niedermaier (FW) auf einen Neubau des Heims durch einen privaten Träger setzt, der auch den Betrieb übernimmt, vertritt Barthel die Gegenposition: Der Landkreis soll bauen und betreiben. Dann müsse es keine Ausschreibung geben, meinte er.

Kurz streifte Kreisrat Streicher auch den Beschluss des Kreistags vom Mittwoch, das Schulzentrum Geretsried für 37,5 Millionen Euro zu renovieren. Die SPD trug diese Entscheidung mit. Das sei zwar "wahnsinnig viel Geld", räumte Streicher ein, erinnerte aber an die Generalsanierung der Schulzentrums in Tölz: "Die kostete 41,7 Millionen, aber das schaut jetzt ganz toll aus - ich denke, das wird auch in Geretsried so sein."

Friedenspolitik, soziale Gerechtigkeit und Arbeit nannte Barthel als Kernthemen der SPD für die Bundestagswahl 2017. Seine Partei sieht er derzeit "nicht gerade in bester Verfassung", umso mehr hält er es für geboten, das sie wieder klare Ziele definiert. "Man muss erkennen können, was wir machen würden, wenn wir größere Mehrheiten hätten." Die Arbeit am Wahlprogramm muss seiner Ansicht schon jetzt beginnen. Barthel plädierte außerdem dafür, um die Bürger nicht nur zu werben, sondern ihnen deutlich zu machen, dass jeder für sich Verantwortung für die Politik trägt. Als Beispiel führte er das Brexit-Referendum in Großbritannien an. Die junge Generation sei dort zwar für einen Verbleib in der EU, aber nur 37 Prozent aus dieser Altersschicht sei zur Wahl gegangen. Es genüge nicht, nur auf Facebook und Twitter seine Meinung zu äußern, sagte Barthel: "Das führt zu keinen politischen Entscheidungen." Der wachsende Rechtspopulismus in Europa bedrückt Werner. Das sei erschreckend, meinte er. Deshalb müsse die SPD "mit einem guten Programm in die Bundestagswahl" gehen, die für die Partei auch im Landkreis richtungsweisend sein werde.

Barthel wird nicht mehr für Berlin kandidieren. Nach 23 Jahren im Bundestag hatte er seinen Rückzug verkündet und damit die SPD im Landkreis überrascht. "Das war der Paukenschlag schlechthin", sagte Werner. Mit der 26-jährigen Kati Koper aus Bad Tölz und dem 48 Jahre alten Hannes Gräbner aus Miesbach sind bereits zwei Kandidaten für die Nachfolge im Oberland-Wahlkreis gefunden. "Es ist gut, dass es da keine Hängepartie gibt", sagte der Kreisvorsitzende.

Die Neuwahl des Kreisvorstands verlief ohne Überraschungen. Wolfgang Werner bleibt Vorsitzender. Nach einer von den Mitgliedern gebilligten Satzungsänderung hat er mit Angelika Kassner (Egling), Arndt Spahn (Icking) und Viola Seidel (Geretsried) künftig drei anstatt wie bisher zwei Stellvertreter. Kassier ist Reiner Berchtold, der Monika Singer ablöst, als Schriftführer fungiert Michael Seidel. Als Vertreter der Kreistagsfraktion gehört Streicher zum erweiteren Vorstand. Stimmberechtigt waren 30 Mitglieder. "Es ist schön zu sehen, wenn hier mal so viele Sozis auf einem Platz sitzen", sagte Ortsvorsitzende Luise Gams. Das kommt in Lenggries sonst nicht vor.

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