Lebensmittel für Arme:Die Retter der Tafelrunde

Nach dem Hilferuf der Helfer melden sich rund 30 Menschen, die sich engagieren wollen. Noch eine gute Nachricht des Vereins: Die Zahl der Bedürftigen ist leicht zurückgegangen.

Von Elena Winterhalter

Der Hilferuf, mit dem sich die Wolfratshauser Tafel am vergangenen Donnerstag an die Bürger der Stadt gewandt hat, wurde gehört. Bei der wöchentlichen Ausgabe der Lebensmittel im Jugendhaus La Vida am Mittwochvormittag, kamen bereits vier neue Ehrenamtliche zum Schnupperhelfen. Angelika Haller, die bei der Tafel für die Personalplanung zuständig ist, hatte am Montag rund 30 Anrufe auf dem Anrufbeantworter. "Wir haben erfreulich viele Reaktionen bekommen", sagt Claudia Brenner, stellvertretende Vorsitzende der Geretsrieder-Wolfratshauser Tafel. Nun soll mit allen Interessierten gesprochen werden. Wenn der Eindruck am Telefon stimmt, kommen die neuen Helfer zu einem Schnuppertermin vorbei.

Lebensmittel für Arme: Die akute Personalnot bei der Tafel in Wolfratshausen scheint zumindest bis auf Weiteres beendet zu sein.

Die akute Personalnot bei der Tafel in Wolfratshausen scheint zumindest bis auf Weiteres beendet zu sein.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

So auch Ingrid Schnaller. Sie sei durch den Artikel in der SZ auf die Not der Tafel aufmerksam geworden, sagt sie. "Ich habe mittwochs am Vormittag Zeit und fände es sehr schade, wenn die Ausgabe nicht mehr stattfinden würde." Dass sie heute zum ersten Mal hilft, merkt man ihr nicht an. Beherzt packt sie mit an, als die Fahrer die vielen Kisten mit Brot, Gemüse und Obst in das Jugendhaus schleppen. "Man muss das mit einem gewissen Pragmatismus angehen und helfen, wo Hilfe gebraucht wird", sagt Schnaller. "Wenn wir uns nicht hier für unsere Gesellschaft und unsere Stadt engagieren, wo dann?"

Lebensmittel für Arme: Unter den Helfern: Ingrid Schnaller. Gemeinsam mit anderen Ehrenamtlichen will sie die Lebensmittelausgabe weiter ermöglichen.

Unter den Helfern: Ingrid Schnaller. Gemeinsam mit anderen Ehrenamtlichen will sie die Lebensmittelausgabe weiter ermöglichen.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Und der Bedarf ist da. An diesem Mittwoch haben sich rund 25 Bedürftige im La Vida eingefunden, um sich mit Lebensmitteln einzudecken. Bevor es zur Ausgabe geht, zeigen die Menschen Andrea Lamm, der Leiterin der Mittwochsausgabe, ihren Tafelausweis auf dem vermerkt ist, für wie viele Familienmitglieder sie Essen abholen. Lamm zählt sie auf ihrer Liste zusammen: 73 Personen. Kommen darf jeder, der nachweislich weniger als 900 Euro im Monat zur Verfügung hat. Nach der Vorlage des Tafelausweises erhält jeder eine Nummer. In der entsprechenden Reihenfolge geht es dann zu den Ausgabetischen.

Lebensmittel für Arme: Nach einem öffentlichen Appell an die Bürger kamen zur wöchentlichen Ausgabe am Mittwochvormittag vier neue Helfer ins La Vida.

Nach einem öffentlichen Appell an die Bürger kamen zur wöchentlichen Ausgabe am Mittwochvormittag vier neue Helfer ins La Vida.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

"Zur Zeit kommen etwas weniger Bürger zur Tafel als noch vor einigen Monaten", sagt Brenner und vermutet die entspanntere Lage der Asylbewerbersituation als Grund dafür. Überhaupt lasse sich schlecht planen, so Brenner. Am Monatsanfang kämen in der Regel weniger Bedürftige als zum Ende hin, wenn das Arbeitslosengeld nicht mehr reicht.

Dazu kommt, dass auch die Lebensmittellieferungen jeden Mittwoch unterschiedlich ausfallen. "Das macht die Arbeit spannend und schwierig zugleich", sagt die stellvertretende Vorsitzende und zuckt mit den Schultern. Alle hielten sich hier an die Maxime von Peter Grooten, dem verstorbenen Vorsitzenden der Tafel: "Jeder gibt, was er kann, und wir verteilen alles gerecht."

Mittlerweile ist das zweite Auto vorgefahren - und die vielen helfenden Hände verteilen weitere Kisten mit Lebensmitteln auf den Tischen. Die Ware kommt aus Supermärkten und von Bäckern aus der Region. Sie würde ohne die hiesige Tafel im Müll landen.

Marion Imping steht seit drei Jahren fast jeden Mittwoch hinter den Tischen im La Vida. "Ich kann damit etwas zurückgeben", sagt Imping. Sie mache sich keine Vorstellungen. "Man ist schnell auch mal auf der anderen Seite der Tische." Für viele Bedürftige sei die Tafel einer der wenigen sozialen Kontakte in der Woche. "Es entstehen mit der Zeit Beziehungen. Nach anfänglicher Scheu kommen die Leute gerne hier her."

Bevor die Tafel ihren Hilferuf publik machte, war Marion Imping eine von drei Mitarbeiterinnen, die die wöchentliche Ausgabe stemmen mussten. Durch ein unglückliches Zusammentreffen vieler Faktoren sei die Situation so prekär geworden. Das letzte Dreivierteljahr hatte Andrea Lamm deshalb bei der Teameinteilung nicht viel Auswahl. "Ich hoffe, dass wir durch die aktuellen Interessensbekundungen den Mittwoch wieder besser besetzen können", sagt die Leiterin. "Man kann von den ehrenamtlichen Helfern auch nicht erwarten, dass sie jede Woche Zeit haben." Einige der 30 Interessierten werde man nach Rücksprache auch bei den Lebensmittelausgaben in Geretsried einsetzen, sagt Brenner. Dort ist die Personalnot zwar nicht so groß, dafür werden in der Stadt zweimal pro Woche Waren ausgegeben, immer montags und samstags.

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