Langfristiger Pachtvertrag:Die Gemüse-Genossen wachsen

Biotop Oberland

Sebastian Girmann freut sich, dass "Biotop" mehr Platz bekommt.

(Foto: Manfred Neubauer)

"Biotop Oberland" vergrößert sich und zieht nach Lenggries.

Von Petra Schneider

Das "Biotop Oberland" wächst und gedeiht. Vor zweieinhalb Jahren wurde die als Genossenschaft konzipierte Direktvermarktung von Bio-Gemüse gegründet. Inzwischen haben 200 Mitglieder Anteile gezeichnet, die gegen einen monatlichen Festbetrag jede Woche einen Ernteanteil bekommen. Die Nachfrage steigt. "Wir haben jede Woche neue Anmeldungen", sagt Vorsitzender Sebastian Girmann.

In der vergangenen Saison wurde das Öko-Gemüse noch auf Flächen der Biolandgärtnerei Holzmann Bad Heilbrunn angebaut. Im kommenden Jahr erfüllt sich für das Biotop-Team ein Traum: Im Lenggrieser Ortsteil Steinbach entsteht die erste "gemeinschaftsgetragene Gärtnerei im Isartal" mit eigenen Gewächshäusern und selbst gepachteten Flächen. Die Gründe für den Umzug nennt Gartenbauingenieur Girmann: Mehr Anbaufläche und einen langfristigeren Pachtvertrag. Auch das fünfköpfige Team wird wachsen und soll im kommenden Jahr um eine Fachgärtnerin erweitert werden. Der 2,5 Hektar große Grund in Steinbach ist mehr als doppelt so groß wie bisher. Er ist bereits umgebrochen, im Frühling wird gepflanzt. Im März soll mit dem Bau der ersten drei Gewächshäuser aus Thermo-Doppelfolie in den Maßen von je 26 mal zehn Meter begonnen werden.

Der Lenggrieser Bauausschuss hat einen entsprechenden Antrag am Montag einstimmig gebilligt - Bürgermeister Werner Weindl (CSU) wünschte dem Projekt in Lenggries "viel Erfolg". Weitere drei Gewächshäuser sollen folgen, wenn die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Denn die Kosten von rund einer Viertelmillion Euro für Gewächshäuser und Maschinen müssen komplett über Mitgliederanteile finanziert werden.

Mit 150 Euro ist man Teilhaber der Genossenschaft. "Manche Leute zeichnen aber aus Überzeugung mehr Anteile", sagt Girmann. Auch Bauer Sepp Heiß, dem die künftige Anbaufläche in Lenggries gehört, unterstützt die Biotop-Idee. Er verpachtet den Grund langfristig auf 13 Jahre und baut an seinen Hackschnitzelstadel ein Betriebsgebäude an, in dem das Biotop-Gemüse gewaschen und gelagert werden kann. Auch den Anbau will er langfristig verpachten. "Das ist für uns ein totaler Glücksfall", sagt Girmann.

Denn Planungssicherheit sei vor allem beim Bioanbau extrem wichtig; bis sich im Boden eine Humusschicht bilde und sich Nützlinge vermehren könnten, dauere es ein paar Jahre. Dies sei einer der Hauptgründe für den Umzug nach Lenggries gewesen. Denn in Bad Heilbrunn habe man die Anbauflächen nur jeweils für ein Jahr pachten und die Maschinen stundenweise mitnutzen können. "Ein guter Start" sei das gewesen, sagt Girmann, aber auf Dauer habe die Perspektive gefehlt.

Zudem wolle Inhaber Michael Holzmann die Fläche gerne selber bewirtschaften. Noch einen weiteren Grund nennt Girmann für die Verlagerung: "Wir wollen die Leute zum Mitmachen anregen". Die meisten Mitglieder kämen aus Lenggries, auch die Mitarbeiter des Biotop-Teams wohnen dort. Dass sich auf dem gleichen Grundstück der "Lenggriesa Acker", ein Projekt des Bund Naturschutzes, anschließt, sei eine gute Kombination. Auf den 50 Parzellen bauen Bürger ihr Gemüse selbst an und beziehen ihre Jungpflanzen oft von Biotop Oberland oder lassen sich von deren Fachgärtnern beraten.

Transparenz und Mitgestaltung sind wesentliche Säulen der "Biotop"-Idee: Die Leute sollen wissen, wo und wie ihr Gemüse wächst. Erzeuger und Verbraucher rückten näher zusammen und weite Transportwege entfielen. Angebaut wird das Gemüse je nach Saison. Im Winter etwa findet sich in den Kisten, die jede Woche an Verteilstationen in Bad Tölz, Lenggries, Greiling, Letten und Tutzing ausgegeben werden, Karotten, Zwiebeln, Kartoffeln, Feldsalat, Blattspinat oder eingemachtes Gemüse. Die verwendeten Sorten zielten nicht auf maximalen Ertrag, sondern auf Geschmack und Nährstoffgehalt, erklärt Girmann.

Gemüse, das hinsichtlich Größe oder Gewicht nicht der Norm entspreche, etwa "Karotten mit zwei Beinen", werde bei der Biotop Oberland nicht entsorgt. Das reduziere den "Abfall" um 20 Prozent. Zudem arbeite man "komplett plastikfrei". Das Gemüse werde lose in Pfandkisten gepackt.

Im Unterschied zu den Anbietern der "Öko-Kisten" sei die Biotop Oberland aber keine Vertriebsgesellschaft, die Gemüse weiterverkauft, sondern eine Solidargemeinschaft. Die Monatsbeiträge, die zwischen 42 und 105 Euro liegen, landen in einem Topf. Je nach Ernteertrag werde das Gemüse dann verteilt, erklärt Girmann. "Wir nehmen so den Lebensmitteln ihren Preis und geben ihnen ihren Wert zurück."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: