Kurzkritik:Zauberhafte Atmosphäre

Kurzkritik: Pianist Eric Ferrand-N'Kaoua pflegt ein unorthodoxes, freies Musizieren - lässig und herrlich beiläufig.

Pianist Eric Ferrand-N'Kaoua pflegt ein unorthodoxes, freies Musizieren - lässig und herrlich beiläufig.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Die Neue Philharmonie und Pianist Eric Ferrand-N'Kaoua

Von Barbara Doll, Wolfratshausen

Hauchzarte Bläsersoli, fein schimmernde Streichergrundierung: Die geheimnisvolle Atmosphäre der Hexenmeister-Bude sitzt perfekt. Tausend Träume, Düfte und Fantasiegebilde flirren durch die Loisachhalle, als die Neue Philharmonie München zu Paul Dukas' "Der Zauberlehrling" ansetzt. Die von Goethes gleichnamiger Ballade inspirierte Tondichtung ist ein hinreißendes Stück Programmmusik. Das fand 1940 auch Walt Disney, als er sie seinem bizarren Zeichentrickfilm "Fantasia" unterlegte. Wie der Zauberlehrling der Versuchung nicht widerstehen kann, wie er ohne seinen Meister loszaubert und dabei ein Riesenchaos anzettelt - das zeichnet die Neue Philharmonie wunderbar plastisch nach. Aufsteigende Melodiefiguren in den Geigen illustrieren das Wasser, das nicht mehr aufhören will zu strömen; mit gestochen scharfen Bläsersignalen kulminiert das Chaos.

Dass Dirigient Fuad Ibrahimov detailversessen an Klang und Dramaturgie arbeitet, zeigt sich auch in Gershwins Klavierkonzert in F sowie Ravels Orchestersuite Nr. 2 "Daphnis et Chloé" und "La valse". Ganz natürlich finden sich die Streicher in den mondänen, dunklen Gershwin-Sound, es ist ein kraftvolles und selbstbewusstes Musizieren.

Ähnlich wie sich bei Gershwin Klassik- und Jazz-Elemente synthetisieren, treffen mit dem Pianisten Eric Ferrand-N'Kaoua und der Neuen Philharmonie München zwei Welten aufeinander, die sich gegenseitig ergänzen und inspirieren: Der französische Pianist, Jahrgang 1963, pflegt ein unorthodoxes, freies Musizieren - lässig, flexibel und herrlich beiläufig. Die jungen Musiker, an Präzision und Perfektion geschult, spielen brillant, aber weitaus kontrollierter. Im Lauf der Sätze lassen sie sich immer mehr von Ferrand-N'Kaoua anstecken, der mit Gershwins Three Preludes eine Zugabe voll urbaner Flüchtigkeit und kühlem Glanz hinlegt.

In Ravels "Daphnis et Chloé"-Suite entzückt die große, samtene Klangfläche des "Tagesanbruchs": Sie ist - kaum greifbar - permanent im Wandel und gipfelt in einem prachtvoll farbigen Sonnenaufgang, der die Loisachhallen-Akustik beinahe zu sprengen droht. Entfesselte Kräfte tanzen und brausen auch in Ravels "La valse", dem rauschhaften Abgesang auf die Wiener-Walzer-Seligkeit des 19. Jahrhunderts. Großer Beifall.

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