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Kurzkritik: Samtiges Timbre: Mezzosopranistin Theresa Labrzycki.

Samtiges Timbre: Mezzosopranistin Theresa Labrzycki.

(Foto: Pöstges)

Frühlingsmatinee lässt roten Faden vermissen

Von Sabine Näher, Geretsried

Unter dem Titel "Gib mir mein Herz zurück" hatte die Musikschule Geretsried am Sonntag zu einer Matinee mit "Arien, Liedern und Literatur aus Barock, Klassik und Romantik" geladen. Solch bunte Programm waren früher üblich; mittlerweile schätzen viele Veranstalter aber ein konkretes Konzept. Gerade bei einem Wort-Musik-Programm wie diesem gibt es da ganz wunderbare Möglichkeiten. Die Pianistin Ulrike Wenicker-Kuhn hatte in ihrer lockeren, frei vorgetragenen Moderation zwar einen roten Faden anzubieten: Man habe sich die Liebe in all ihren Facetten vorgenommen. Doch zum einen ist das Thema in der Kunst allzu präsent. Und zum anderen fühlte sich Rezitator Werner Kuhn, der mit angenehmem Stimmtimbre und einem schönen Erzählton vorlas, nicht an dieses Motto gebunden. So entstand eine beliebige Abfolge, die durchaus schöne Details bot, sich aber nicht zu einem stimmigen Ganzen fügen wollte.

Die zahlreichen Gäste an den mit Tulpen geschmückten Tischen waren indes mit Konzentration bei der Sache und sparten nicht mit Beifall. Neben Pianistin und Rezitator standen die Mezzosopranistin Theresa Labrzycki und der Klarinettist Iván Mähr auf dem Podium. Gerade die geheimnisvoll oder traurig umschatteten Nummern kamen dem samtig-dunklen Timbre der Sängerin entgegen. Dass stilistische Feinheiten etwas untergehen, wenn man in wenigen Minuten die Epochen von Barock, Klassik und Romantik durchschreitet, liegt auf der Hand. Doch konnte Labrzycki mit schön zurückgenommenen, innig-gesammelten Momenten in Francesco Rossis Barockarie ebenso überzeugen wie mit dunkel brodelnden, leidenschaftlich ausbrechenden Klängen in Pietro Mascagnis "Cavalleria rusticana". Wenicker-Kuhn und Mähr, die dabei jeweils ein ganzes Orchester zu ersetzen hatten, boten das zuverlässige Fundament und intensivierten die jeweilige Gefühlslage. Aus den Texten, die Kuhn ausgesucht hatte, ragte jener von Hermann Hesse über den Besuch eines Virtuosenkonzertes heraus. Wie Hesse da über die elitäre Kunst und den Massengeschmack räsoniert, sich selbst als "Puritaner" bezeichnend, ist ebenso aktuell wie amüsant.

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