Kultur-Tour:Die große Kunst der kleinen Museen

Die beratende bayerische Landesstelle zeigt an Beispielen in Penzberg und Geretsried, wie innovativ und informativ einige Häuser sind

Von Lisa Fey und Felicitas Amler, Penzberg/Geretsried

Kunstwerke sind meist äußerst empfindlich für Licht und für allzu schnelle Temperaturschwankungen. Im Campendonk-Museum Penzberg gibt es dieses Problem nicht. Dort hat Architekt Thomas Grubert mit Unterstützung der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern ein einzigartiges Heiz- und Kühlsystem erarbeitet. Es besteht aus zwei Elementen: einer Fußleistenheizung und einer Sturzkühlung. "Eine Art Pilotprojekt", wie er sagt. In den Sockeln der Räume und unter den Decken sind Leitungen installiert, durch die Wasser läuft. Warmes Wasser erwärmt die Wände von unten nach oben; kaltes kühlt sie von oben nach unten ab. "Der Witz ist, dass es ganz, ganz träge geht", erklärt Grubert. Und eben das tut den Kunstwerken gut.

Innovationen und Besonderheiten wie diese stellte die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen bei einer Rundfahrt einer Gruppe von Pressevertretern vor. Die Stationen der Tour: Campendonk- und Bergwerksmuseum in Penzberg, Stadtmuseum in Geretsried. Warum gerade diese? Weil sich an ihnen ein aktueller Trend deutlich machen lasse, sagte Astrid Pellengahr, die Leiterin der Landesstelle: die zunehmende Öffnung ehrenamtlich getragener Museen. Viele der etwa 1250 nichtstaatlichen Museen in Bayern bemühten sich um eine Professionalisierung. Sei es, so Pellengahr, dass sie wie das Augustiner Chorherrenmuseum in Markt Indersdorf (Landkreis Dachau) für eine Neukonzeption Rat und Unterstützung von Profis holten, oder dass sie, wie das Bergwerksmuseum Penzberg, aus ursprünglich ehrenamtlicher Trägerschaft in kommunale übergehen.

Kultur-Tour: Unterm Dach hat das Campendonk-Museum einen sehr variablen Ausstellungsraum mit moderner Technik.

Unterm Dach hat das Campendonk-Museum einen sehr variablen Ausstellungsraum mit moderner Technik.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Wie wichtig die Landesstelle in jedem Fall sei, betonten sowohl die Penzberger Direktorin Gisela Geiger als auch die Geretsrieder Museumsleiterin Anita Zwicknagl. "Für ein kleines Museum, wie wir es sind, ist es wertvoll, diese Rückendeckung zu bekommen", sagte Geiger. Zwicknagl erinnerte daran, dass die Stadt Geretsried sich an die Landesstelle gewandt habe, als ein Wettbewerb für die Gestaltung ausgeschrieben wurde. Das Campendonk-Museum, das einen einzigartigen Schatz von Werken des bedeutenden Expressionisten Heinrich Campendonk zu präsentieren hat - wurde heuer im Juni eröffnet; das Geretsrieder im Oktober 2013, und das Bergwerksmuseum in Penzberg wurde im Juni 2013 nach einjähriger Umbauzeit wiedereröffnet.

Diana Oesterle steht in einem nachgebauten Stollen und erzählt von der Entwicklung des Bergwerks in Penzberg. Sie berichtet, wie der "Doppelkopfreißhakenhobel" in den Fünfzigerjahren die Arbeit unter Tage revolutionierte. Der Kohlenhobel ist ein mechanisches Gewinnungsgerät, welches Kohle schälend fördert. Dieser trug dazu bei, dass 1954 die Abbaukraft in Penzberg verdreifacht werden konnte. 2013 wurde der Bergbau in Penzberg erneut modernisiert. Wenn auch auf ganz andere Art und Weise. Heuer steht statt des Vorantreibens der bergmännischen Tradition die Erinnerung daran im Fokus.

Kultur-Tour: Grubenlampen gehören zu den Exponaten im Penzberger Bergwerksmuseum.

Grubenlampen gehören zu den Exponaten im Penzberger Bergwerksmuseum.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

1966 hatten sich ehemalige Bergleute in der Heinrich-Campendonk-Realschule Raum für Raum einen Ort der Erinnerung geschaffen. Sie gründeten den Bergknappenverein Penzberg, welcher das Museum mehr als 30 Jahre lang in alter Bergmannstradition führte. 2010 wurde es geschlossen. Ein Jahr später übernahm die Stadt Penzberg die Trägerschaft. Kuratorin Diana Oesterle weckte das Bergwerksmuseum aus seinem Dornröschenschlaf. Zusammen mit dem Bergknappenverein Penzberg, der Leiterin des Stadtmuseums, Gisela Geiger, und der Gestalterin Monika Müller-Rieger gab sie der Erinnerung an das alte Bergwesen einen neuen Anstrich.

Ziel des Museums ist es, die Erinnerung an den Bergbau in Penzberg zu bewahren. Und das gelingt. Bei der Neugestaltung des Museums setzte Oesterle auf Klasse statt Masse. Drängten sich zuvor noch mehr als 500 Ausstellungsstücke in der kleinen Einrichtung, so wurden diese nun stark reduziert. "Statt 40 Schaufeln gibt es jetzt nur noch eine, aber dafür wird die Funktion erklärt", sagt sie. Es gibt jetzt mehr Platz für lehrreiche Tafeln, Modelle und Medienstationen, der Vorraum des Museums erstrahlt in frischem Grün.

Kultur-Tour: Im Geretsrieder Stadtmuseum symbolisiert eine Wand mit Gucklöchern den "Blick zurück", den die Heimatvertriebenen einst auf die Orte warfen, die sie verlassen mussten.

Im Geretsrieder Stadtmuseum symbolisiert eine Wand mit Gucklöchern den "Blick zurück", den die Heimatvertriebenen einst auf die Orte warfen, die sie verlassen mussten.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Oesterle legte bei der Sanierung, Umstrukturierung und Neugestaltung großen Wert auf das Mitwirken der früheren Bergleute. Die ehemaligen Knappen, so erzählt die junge Frau lachend, sagten über sie, dass sie trotz langer Zusammenarbeit noch in der Ausbildung sei. Die Kooperation mit dem Bergknappenverein habe ihr viel Freude bereitet. Auch das merkt man als Besucher. Wenn sie über die Geschichte des Bergwerks und der Bergleute in Penzberg spricht, hat man das Gefühl, sie kann sich sehr gut vorstellen, wie es war, als Knappe in den Sechzigerjahren unter Tage zu arbeiten.

Die ehemaligen Bergleute wollten ursprünglich die Touren selbst führen, sagt Oesterle. Leider sei das aufgrund des fortgeschrittenen Alters der Zeitzeugen ("Achtzig plus") nicht mehr möglich. Die Lösung ist einfach. Statt der Männer führt ein Audioguide mit deren Stimmen Interessierte durch das Museum. Die Besucher können so den Bergleuten lauschen und von ihren Erlebnissen erfahren.

Im aktuellen Ferienprogramm sind spezielle Führungen für Kinder vorgesehen. Dafür taucht das Museum in Dunkelheit, der Weg ist nur von Stirnlampen erleuchtet. So einfach die Idee ist, so groß ist der Effekt. Die Kinder seien begeistert gewesen, die Führung gehe kilometerweit unter Tage, hätten sie erzählt.

www.bergwerksmuseum-penzberg.de; www.museum-penzberg.de; www.geretsried.de/781/

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: