Kündigung für Kleingärtner:Aufruhr in der Kolonie

Die Stadt Penzberg vergibt die Parzellen neu. So sollen Vermüllung, Tierhaltung und mangelhafter Brandschutz ein Ende nehmen. 200 Pächter kommen zur Infoveranstaltung - auch um ihrer Empörung Luft zu machen.

Von Alexandra Vecchiato

Am Ende des Jahres ist Schluss: Zum 31. Dezember wird die Stadt die bestehenden Pachtverträge mit den Kleingärtnern in den Anlagen im Breitfilz, an der Wankstraße und im Gleisdreieck kündigen. Wer möchte, bekommt vom 1. Januar 2018 an einen neuen Vertrag zu gleichen Konditionen, allerdings dann auch mit mehr Regeln für die Nutzung der Parzellen. Neu ist auch, dass die Gartenpächter eine Kaution in Höhe von 300 Euro hinterlegen sollen - egal, ob sie ihre Parzelle schon sei Jahrzehnten bewirtschaften oder erst anmieten. Die Stadtverwaltung hatte die Kleingärtner am Montag in die Stadthalle zu einer Informationsveranstaltung gebeten. Etwa 200 Pächter waren dieser Einladung gefolgt. Das plötzliche Interesse der Stadt, dem Wildwuchs mit einer Gartenordnung zu begegnen, stieß nicht bei jedem auf Gefallen.

Verstöße gegen den Natur- und Tierschutz, illegale Müllentsorgung, fehlende Rettungswege, verwirrende Parzellen-Nummerierungen und mangelnder Brandschutz - über Jahrzehnte durften die Kleingärtner ohne Kontrolle schalten und walten. Dass das ein Ende haben müsse, davon versuchten Bürgermeisterin Elke Zehetner und die Stadtverwaltung die Pächter zu überzeugen. Was nicht in allen Punkten gelang. Aber zumindest beim Brandschutz sollen die gesetzlichen Vorgaben künftig eingehalten werden.

"Wir haben uns ein Paradies geschaffen", sagte Walter Höck, "besonders für die Kinder." Dafür erntete der Gartenpächter im Breitfilz viel Applaus. Sein Pool, den die Verwaltung zu Beginn der Verwaltung etwa als Negativbeispiel für die unerlaubte Wasserentnahme aus dem Filz präsentierte, sei weder 20 Tonnen schwer, noch würde er das Wasser mit Chlor reinhalten, sondern mit einer Sandfilteranlage. Die Wasserentnahme könne nicht so gravierend sein, seien doch im Juli allein auf seinem Grundstück 73 000 Liter Regen gefallen. Da spielten die Pumpen, die Wasser zum Gießen aus dem Boden förderten, keine Rolle. Höck stimmte zu, dass der Verwilderung der Anlage Einhalt geboten werden müsse. "Die Vermüllung ist furchtbar." Es liege in der Verantwortung der Stadt, Pächter rauszuschmeißen, die sich nicht an die Regeln halten würden.

Von denen gibt es einige. Es gleicht einer Sisyphusarbeit, die Angelika Rihm vom Liegenschaftsamt seit Monaten leistet. Gleich einem Puzzle setzt sie Informationen aus Begehungen und Rückmeldungen von Gartenpächtern zusammen, um die tatsächliche Anzahl von Pächtern und Parzellen in den drei Kleingartenanlagen herauszubekommen. Im Breitfilz schätzt die Stadt, dass es etwa 350 Parzellen gibt. In der Wankstraße sind es circa 78 und im Gleisdreieck vermutlich 20. Pächter und Parzellen stimmen nicht immer überein. Manche Kleingärtner haben frei gewordene Parzellen besetzt und so ihre Gärten vergrößert - ohne dies des Stadt mitzuteilen und ohne mehr Pacht zu zahlen.

In vielen Lauben im Breitfilz wurden Holzöfen installiert - oftmals nach Gutdünken und Marke Eigenbau. Das will die Stadt aus Sicherheitsgründen nicht mehr dulden. Neupächter dürfen nur noch Gasöfen nutzen. Lagerfeuer werden verboten wie auch das Verbrennen von Gartenabfällen. Die Überprüfung der Holzöfen durch einen Kaminkehrer müsse schnellstens erfolgen, sagte Ordnungsamtsleiter Peter Holzmann. Viele Pächter bezweifelten, dass dies bis Ende des Jahres machbar sei. Stellvertretender Feuerwehrkommandant Thomas Müller betonte, dass im Schnitt pro Jahr in jeder der Anlagen eine Hütte abbrenne.

Ein weiterer Punkt ist die Tierhaltung, die in Kleingartenanlagen nicht erlaubt ist. Doch im Breitfilz tummeln sich Hühner, Ziegen und vieles mehr. Dass deren Haltung nach Tierschutzrecht eingeschränkt und für Neupächter nicht mehr genehmigt wird, stieß auf großen Widerstand. Heidrun Müller meldete sich zu Wort: Stets seien Kindergarten-Gruppen in den Breitfilz gekommen, um dort Tiere an zu sehen. Die Neuregelung halte sie für "extrem weltfremd". Wo sonst sollten die Leute ihre Tiere halten als in den Gärten. "Etwa in ihrer Etagenwohnung?", fragte sie.

Ein Murren war zu hören, als Rihm ankündigte, dass die Kosten für die Entsorgung von Müll auf alle Pächter umgelegt würden, sollte sich der Verursacher nicht ermitteln lassen. Zehetner versprach, dass der Pachtzins nicht erhöht werde. Er liegt bei 40 Cent pro Quadratmeter im Jahr.

Deutlich wurde, dass die Kleingartenanlage Breitfilz in Zukunft kleiner wird. Im Kernbereich würden die Parzellen weiterhin vermietet, so Rihm. Aber die etwa 100 Parzellen im Außenbereich sollen bei Aufgabe nicht wieder vergeben, stattdessen nach und nach renaturiert werden.

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