Neukonzept gefordert:Verkehrslage "zum Teil katastrophal"

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Die Grünen im Kreistag fordern mit einem Antrag zum Haushalt einen neuen Plan, um den öffentlichen Nahverkehr attraktiver zu gestalten. Zugleich sollen die Schulden des Landkreises um zehn Millionen Euro reduziert werden

Von Claudia Koestler, Bad Tölz-Wolfratshausen

Zum Beispiel der Berufsverkehr am Morgen oder Skitouristen auf dem Weg zum oder vom Freizeitspaß in den Bergen: Die Verkehrslage in den Städten des Landkreises sei "zum Teil katastrophal", sagen die Mitglieder der Kreisgrünen. Sie fordern deshalb eine neue Nahverkehrsplanung und haben einen entsprechenden Antrag zum Kreishaushalt gestellt. Der Haushalt wird in der Sitzung am Mittwoch, 28. Februar, beraten. Laut Landratsamt umfasst im Jahr 2018 der Haushalt des Landkreises 132 Millionen Euro, zumindest nach Kenntnisstand vom Oktober 2017. Die nächste Kreisausschusssitzung findet am Montag, 29. Januar, statt. Dann wird auch der Antrag der Grünen behandelt.

Aus Sicht der Kreis-Grünen ist der laut Landratsamt 1996 in Auftrag gegebene Nahverkehrsplan (NVP) "veraltet", erklären die Sprecher Barbara Schwendner und Klaus Koch. Trotz gewisser Nachbesserungen durch Kreistagsbeschlüsse fehle im Landkreis ein engagiertes Konzept für einen attraktiven Öffentlichen Nahverkehr. "Attraktiv heißt für uns, dass nicht nur diejenigen, die zwingend auf Busse angewiesen sind, versorgt werden, sondern ein Nahverkehr als echte Alternative zum Auto entsteht."

Bereits vor einem Jahr hatten die Grünen beantragt, dass die Hauptlinie zwischen den drei Landkreisstädten Bad Tölz, Geretsried und Wolfratshausen (im Bild der Busbahnhof) überarbeitet und der Takt verdichtet werden soll. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Nahverkehrsplan umfasst laut Landratsamtsprecherin Marlies Peischer drei Bände: einen knapp 200 Seiten starken Textband, einen noch umfangreicheren Anlagenband und ein Fahrplanraster. Darin wird der Ist-Zustand des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) im Landkreis beschrieben und der Frage nachgegangen, welche Ziele mit welchen Maßnahmen umgesetzt werden können. Es werden aber auch Handlungsempfehlungen im Bereich der Tarifkonzeption bis hin zur Wahl der Fahrscheinarten und weiteren flankierenden Maßnahmen beschrieben. Beispielhaft sei hier der behindertengerechte Ausbau des ÖPNV: "1996 war dies eine solche flankierende Maßnahme", sagt Peischer. Zwischenzeitlich wurde dies im NVP explizit definiert, der Umwelt- und Infrastrukturausschuss nahm kürzlich das Kataster zur Barrierefreiheit der Haltestellen zur Kenntnis und übergab es den Gemeinden. Jetzt sollen geeignete Maßnahmen entwickelt werden, um das Ziel barrierefreie Haltestellen bis 2022 zu erreichen. Das aber genügt den Grünen nicht: Bereits vor einem Jahr hatten sie beantragt, dass die Hauptlinie zwischen den drei Landkreisstädten Bad Tölz, Geretsried und Wolfratshausen überarbeitet und der Takt verdichtet werden soll. Bis heute aber habe der MVV nicht geantwortet, "eine Möglichkeit der Taktverdichtung ist daher immer noch nicht einmal in den politischen Gremien zur Diskussion angekommen." Die jüngst diskutierten Linien wie zum Beispiel die Ost-West-Verbindungen aus dem Raum Starnberg über Egling bis Deisenhofen wurden vertagt, da sie nur im Rahmen eines Gesamtkonzeptes umsetzbar seien. Das Klimaziel des Landkreises sei aber nur mit deutlichen Veränderungen im Bereich des Verkehrs zu erreichen. Zumal "das große und herbeigesehnte Projekt der Verlängerung der S 7 wird sicher nicht vor dem Jahr 2028 ins Rollen kommen", erklären Koch und Schwendner. Die Fraktion der Grünen ist daher der Meinung, dass ein neuer Verkehrswegeplan auf den Weg gebracht werden muss. Nach der Planung müsse dann in den folgenden Haushaltsjahren die schrittweise Umsetzung erfolgen.

Konkret fordern die Grünen in ihrem Antrag, dass neben der Erstellung eines Nahverkehrsplans der Kreistag einen arbeitsbegleitenden Ausschuss bilden solle, der alle Interessen berücksichtigt, also beispielsweise unter anderem die von Fahrgästen, Verkehrsunternehmen, Gemeinden und der Kreispolitik. Landrat Josef Niedermaier (FW) will der Diskussion nicht vorgreifen und äußert sich deshalb auf Nachfrage noch nicht zum Antrag der Grünen.

Die Verkehrsplanung ist allerdings nicht der einzige Antrag, den die Kreisgrünen zum Haushalt stellen werden. Für die bessere Integration von Asylbewerbern wollen sie, dass die Stelle eines Integrationsmanagers geschaffen wird. Die Integration stelle eine große Herausforderung dar, die nach Meinung der Grünen "proaktiv in einem Steuerungsprozess gemeindeübergreifend angegangen werden muss." Der Aufgabenbereich des Integrationsmanagers soll die Unterstützung der örtlichen ehrenamtlichen Helferkreise beinhalten, wie die Zusammenarbeit mit den Asylkoordinatoren. Kontakte sollen mit Unternehmen und Schulen geknüpft und diese eingebunden werden, ebenso Jobcenter, Arge und Ausländeramt. "Wir wollen mit dieser Maßnahme dem Entstehen von Parallelgesellschaften und dem Anstieg von Sozialfällen auf Landkreisebene entgegenwirken", erklären Schwendner und Koch. Derzeit leben im Landkreis 1681 Asylbewerber und 683 Anerkannte, die noch in Flüchtlingsunterkünften leben. Im Sachgebiet Asyl sind derzeit knapp 25 Stellen besetzt.

Der Nahverkehrsplan sei veraltet, meinen die Kreis-Grünen. Im Bild Sprecher Klaus Koch. (Foto: Manfred Neubauer)

Als dritten Antrag fordern die Grünen, dass der Schuldenstand des Landkreises bis zum Ende des Haushaltjahres 2018 von derzeit etwa 39,56 Millionen Euro auf 30 Millionen Euro reduziert werden soll. Die dafür notwendigen knappen zehn Millionen Euro seien schaffbar: "Mit über 135 Millionen Euro ist die Umlagekraft so hoch wie nie zuvor in unserem Landkreis", sagen Schwender und Koch. Die Umlagekraft steige schneller als die durchschnittliche Entwicklung der Ausgaben. Das sollte so intensiv wie möglich zur Tilgung der Landkreisschulden verwendet werden, "auch vor dem Hintergrund, dass viele Landkreisgemeinden schuldenfrei sind." Ihr Vorschlag: die Rücklage mit einem mutigen Schritt und zu einem möglichst großen Teil zur außerordentlichen Tilgung der Schulden verwenden.

© SZ vom 26.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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