Kreisklinik:Der Geburtshelfer für die Geburtshilfe in Wolfratshausen

Kreisklinik: Manfred Stumpfe ist seit 25 Jahren Belegarzt in der Geburtshilfe der Kreisklinik in Wolfratshausen. Für deren Erhalt hat er sich zuletzt mit seinen Hebammen stark gemacht, eine Lichterkette organisiert und 4467 Unterschriften gesammelt. Nun arbeitet er weiter am Konzept für die Zukunft.

Manfred Stumpfe ist seit 25 Jahren Belegarzt in der Geburtshilfe der Kreisklinik in Wolfratshausen. Für deren Erhalt hat er sich zuletzt mit seinen Hebammen stark gemacht, eine Lichterkette organisiert und 4467 Unterschriften gesammelt. Nun arbeitet er weiter am Konzept für die Zukunft.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Der Gynäkologe Manfred Stumpfe hat eine Vision - von sicheren Geburten, jungen Ärzten und einem Klinikverbund mit Starnberg.

Von Konstantin Kaip

Hätte die Veranstaltung der Wolfratshauser CSU wie geplant stattgefunden, hätte ihr Gast Manfred Stumpfe vermutlich anders geklungen. Schließlich war der Abend unter dem Titel "Quo vadis, Geburtshilfe?" ursprünglich vor der wegweisenden Entscheidung des Kreistags zum Thema angesetzt. Doch sie musste verschoben werden und fand nun am Donnerstagabend im Wolfratshauser Humplbräu statt, nachdem sich der Kreistag deutlich gegen einen Millionen-Zuschuss für die Tölzer Asklepios-Stadtklinik und für eine Stärkung der Wolfratshauser Kreisklinik entschieden hatte. Und mit dem Beschluss im Rücken wirkte Belegarzt Stumpfe merklich gelöst. Das Votum sei "ein klares Bekenntnis zur Kreisklinik", sagte der Gynäkologe. Er machte aber auch klar, dass man nun "nicht die Hände in den Schoß legen" dürfe.

Denn die Frage, wo es hin geht mit der Geburtshilfe in Wolfratshausen - und damit im Landkreis - ist noch offen. Geburtshelfer Stumpfe beantwortete sie mit einer "Vision", wie er selber sagte: Ein landkreisübergreifender Klinikverbund mit Starnberg könne die Geburtshilfe in Wolfratshausen nachhaltig stärken. Um das zu erklären, erläuterte er noch einmal ausführlich die Ereignisse, die zur Schließung des Tölzer Kreißsaals und zu seinem Einsatz für die Rettung der Entbindungsstation an der Kreisklinik geführt hatten. Dass die Tölzer Belegärzte keine Nachfolger fanden liege vor allem an einem "strukturellen Problem", sagte Stumpfe. Kein junger Arzt sei bereit, die "horrenden Versicherungssummen" von 55 000 Euro pro Jahr als Beleger allein zu tragen, wenn die Klinik unter Berufung auf das Antikorruptionsgesetz sich nicht daran beteilige. Schließlich brauche ein Beleger etwa 120 Geburten, um die Prämie abzubezahlen. Eine Hauptabteilung im Level 4, die also wie die Kreisklinik nur Geburten ohne Komplikationen durchführe, zahle insgesamt genauso viel. "Wenn wir die Versicherungsproblematik in den Griff bekommen wollen", folgerte Stumpfe, "brauchen wir ein Dach."

Risiko Hausgeburt

Christoph Preuss ist nicht nur Ortsvorsitzender der CSU in Icking, sondern auch Sprecher der Wolfratshauser Notärzte. Die Wolfratshauser CSU hatte den Mediziner daher auch zu ihrem "Tacheles"-Gespräch über die Geburtshilfe am Donnerstagabend eingeladen, um über Notfälle in der Geburtshilfe zu sprechen. Diese seien ein großes Risiko, erklärte Preuss - umso mehr, je weiter die Wege für die Notärzte seien. Die Neugeborenen müssten schließlich adäquat versorgt werden, die Notfallmediziner hätten aber in der Regel keine ausreichende gynäkologische Erfahrung und müssten daher meist über das Handy mit Fachärzten Kontakt aufnehmen. In Wolfratshausen kämen Notfälle in der Geburtshilfe allerdings selten vor, an zwei Fälle im vergangenen Jahr konnte sich Preuss erinnern - bei etwa 260 Geburten in der Kreisklinik.

Anders sei die Lage bei Hausgeburten, die ein größeres Risiko darstellten, sagte der Mediziner. Deshalb sei er besorgt über die Prognosen der Hebammen, die mit der Schließung der Tölzer Geburtshilfe mehr Hausgeburten im südlichen Landkreis voraussehen. Dass nun auch wieder der Ruf nach einem neuen Geburtshaus in Bad Tölz aufgekommen ist, fand der Notarzt alarmierend. Zur Zeit des Geburtshauses in Bad Tölz habe es vermehrt Notarzteinsätze gegeben, bei denen werdende Mütter ins Krankenhaus gebracht werden mussten, berichtete Preuss. "Wir waren froh, dass die Geburten zu Hause zurückgegangen sind." Über die nun angekündigte Kooperation der Kreisklinik mit Starnberg sei er daher froh, sagte der Notarzt. "Das ist der Weg, den wir gehen müssen. Auch wenn die Wege für Lenggrieserinnen länger werden." aip

Schon im Vorfeld hatte der Arzt verlauten lassen, dass er sich eine Kooperation mit der Kreisklinik Starnberg gut vorstellen könne. Dass sie möglich ist, hat inzwischen auch der Geschäftsführer des Krankenhauses im Nachbarlandkreis, Thomas Weiler, erklärt. Die Frage, wie sie aussehen könnte, will nun Landrat Josef Neidermaier (Freie Wähler) gemeinsam mit Kreisklinik-Geschäftsführer Hubertus Hollmann klären. Stumpfe erläuterte seine Vorstellung an einem Beispiel: Der Verbund der "Kliniken Südostbayern", zu dem sich die Krankenhäuser Traunstein, Bad Reichenhall, Berchtesgaden, Freilassing, Ruhpolding und Trostberg zusammengeschlossen haben, diene ihm für seine Vision als "Blaupause", sagte Stumpfe. Bad Reichenhall, auch eine ehemalige Belegklinik in der Geburtshilfe, schreibe nun mit einer Hauptabteilung und 550 Geburten im Jahr "schwarze Zahlen". Er habe mit dem Chef der Geburtshilfe in Traunstein, Professor Christian Schindlbeck, gesprochen, berichtete Stumpfe. "Meiner Meinung nach ist das eine Konstruktion, die Zukunft hat."

Stumpfe betonte auch den Standortvorteil Wolfratshausens gegenüber Bad Tölz: Im Speckgürtel Münchens und mit S-Bahnanschluss sei die Loisachstadt attraktiv für junge Ärzte und Akademikerpaare. Richtig beworben könne der Klinikverbund auch mehr Nachfolger in die gynäkologischen Praxen des Nordlandkreises holen, indem er ihnen ermögliche, die "Kernkompetenz Geburtshilfe" bei annehmbaren Arbeitszeiten beizubehalten. Zudem könne die Kooperation mit Starnberg für beide Seiten Synergien schaffen: Das Klinikum im Nachbarlandkreis könne unkomplizierte Geburten nach Wolfratshausen überweisen und so mehr Kapazitäten für schwierige Fälle schaffen. Ähnlich verfahre man in Traunstein und Bad Reichenhall. Aus seiner Erfahrung als niedergelassener Frauenarzt in Geretsried wisse er, dass viele werdende Mütter nach Starnberg gingen, weil sie einen Kinderarzt in Rufweite wünschen. Bei einem Verbund könne der Starnberger Kinderarzt in etwa 15 Minuten in Wolfratshausen sein.

Bei aller Euphorie machte Stumpfe klar, dass man noch einen langen Weg vor sich habe. Nun müssten die politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden, sagte er. Der ehemalige Kreisrat und Ortsverbandschef Armin Drexl richtete einen Appell an die anwesenden Kreisräte: Der CSU-Kreisverband möge bitte mit der Partei im Nachbarlandkreis Kontakt aufnehmen, um die Kooperation voranzutreiben. Sabine Lorenz und Peter Plößl versprachen, sich darum zu kümmern. Wer auf wen zugehen müsse, könne er nicht sagen, erklärte Stumpfe. Er werde jedenfalls "weiterhin auf fachlicher Ebene dabei sein".

Zu seinem 60. Geburtstag im vergangenen Winter habe er sich vorgenommen, ein nachhaltiges Konzept für die Kreisklinik zu finden, sagte der Gynäkologe. "Mein Ziel ist ganz klar, dass die Geburtshilfe in die nächste Generation geführt wird." Schließlich sei er seit 25 Jahren dort Belegarzt, "da hängt mein Herzblut dran". Nun müssten sich alle Verantwortlichen weiter anstrengen. "Man hat vielleicht das Gefühl, man hat ein Felsblock vor dem Tunnel beseitigt und geht jetzt auf das Licht zu", sagte Stumpfe. "Aber im Tunnel gibt es noch viel Arbeit."

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