Kooperation mit Klosterbrauerei Reutberg:Damit das Leben im Dorf bleibt

Kooperation mit Klosterbrauerei Reutberg: Die Herzkammer von Reichersbeuern: Im Altwirt wird getagt, gefeiert und gespielt.

Die Herzkammer von Reichersbeuern: Im Altwirt wird getagt, gefeiert und gespielt.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Reichersbeuern plant Umgestaltung des Gasthofs Altwirt mit dem zentralen Saal. Gleichzeitig wird die Gemeindeverwaltung modernisiert

Von Klaus Schieder, Reichersbeuern

Der Gasthof Altwirt ist so etwas wie die Herzkammer von Reichersbeuern. In den Gaststuben und vor allem in dem fast 200 Plätze fassenden Saal pulsiert das Leben des Dorfes, dort feiern die Vereine, tagt die Feuerwehr, führen Theatergruppen ihre Stücke auf. Der Altwirt, sagt Bürgermeister Ernst Dieckmann (Freie Wählergemeinschaft), "ist unser Kern, das kann man so sagen". Damit der Gasthof nicht eines plötzlichen Todes stirbt, hat die Gemeinde ihn samt Nebengebäuden schon 2016 der Raiffeisenbank (Raiba) im Oberland eG abgekauft. Nun hat sich der Gemeinderat mit den ersten Planentwürfe für eine Umgestaltung befasst.

Vorgesehen ist, dass die Gemeindeverwaltung in die Räume der Bankfiliale umzieht, die mit dem Gasthof und dem Saal ein einziges Anwesen im Dorfzentrum bildet. Im Gegenzug hatte die Genossenschaftsbank vor zwei Jahren das Gasthaus Neuwirt gekauft, das auf der gegenüberliegenden Straßenseite liegt. Während die Raiba den Abriss dieses Wirtshauses, das seit Anfang 2017 leer steht, und einen Neubau für ihre Filiale vorsieht, will die Gemeinde die alte Zweigstelle umgestalten.

Nach dem Planentwurf soll rechts vom Eingang, wo derzeit noch die Geldautomaten stehen, einmal das Bauamt einziehen. Die Besucher gehen daran vorbei und gelangen geradeaus in das ebenerdige Bürgerbüro mit Poststelle, das jetzt noch die Schalterhalle ist. Dieckmann möchte diese zentrale Anlaufstelle so gestalten, dass darin auch kleinere Ausstellungen möglich sind. Rundherum gruppieren sich Ämter wie die Kämmerei, Kasse oder Liegenschaften. Im ersten Stock sind das Büro des Bürgermeisters, sein Vorzimmer und der Sitzungssaal geplant. Die kostspieligste Einzelmaßnahme dürfte bei alledem der Einbau eines Aufzugs sein, um das neue Rathaus barrierefrei zu gestalten, so der Bürgermeister.

Im Gasthaus Altwirt soll es einige kleinere Änderungen geben. Der Windfang hinter der Eingangstür soll nach draußen verlegt werden, um so drinnen den Gastraum zu vergrößern. Von dort aus wird es dem Plan zufolge einen neuen Zugang zum Saal geben, damit die Gäste nicht mehr weiter hinten an der Schänke vorbei müssen, was an dieser Engstelle manchmal zu Gedränge führte. Zudem sollen Technik, Heizung und Lüftung erneuert werden. Für die gesamte Umgestaltung rechnet Dieckmann mit Kosten von um die 300 000 Euro.

Als Partner für den Umbau will die Gemeinde die Klosterbrauerei Reutberg gewinnen. Man stehe kurz davor, den Vertrag abzuschließen, teilt der Bürgermeister mit. "Wir werden gemeinsam schauen, wie wir den Wirt so gut ausstatten, dass er noch lange arbeiten kann." Nachdem der Neuwirt und auch der Jägerwirt in Gaißach geschlossen haben, gibt es im näheren Umkreis schließlich keinen Gasthof mehr, der genug Platz für größere Veranstaltungen bieten kann.

Allerdings kommt es dabei in Reichersbeuern zu einem Pächterwechsel. Der bisherige Gastronom betreibe den Altwirt nun seit mehr als drei Jahrzehnten und erreiche auch schon das Rentenalter, sagt Dieckmann. Der Pachtvertrag sei Ende 2017 ausgelaufen, der Wirt mache aber bis zum Frühsommer an Wochenenden und bei besonderen Anlässen noch weiter. Auf der Suche nach einem Nachfolger habe man jemanden gefunden, "mit dem wir intensive Gespräche führen", berichtet der Rathauschef. Nach der Umgestaltung des Altwirts, die für den Sommer geplant ist, soll der neue Gastronom im Herbst anfangen. Der Saal bleibe jedoch in den Händen der Kommune und werde vom neuen Wirt nur genutzt.

Wann die Arbeiten in dem Gebäudetrakt im Dorfkern beginnen, ist hingegen noch nicht ganz klar. Das hängt von der Raiffeisenbank ab. Dieckmann hofft, dass der Neubau der Filiale, die im Obergeschoss auch fünf Wohnungen beherbergen soll, in diesem Frühjahr beginnt und ein Jahr später abgeschlossen ist. Danach könnte die Gemeinde die alte Zweigstelle der Bank für ihr neues Rathaus herrichten und bis Ende des nächsten Jahres umziehen, sofern alles nach Wunsch läuft.

Ein Weile muss Dieckmann also noch in seinem schmucklosen Büro an der Tölzer Straße arbeiten. Das zweistöckige Haus der Verwaltungsgemeinschaft Reichersbeuern, die auch Greiling und Sachsenkam umfasst, stammt noch aus den Sechzigerjahren. Einen Lift zum Sitzungssaal im ersten Stock gibt es nicht, ein Rollstuhlfahrer muss sich hinauftragen lassen. Fenster und Heizung sind energetisch auf dem Stand von gestern. "Da wird man was machen müssen, aber dafür gibt es noch keine Überlegungen", sagt Dieckmann. Im Moment führt er Gespräche mit einer Arztpraxis über eine mögliche Nutzung des alten Rathauses, wenn Gemeindeverwaltung und Poststelle ausgezogen sind. Auf der Wunschliste steht noch etwas anderes: ein Dorfladen. Der war vor ein paar Jahren schon mal im Gespräch. Aber das zerschlug sich, weil Gewerbeimmobilien in Reichersbeuern eine Rarität sind.

Dem Bürgermeister geht es vor allem darum, das Dorf lebendig zu halten. Dazu gehört eine solche Form der Nahversorgung, dazu gehört ein Arzt. Und dazu ist vor allem ein Gasthof wie der Altwirt nötig. Der sei ein "zentrales Element für die soziale Struktur", sagt er. Diese Funktion hatte ein Wirtshaus in Bayern früher einmal in jedem Dorf. Aber das, sagt Ernst Dieckmann, "ist heute nicht mehr selbstverständlich".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: