Kommentar:Im Schneckentempo

Ob Waldorfschule oder Parkleitsystem: In Wolfratshausen dauert alles etwas länger. Manches zu lange.

Wolfgang Schäl

Schon klar: Auch Rom ist nicht an einem Tag gebaut worden, aber gemessen am Wolfratshauser Entwicklungstempo wäre die Ewige Stadt vermutlich immer noch ein verschlafenes Dorf am Tiber. Jetzt dauert es also bis zum Frühjahr, bis die Stadträte sich kundig machen, wie ein Parksensor aussieht, ein Parksensor, der ein Funksignal mit dem Inhalt aussenden kann: Hier steht ein Auto! Für dieses Aha-Erlebnis muss man nach Wien oder nach Niederbayern fahren, man wird sich mit ernsten Mienen über irgendwelche Metallknöpfe im Asphalt beugen, anschließend wird man Bericht erstatten und viel mehr wissen als zuvor.

So rollt man denn gemächlich dahin auf der von Bürgermeister Forster vorgegebenen Zeitschiene, an Haltestellen ist kein Mangel. Vielleicht ist es ja sogar sympathisch, in diesen schnelllebigen Zeiten mal einen Gang zurückzuschalten, sich für Entscheidungen Zeit zu lassen und den Entwicklungen ihren Lauf zu lassen. Das Problem ist nur: Andernorts wird sehr zügig entschieden und gehandelt, auch im Mittelzentrum, wie die Stadt Wolfratshausen soeben schmerzhaft erfahren hat.

In Geretsried hat man der Waldorfschule schnell mal ein leer stehendes Gebäude angeboten, und schon geht ratzfatz eine attraktive Bildungseinrichtung verloren. Noch während man gerade grübelte, warum dieses fiese Landwirtschaftsamt nicht aus dem Gebäude rauswollte, das mal die Schule werden sollte. Jetzt ist der Auszugstermin plötzlich klar. Landwirtschaftsamt weg, Landwirtschaftsschule weg, Waldorfschule weg. So ein Pech.

Pech? Vielleicht waren der Stadt ja die Hände vertraglich gebunden, wer weiß. Aber den Eindruck, als hätte da jemand politischen Druck ausgeübt, um das Gebäude freizubekommen und die Waldorfschule zu halten, den hat man nicht gewonnen. Ebenso wenig, wie man den schleppenden Verlauf der Parkplatzdebatte nachvollziehen kann. Offenbar ist es so: Andere agieren, Wolfratshausen reagiert lieber.

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