Kommentar:Gut gemeint ist nicht gut gemacht

Mit den neuen Vorgaben des Stadtrats, mehr kleinere Wohnungen zu bauen, wird sich im Tölzer Kurviertel nicht viel zugunsten von Familien ändern

Von Suse Bucher-Pinell

Tölz ist teuer, es werden zu wenig Häuser und Wohnungen neu gebaut. In jeder Bürgerversammlung schimpfen junge Familien über diese Situation auf dem Immobilienmarkt und klagen darüber, dass sie sich unter diesen Umständen kein Wohneigentum in Tölz leisten können. Angebot und Nachfrage klaffen auseinander, das trieb bisher die Preise zusätzlich in die Höhe. So war es vor Jahren wohl gut gemeint von der Stadt, die Weichen so zu stellen, dass Bauträger im Kurviertel große Wohnungen anbieten. Es schwang aber noch ein zweiter Grund mit. Man wollte verhindern, dass Zimmer und Appartements in den ehemaligen Häusern der Kur bei der Umwandlung in Wohnungen einfach nur zusammengelegt werden und so lauter kleine Einheiten entstehen. Je mehr Wohnungen, desto mehr Menschen in der Stadt und desto mehr Autos auf den Straßen. Ruhe und Stille, oberstes Ziel im Kurviertel, werden gestört. Gut gemeint ist nicht automatisch gut gemacht.

Der Versuch, das Kurviertel über die Modifikation von Wohnflächen endlich doch attraktiv für junge Leute zu machen, hat auch nicht viel mehr Aussicht auf Erfolg. Eine vierköpfige Familie wird sich nicht auf beengten 80 Quadratmetern wohlfühlen, sie will und sie braucht Platz. Der absolute Miet- oder Kaufpreis ist bei kleineren Einheiten zwar niedriger, umgerechnet auf die Fläche bleibt das Wohnen aber immer noch für viele dieser Bevölkerungsgruppe unerschwinglich. Viele "Best Ager" dagegen, vermögend, konsumfreudig, haben diese Hürden nicht (was man ihnen auch nicht vorwerfen darf). Bauträger wissen das und haben ihnen bisher Grundrisse geliefert mit großzügigen Wohnlandschaften statt genügend separaten Zimmern für Vater, Mutter, Kinder. Mit den neuen Vorgaben, mehr kleinere Wohnungen zu bauen, wird sich nicht viel ändern. Eine Verjüngung des Kurviertels allein dadurch wird nicht gelingen. Die Stadt muss sich mehr Gedanken machen.

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