Kita-Platz gekündigt:...und raus bist du!

Wenn einheimische Kinder einen Platz brauchen, werden die anderer Gemeinden vor die Tür gesetzt. In Königsdorf wurde Eltern eines Zweijährigen gekündigt.

Von Claudia Koestler

Der kleine Simon (Name geändert) hat mit seinen zwei Jahren gerade eine anstrengende Eingewöhnung in der Kindertagesstätte hinter sich. Nun steht er schon vor dem nächsten Einschnitt, nämlich vor der Eingewöhnung in eine andere. Nach gerade mal einem halben Jahr wurde ihm und seinen Eltern der Kitaplatz in Königsdorf gekündigt - weil sie aus der Nachbargemeinde stammen und Königsdorf Knall auf Fall die Plätze für die eigenen Kinder braucht. "Wir fühlen uns als Lückenfüller, das Vertrauen ist komplett weg", sagt seine Mutter, die nicht namentlich genannt werden möchte. Sie ist nicht alleine: Eine weitere Familie aus Eurasburg muss nach wenigen Monaten in Königsdorf die Tochter an eine neue Kita gewöhnen.

Zu dieser Situation ist es laut Königsdorfs Bürgermeister Anton Demmel (FW) gekommen, weil es an Kommunikation mangelte. Demmel zufolge gebe es zwar einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. Der aber gelte eben nur in der Gemeinde, in der das Kind auch gemeldet ist. Das wiederum wurde den Eurasburger Eltern so jedoch nicht mitgeteilt. Bei einem Besuch in der Kita Königsdorf habe man ihr und ihrem Mann stattdessen nur versichert, dort gäbe es genügend Plätze auch für Nicht-Gemeindebürger. Weil ihnen die Kita so "regelrecht schmackhaft gemacht" wurde, wie Simons Mutter sagt, ließen sich die Eltern darauf ein. Dass es sich nur um ein kurzes Intermezzo handeln würde, war ihnen auch bei der Vertragsunterzeichnung im Januar nicht klar. "Es gab keinerlei Hinweise oder Anmerkungen, dass es für uns nicht von Dauer sein könnte oder sich in der Zukunft der Bedarf so ändern könnte, dass wir gehen müssen", kritisiert die Mutter.

Zwei Monate dauerte die Eingewöhnungszeit für Simon. Das sei nicht einfach für ein kleines Kind, sagt seine Mutter, "man muss als Eltern lange Urlaub nehmen, um anfangs mit dabei zu sein." Im April fühlte sich der Bub schließlich wohl. "Doch einen Monat später kam die Aussage von der Kitaleitung, dass ab September leider kein Platz mehr für uns wäre". Zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt: Als die Kündigung kam, waren die Anmeldefristen in ihrer Heimatgemeinde bereits vorbei. Eine Katastrophe für die berufstätigen Eltern, die befürchten mussten, plötzlich ohne Betreuung für ihre Kinder dazustehen. Letztlich war es Eurasburgs Bürgermeister Moritz Sappl (GWV), der die Situation rettete: Trotz verstrichener Anmeldefrist gelang es ihm, für die Eurasburger Kinder noch Plätze zu finden. Eine neuerliche Eingewöhnungsphase bleibt dem Buben und dem Mädchen jedoch nicht erspart.

Simons Mutter kann nachvollziehen, dass Königsdorfer Kinder vorrangig Ansprüche auf Plätze der dortigen Kita haben. Aber der Zeitpunkt und das vorab nicht kommunizierte mögliche schnelle Aus habe die Familien vor große Probleme gestellt. Auch wenn der Vertrag eine Kündigung zulässt, "glaubt doch keiner, dass ein bereits integriertes Kind wieder herausgerissen wird."

Königsdorfs Bürgermeister Anton Demmel (FW) gibt zu, dass es eine Lücke in der Kommunikation gegeben habe und entschuldigt sich offiziell dafür: "Es tut uns leid, wenn es nicht klar genug gesagt wurde, dass Nicht-Gemeindekinder nur so lange bleiben können, wie es bei uns Plätze gibt". Normalerweise würden Eltern stets vorab darauf hingewiesen. In der Vergangenheit seien Kündigungen für Externe in der Königsdorfer Kita in der Tat schon öfters vorgekommen. Das Versäumnis im konkreten Fall hänge seiner Ansicht nach möglicherweise mit einem Wechsel in der Kitaleitung zusammen.

Grundsätzlich herrsche eine "gewaltige Nachfrage" bei der Kinderbetreuung in Königsdorf. Derzeit gebe es drei Kitagruppen und drei Kindergartengruppen in den sechs Räumlichkeiten, die zur Verfügung stehen. Doch erst nach den Anmeldungen für das kommende Schuljahr habe sich eine Verschiebung abgezeichnet: Weil es dann vier Kindergartengruppen geben wird, mussten die Kitagruppen auf zwei reduziert werden. Das sei nur gelungen, indem ausschließlich Königsdorfer Kinder betreut würden, die den gesetzlichen Anspruch darauf hätten, erklärt Demmel. Er habe sich, als sich das Aus für die Gäste abzeichnete, sofort mit seinem Amtskollegen in Eurasburg in Verbindung gesetzt, um Lösungen zu eruieren. "Und ich war totfroh, dass es dort tatsächlich noch Plätze gab", sagt Demmel.

Die Anzahl der schließlich benötigten Plätze vorauszusehen, sei "in der Tat eine enorme Herausforderung", weiß Sappl. Denn selbst zum Anmeldeschluss sei es nicht selbstverständlich, dass die Zahlen so blieben: "Zuzüge, Wegzüge, das Leben ist dynamisch und in den Zahlen verschiebt sich immer irgendwas", weiß er. Man müsse eben mit Variablen rechnen und ein Quäntchen Glück haben, wenn sich außer der Reihe etwas ändert - so wie jetzt eben mit den zwei Eurasburger Kindern, die nun doch wieder in der Heimatgemeinde betreut werden.

2017 könnte es in Königsdorf wieder eine dritte Kitagruppe geben. "Wir hätten dann Luft und würden auch wieder Kinder aus anderen Kommunen aufnehmen", sagt Demmel. Allerdings will er dann darauf achten, den Eltern die mögliche schnelle Kündigung bei plötzlicher Bedarfsänderung von Beginn an klarzumachen.

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