Königsdorf:Die Geheimnisse der Weißwurst

Wie sie hergestellt wird und warum sie das 12-Uhr-Läuten nicht hören soll, können Laien bei einem Kurs lernen.

Von Claudia Koestler, Königsdorf

Ob waschechter Einheimischer oder Zuagroaster, bei keinem darf sie auf einem echt bayerischen Brotzeitteller fehlen: die Weißwurst. Doch die wenigsten wissen, wie die traditionsreiche Spezialität eigentlich hergestellt wird. In Königsdorf wird diesem Geheimnis nun auf den Grund gegangen: In Kursen der Landmetzgerei Hofherr werden Interessierte neuerdings in die Grundlagen des Handwerks eingewiesen und erfahren alles über die Weißwurst, von der Fleischverarbeitung bis zur Verkostung.

Den Kurs leiten Uli Hofherr, Meister seines Fachs und Manager der Metzgerei, sowie Leonhard Geiger. Der gelernte Metzger schloss nicht nur als bester Lehrling der Innung ab, sondern wurde auch Kammersieger. Die Idee zum Seminar hatte indes Lydia Hofherr, die das angegliederte Posthotel Hofherr leitet: "Die Jungs sind bescheiden bis zum Anschlag, dabei machen sie so tolle Produkte. Man sollte mal zeigen, wie", habe sie sich gedacht. Schließlich sei die Wertschätzung von Lebensmitteln heute wichtiger denn je, oder, wie Lydia Hofherr sagt: "Aus Glump kann man nix machen."

Bereits seit 1907 existiert der Königsdorfer Betrieb, und bis heute wird dort nicht nur produziert, sondern auch selbst geschlachtet. Nur Schweine kauft der Metzger von einem nahe gelegenen Betrieb mit eigener Schlachtung, die seinen Anforderungen genügt. Denn es ist ihm wichtig, dass die Tiere möglichst wenig Stress ausgesetzt sind und nicht lange leiden müssen, etwa in Viehtransportern. "Es sind Lebewesen, das darf man nicht außer Acht lassen und muss sie mit Respekt behandeln", sagt er.

Ihren Anfang nimmt die Weißwurst also mit einem Ende, der finale Akt für das Tier ist der erste Schritt zur Wurst. Dem müssen die Teilnehmer jedoch nur verbal beiwohnen. Für sie beginnt der Kurs mit der Hygiene: Alle schlüpfen in Schutzmäntel, binden abwaschbare Schürzen darüber und setzen Häubchen auf. Dann dürfen sie selbst ran: Eine Hand geschützt im metallenen Stichhandschuh, die andere das scharfe Messer fest umgreifend, löst jeder eine Schweineschulter aus. "Gar nicht komisch" fühle sich das an, sagt einer der ersten Teilnehmer - er kenne den Umgang mit Fleisch schließlich aus der heimischen Küche, nur schwerer sei das Teil hier.

Dann übernimmt Geiger und erklärt den Herstellungsprozess der Weißwurst. Das Rezept ist kein Geheimnis: 4,5 Kilogramm Fleisch, halb Schwein und halb Kalbfleisch, drei Kilogramm Rückenspeck vom Schwein und 2,5 Kilogramm Eis, frische Petersilie, Zwiebeln, Zitronenabrieb, weißer Pfeffer, Kardamom, Muskatnuss und Macis. Zunächst muss das Fleisch von Fett und Sehnen befreit werden. "Magerfleisch ist wichtig wegen der späteren Eiweißbindung", sagt Geiger.

So frisch wie möglich auf den Tisch

Das Fleisch wird erst durch einen Wolf gedreht, anschließend kommt es in den Cutter. Rund 3200 Mal in der Minute drehen sich dort die Messer und zerkleinern es zu einem erdbeerfarbenen, pappigen Fleischbrei, dem Brät. Dazu kommt Eis, zur Kühlung - die rotierenden Messer würden das Eiweiß sonst gerinnen lassen. Es folgt der gewolfte Speck, Geiger schüttet noch Salz und die Gewürze hinzu. Dann muss der Cutter einige Minuten seine Arbeit tun - ehe Zwiebeln und Petersilie die Masse abrunden.

An der Abfüllmaschine sind inzwischen Dünndärme von Schweinen an der Tülle aufgefädelt, in die das Brät gespritzt wird. Bis vor acht Jahren drehten die Metzger noch jede Weißwurst selbst ab - heute erledigt das ein Maschinenaufsatz. Doch die Seminarteilnehmer wollen eigenhändig ran: Sie drücken die einzelnen Wurstportionen zwischen Daumen und Zeigefinger ab und wirbeln sie dann aus dem Handgelenk in eine Richtung. Etwa 85 bis 90 Gramm sollte ein Abschnitt danach aufweisen.

Das typische Weiß erhält die Wurst schließlich durch den Brühvorgang. Rund 30 Minuten wird sie in 70 Grad heißem Wasser erhitzt. Noch immer gelten Weißwürste als leicht verderbliche Lebensmittel - denn sie enthalten außer Salz keine Konservierungsstoffe. "Daher kommt der Spruch, sie dürfen das Zwölf-Uhr-Läuten nicht hören - weil man sie so frisch wie möglich genießen sollte", erklärt Geiger.

Frischer könnten sie nach dem knapp vierstündigen Seminar aber nicht sein. Und alle greifen zu, als Lydia Hofherr die Teller mit süßem Senf und Brezen hereinträgt. "Super", "einmalig" lautet das Urteil der Teilnehmer, die dazu angeregt über Qualität und Wertschätzung von Lebensmitteln diskutieren. Sie sind sich in einem einig: Gerade weil sie jetzt wissen, wie die Königsdorfer Weißwurst hergestellt wird, werden sie sie weiterhin genießen.

Der nächste Kurs der Königsdorfer Weißwurstmanufaktur findet am 15. Oktober statt. Nähere Informationen unter www.posthotel-hofherr.de

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: