Kochel am See:Wärmebildkamera zeigt 100 Glutnester am Jochberg

  • Zwei Hubschrauber bleiben im Einsatz, um den Großbrand am Jochberg zu bekämpfen.
  • Feuerwehrleute müssen nun wohl zu Fuß in das steile Gebiet, um Glutnester aufzuspüren und von Hand zu löschen.
  • Das Feuer dürften zwei Wanderer aus München in der Silvesternacht verursacht haben, nun wird gegen sie ermittelt.

Von Claudia Koestler

Die Brandbekämpfer haben sich heute bei Sonnenaufgang bereits aus dem Hubschrauber per Wärmebildkamera ein Bild von der Lage am Jochberg gemacht: Das Feuer ist an den Rändern gelöscht, es besteht laut Feuerwehr momentan keine Gefahr mehr, dass Flammen weiter um sich greifen und weitere Flächen vernichten. Aber es gebe noch immer rund 100 Glutnester an der Brandstelle. Vor allem ein Baum lodere hartnäckig von innen heraus, vergleichbar einem Schwedenofen. Zwei Hubschrauber und 90 Feuerwehrleute bleiben heute noch im Einsatz.

Das Großfeuer am Jochberg sei einer der "verheerendsten Flächenbrände", den der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen bisher erlebt hat, sagt Landrat Josef Niedermaier. Verursacht haben könnten es zwei Wanderer aus München: Weil ein 32-Jähriger und sein 36-jähriger Begleiter in der Silvesternacht am Jochberg ein Lagerfeuer entzündeten, das mutmaßlich den Waldbrand auslöste, ermitteln nun Polizei und Staatsanwaltschaft gegen die beiden wegen fahrlässiger Brandstiftung.

Nach Angaben des Örtlichen Einsatzleiters und Kreisbrandrates Karl Murböck wird es wohl nötig werden, Brandbekämpfer zu Fuß in das steile und unzugängliche Gebiet zu schicken, um in Handarbeit die letzten Glutnester aufzuspüren und zu löschen. Laut Landratsamt ein großer Personalaufwand: Jeder Feuerwehrler müsse einzeln durch einen Bergwachthelfer gesichert werden. Der Bodeneinsatz wurde am Dienstagmorgen jedoch vorerst abgesagt, denn das Gelände ist durch den Schneefall noch gefährlicher und rutschiger geworden.

Weil also die Arbeiten andauern, gilt im Landkreis der Katastrophenfall weiter, den Niedermaier in der Neujahrsnacht um 3.40 Uhr ausgerufen hatte. Die B 11 bleibt bis zum Ende der Hubschraubereinsätze zwischen Kochel und Krün gesperrt. Auch die Flugverbotszone in einem Radius von fünf Kilometern rund um den Kesselberg hat Bestand. Verheerend ist das Feuer am Jochberg aber nicht alleine wegen seiner Ausbreitung, sondern auch, weil Staatsforst verbrannte, der als Schutzwald eingestuft ist und in dieser Eigenschaft Erosionen, Lawinen und Muren abhalten soll.

Am Montag erhärtete sich der Verdacht, dass die beiden Münchner Bergtouristen für den Flächenbrand verantwortlich sind. Wie das Polizeipräsidium Oberbayern Süd mitteilte, ermittelt inzwischen das Fachkommissariat der Kripo Weilheim in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft München II gegen den 32-Jährigen und den 36-Jährigen. Ursprünglich hieß es, die beiden hätten in der Silvesternacht ein Signalfeuer für die Rettungskräfte gezündet, nachdem der Jüngere am Berg abgestürzt war. Das Notsignal, um den Rettern ihre Position anzuzeigen, sei jedoch außer Kontrolle geraten und habe sich schließlich zum Flächenbrand entwickelt.

Doch die Geschichte von dem angeblichen Signalfeuer habe sich laut Polizei nicht bestätigt: Inzwischen gehen die Beamten davon aus, dass der 32-Jährige bei dem Versuch abgestürzt war, ein Lagerfeuer zu löschen, das außer Kontrolle geraten war. Diese Version unterstützen auch Bilder einer Webcam am Herzogstand, die bereits zehn Minuten vor Mitternacht und somit rund 20 Minuten vor der Alarmierung der Bergwacht einen größerer Feuerschein am Jochberggipfel erkennen lassen.

Mit dem Feuer spielten die beiden Münchner jedoch offenbar nicht alleine: Ein Augenzeuge berichtete, dass an diesem Abend etwa 40 Wanderer auf dem Jochberg waren, um Silvester zu feiern. Manche von ihnen hätten dort nicht nur das Feuerwerk im Tal beobachtet, sondern auch "mit Böllern und Raketen geschossen" - was in einem Schutzwald streng verboten ist.

Dass es trotz Winterkälte zu einem solch verheerenden Brand kommen konnte, ist laut Niedermaier kein Phänomen, das dem Klimawandel geschuldet sei. Derzeit herrsche in der Region eine sogenannte "Inversionswetterlage" - bei der die oberen Luftschichten wärmer und trockener sind als die unteren. "Diese Wetterlage haben wir schon seit Mitte Dezember. Und weil es deshalb in den oberen Lagen keine Niederschläge gibt, ist der Waldboden am Jochberg strohtrocken wie im Hochsommer und brennt entsprechend wie Zunder", sagt Niedermaier.

Sollten die Ermittlungen die fahrlässige Brandstiftung der beiden Münchner bestätigen, dürfte es für die beiden teuer werden. Zwar übernimmt in einem Katastrophenfall zunächst der Landkreis die Kosten für Rettungs- und Löscheinsätze - aber der könnte das Geld von den Wanderern zurückfordern. Niedermaier schätzt die Summe im konkreten Fall "immerhin auf mindestens ein paar hunderttausend Euro". Der Landkreis werde natürlich Regressansprüche prüfen, allerdings werde sich das wohl lange hinziehen. "Bevor wir Ansprüche erheben können, muss wahrscheinlich erst ein Gerichtsurteil fallen."

Wie es mit dem abgebrannten Berg- und Schutzwald am Jochberg weitergehen kann, darüber will der Vorstandsvorsitzende der Bayerischen Staatsforsten, Martin Neumeyer, zusammen mit Niedermaier und dem Bürgermeister von Kochel, Thomas Holz, am Dienstag informieren.

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