Koalition oder Opposition, das ist hier die Frage:Spalt zwischen den Generationen

Koalition oder Opposition, das ist hier die Frage: Rege Diskussionen zum Koalitionsvertrag: 18 Interessierte waren der Einladung der Tölzer SPD ins Binderbräu gefolgt.

Rege Diskussionen zum Koalitionsvertrag: 18 Interessierte waren der Einladung der Tölzer SPD ins Binderbräu gefolgt.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Bei einer Diskussion zur Groko in Bad Tölz ging das Meinungsbild von SPD-Mitgliedern und Interessierten weit auseinander

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Bis zum 2. März haben SPD-Mitglieder noch Zeit, ihr Votum zum Koalitionsvertrag abzugeben. Der Diskussionsbedarf ist hoch - auch in Bad Tölz, wo der Ortsverein am Aschermittwoch zu einer "aktiven Stammtischrunde" eingeladen hatte. 18 Interessierte waren in den Binderbräu gekommen, auch einige Nicht-Mitglieder. "Jeder kann sich outen, keiner muss", begrüßte Stadt- und Kreisrat Willi Streicher die Teilnehmer. Viele wollten, und das sich ergebende Stimmungsbild zeigte, dass die Meinungen vor allem zwischen den Generationen auseinandergehen: Während die Jüngeren sich gegen eine Neuauflage der Großen Koalition (Groko) und für eine Erneuerung der Partei in der Opposition aussprachen, überwog bei den Älteren die Ansicht, dass im Koalitionsvertrag gut verhandelt worden sei. Eine Erneuerung sei auch möglich, wenn man zugleich Regierungsverantwortung trage, argumentierten die Befürworter. Neuwahlen sind für die Genossen keine Option; zu groß ist die Sorge, dass die SPD weiter abrutschen und womöglich von der AfD überholt werden könnte.

Moderiert wurde die Diskussionsrunde von einem Nachwuchs-Genossen: Erst 15 Jahre alt ist Florian Iszovics, der vor einem Jahr in die Tölzer SPD und bei den Jusos Oberland eingetreten ist. Dort ist der Berufsschüler bereits Mitglied des Kreisvorstands. Als Trump gewählt wurde, habe er unbedingt etwas tun wollen, erzählt der eloquente Schüler. Wegen des damals noch wirkenden "Schulz-Effekts" und der sozialdemokratischen Inhalte sei er eingetreten. Die Altersgrenze für Neumitglieder liegt in der SPD bei 14 Jahren, auch über den Koalitionsvertrag darf Iszovics mit abstimmen. Er wird dagegen votieren, denn der Vertrag habe ihn nicht überzeugt: 8000 neue Pflegekräfte etwa seien viel zu wenig, "und woher sollen die kommen?" Die Vereinbarungen zur Einschränkung befristeter Arbeitsverhältnisse findet Iszovics nicht ausreichend, die Digitalisierung komme viel zu kurz. Auch Anna Öhler, 28-jährige SPD-Wählerin, "aber nicht Mitglied", sprach sich gegen eine Neuauflage der Groko aus. "Die SPD wäre die Partei, die Zukunfts- und Europapolitik für junge Leute macht", findet sie. Sie habe ihre erfolgreiche Regierungsarbeit der vergangenen Jahre aber viel zu wenig kommuniziert. Sich jetzt mit Kompromissen zufrieden zu geben, sei ein Rückschritt, der zu Politikverdrossenheit führe. "Warum wurschteln diese alten Leute jetzt wieder vier Jahre rum?". Auch Michael Ernst fürchtet eine "Verwaltungskoalition", die nichts Neues bringe. Michael Melzer, ebenfalls Nicht-Mitglied, las der SPD die Leviten. "Ich weiß nicht, was mit dieser Partei los ist". Als Volkspartei müsse sich die SPD doch um die kleinen Leute kümmern und das Thema soziale Gerechtigkeit in den Vordergrund rücken. Schulz habe das nicht mit Inhalten gefüllt, konkrete Maßnahmen etwa bei den Themen Rente, Pflege oder bezahlbare Wohnungen fehlten. Irene Melzer forderte "mehr Demokratie statt Lobbykratie".

Für den Koalitionsvertrag warben vor allem ältere Genossen. Ein "uneingeschränktes Ja" gab es etwa von Josef Förster. Man dürfe sich von der Oppositionsrolle nicht zu viel erwarten. An einer Minderheitsregierung könne man als Sozialdemokrat kein Interesse haben. "Was sollte da mehr an sozialen Inhalten rauskommen, als im Koalitionsvertrag?" Keine Option seien Neuwahlen: "Da könnt ihr euch das Ergebnis der SPD vorstellen." Auch Gerhard Schmolke sprach sich vor allem mit Blick auf Europa für eine Groko aus: "Europa wartet darauf, dass wir wieder handlungsfähig sind". Er sei überzeugt, dass es möglich sei, die "SPD zu reformieren und gleichzeitig zu regieren".

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