Kite-Surfen:Die Hüterin der Winde

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Alina Kornelli aus Reichersbeuern ist Vize-Europameisterin im Slalom. Die 17-Jährige stammt aus einer sportlichen Familie: Vater Dietmar war Weltmeister.

Von Marlene Krusemark, Reichersbeuern

Mit zehn stand sie zum ersten Mal auf dem Surfbrett, mit elf kam dann der Lenkdrachen hinzu: Alina Kornelli ist heute 17 Jahre alt und frischgebackene Vize-Kite-Europameisterin. Die Slalom-EM im italienischen Gizzeria war ihr erstes offizielles Rennen. Mit ihrem Ergebnis machte sie auch ihren Vater stolz, den Profi-Windsurfer und mehrfachen WM- und EM-Gewinner Dietmar Kornelli.

68 Jungen und 28 Mädchen aus 21 Ländern traten im Slalomrennen in Kalabrien gegeneinander an. "Dabei ging es eigentlich nur um Schnelligkeit", erzählt Alina. Damit hatte sie kein Problem - Schnelligkeit und Höhe sind die Aspekte beim Kitesurfen, die ihr am besten gefallen. "Mir taugt es schon am meisten, wenn viel Wind ist. Dann geht alles schneller und man kann höher springen." Bis zu fünf Meter hoch kann Alina mit ihrem Drachen übers Wasser fliegen. Ihr größter Kite bei den Europameisterschaften maß 17 Quadratmeter - dieser ist dann an vier mehr als 20 Meter langen Leinen befestigt, die an ein Trapez anschließen, das der Surfer umgeschnallt hat.

Die Ferien verbringt Alina, die im September in die 12. Klasse des Tölzer Gymnasiums kommt, immer mit Kitesurfen - außer die Winterferien, da snowboardet sie. Auch im Boarden ist sie erfolgreich und wurde bereits deutsche U15-Jugendmeisterin. Einmal die Woche spielt sie außerdem Volleyball und geht zum Tanzen. "Wenn ich mich aber für einen Sport entscheiden müsste, würde ich immer das Kiten wählen", sagt sie. Dafür fährt Alina während der Schulzeit auch am Wochenende an den Walchensee. Bei Sonne bilde sich dort Thermik, eine bestimmte Form des Aufwindes, die man fürs Kiten braucht. Am liebsten surfe sie aber bei Hitze: "Ich mag es nicht, immer einen langen Neoprenanzug tragen zu müssen oder manchmal sogar ein Stirnband." In den Sommerferien fährt sie daher jedes Jahr ins spanische Dénia, wo ihre Großmutter ein Haus hat. Ein Leben ohne das Lenkdrachensegeln sei für sie unvorstellbar: "Wenn ich jetzt einfach so in den Urlaub fahren würde, ohne zu Kiten - ich wüsste gar nicht, was ich machen sollte."

Den Titel hat Alina Kornelli im italienischen Gizzeria geholt. (Foto: Frank Burgmann/oh)

Diese Begeisterung teilt sie mit ihrer Familie - ihr Vater Dietmar ist ihr Trainer, ihre Mutter und ihr Bruder kiten ebenfalls. Trotzdem sei es für sie als Mutter nicht immer leicht, ihre Tochter bei 30 bis 40 Kilometer pro Stunde übers Wasser rasen zu sehen, erzählt Sabine Cornelli. Sie fieberte zu Hause vorm Computer mit, während ihre Tochter den Vizetitel einfuhr. "Das Gefährlichste sind die Leinen - die Surfer sind da ja wie Fische am Haken", weiß Sabine Kornelli. Bei den Meisterschaften in Italien sei es zwei-, dreimal täglich passiert, dass sich Kites verhaken, erzählt Alina. Etwas Schlimmes sei dabei aber nicht passiert. "Seit 2003 eine Worldcupfahrerin gestorben ist, gibt es Auslössysteme an der Ausrüstung, um die Spannung aus dem Kite zu nehmen", erzählt Sabine Kornelli.

Die gefährlichste Situation, in der Alina je war, ereignete sich im Herbst 2014 im brasilianischen Paracuru, als ihr "Bar", ihr Handgriff, am Trapez hängen blieb. "Dann hat der Kite mich 200 Meter am Strand entlang gezogen. Gott sei Dank war da kein Stein im Weg."

Alina hat schon die nächsten Wettkampfziele im Auge: In den kommenden Winterferien fährt sie in ein Trainingscamp nach Dakhla, Marokko. Vermutlich wird dort das auch das gesamte deutsche Jugendteam anwesend sein. Anschließend findet im Februar 2018 in Dakhla die europäische Qualifikationsrunde für die Olympischen Jugend-Spiele in Argentinien statt. Außerdem gibt es im April eine WM in China, durch die man sich ebenfalls für die Olympiade qualifizieren kann.

Die Nominierungen für die Qualifikationsrunden nehmen in Deutschland der Deutsche Segelverband und die German Kite Surf Association vor. Dafür hat Detlef Groebert, Vorstand der German Kite Surf Association, ein Jugendolympiade-Team gegründet. "Es macht Spaß, in der Gruppe zu trainieren. Vorher bin ich ja immer nur mit meiner Familie gekitet", sagt Alina. Bei den Qualifikationsrunden in Dakhla kommt pro Kontinent nur einer weiter - "das muss man erst einmal schaffen", sagt Alina. Aber sie kommt ins Träumen: "Das wäre schon toll, direkt nach dem Abi nach Argentinien zur Olympiade zu fliegen."

© SZ vom 12.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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