Kinderkonzert im Kurhaus:Geistreich, witzig und kurzweilig

Kinderkonzert im Kurhaus: So kann Musikunterricht Begeisterung wecken: Andreas Haas und sein Kammerensemble nahmen Grundschüler mit, die Neue Welt zu entdecken.

So kann Musikunterricht Begeisterung wecken: Andreas Haas und sein Kammerensemble nahmen Grundschüler mit, die Neue Welt zu entdecken.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Andreas Haas und sein Kammerensemble bringen Grundschülern die Geschichte und Musikgeschichte der USA näher

Von Sabine Näher, Bad Tölz

Grundschüler aus Benediktbeuern, Geretsried und der Jachenau füllen den Saal im Tölzer Kurhaus. Und eine Dreiviertelstunde lang ist es mucksmäuschenstill, herrscht gespannte Konzentration. Wenn sich der eine oder andere Lehrer jetzt verzweifelt fragen sollte: "Wie geht das?", möge er sich vertrauensvoll an Andreas Haas wenden. Denn der hat's raus. Allerdings dürfte nicht jeder Lehrer ebenso gut Flöte spielen wie singen und auf der Bühne mit minimalem Verkleidungsaufwand von einer in die andere Rolle schlüpfen können. So aber funktioniert es, wie am Donnerstag- und Freitagvormittag in je zwei Veranstaltungen eindrucksvoll demonstriert wurde, bei denen "Timmy und die Musik in Amerika" auf dem Programm stand.

"Seit 13 Jahren laden wir Grundschulklassen aus dem ganzen Landkreis zum Schuljahresende hier ins Tölzer Kurhaus zu einem kindgerecht aufbereiteten Wort-Musik-Programm ein", erklärt Harald Rossberger, Leiter der Tölzer Musikschule. "Und zum siebten Mal schon wird dieses von Andreas Haas und seinem Kammerensemble gestaltet." Das besteht neben dem Multitalent Haas aus Dmitrij Haritonov und Gabi Rossberger, Oboe, Hans Ernst, Klarinette und Saxophon, Hans-Peter Vogel, Fagott, Peter Ternay, Waldhorn und Trompete, Philipp von Morgen, Cello und Banjo, Matthias Haake, Klavier, und Florian Eickhölter, Schlagzeug. Das klingt jetzt vielleicht nach viel Personal. Wenn man sich aber vergegenwärtigt, dass diese neun Leute auch Auszüge aus Dvoráks Sinfonie "Aus der Neuen Welt" spielen, für die üblicherweise über 100 Personen die Bühne bevölkern, dann relativiert sich das ganz schnell. Gut 35 Auftritte jährlich absolviert das Ensemble auf Anfrage von Schulen oder Musikschulen. Je nach Kostenrahmen rückt Haas aber auch als Ein-Mann-Kombo an; er kommt auf circa 70 Termine pro Jahr.

Bei den Kindern im Tölzer Kurhaus kommt die Vorstellung hervorragend an. Haas lässt den kleinen Timmy seinen Großonkel Peter (sprich: Pieter) in Amerika besuchen, der ihm bei einer tollen Rundreise durchs Land die Geschichte und Musikgeschichte der USA nahebringt. Was sich spontan vielleicht ein wenig überambitioniert anhört, funktioniert hervorragend. Weil Haas einen ebenso informativen wie kurzweiligen Text geschrieben hat, den er in der Verkleidung als Timmys Großonkel, als ein alter Indianer, als Pirat Captain Kidd, als Max McDonald oder als George Gershwin spannend über die Rampe bringt. Wenige, gut gewählte Requisiten genügen ihm, um die Figur zu charakterisieren und für die Kinder erkennbar zu machen. Matthias Haake, der Mann am Klavier, hat dazu tolle Arrangements für die Ensemble-Besetzung geschaffen, die von der erwähnten Dvorák-Sinfonie über Jazz, Traditional und Spiritual bis zu Scott Joplin und George Gershwin reichen. Das Verblüffende ist, dass das alles stimmig und authentisch wirkt.

Damit die Kinder nicht nur passiv zuhören, sondern auch selbst mitwirken können, hat Haas vorab ein paar kleine Sachen eingeübt, wo mitgesungen oder mitgeklatscht werden darf. Das klappt überraschend gut, nicht zuletzt, weil Harald Rossberger aus der letzten Reihe heraus eifrig mittut. "Old McDonald had a farm, eya, eya, ey!" kommt bei den Schüler ebenso gut an wie "O, Susanna, don't you cry for me". Und auch rhythmisch anspruchsvolleres Klatschen funktioniert erstaunlich gut. Dass Haas quasi im Vorübergehen erläutert, was es mit den Sklaven in den Südstaaten auf sich hatte, dass Scott Joplin, dessen Ragtimes weltbekannt wurden, der erste berühmte schwarze Komponist war und wie es George Gershwin gelang, die Tradition der europäischen Klassik mit der Musik der schwarzen Bevölkerung Amerikas zu verschmelzen: Hut ab! Um letzteres zu demonstrieren, lässt Haas seine Band das bekannte Motiv aus Joplins "The Entertainer" einmal so spielen, wie es Dvořák komponiert haben würde - und danach die peppige, rhythmusbetonte Originalversion. Das ist Musikunterricht vom Allerfeinsten. Leider nicht in jeder Schulstunde, aber doch einmal im Jahr zu erleben.

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