Kennenlernen in lockerer Atmosphäre:Speed-Dating mit Hindernissen

Kennenlernen in lockerer Atmosphäre: Moderatorin und Teilnehmerin Andrea Lemke im Gespräch mit einem ihrer Speed-Dating-Partner.

Moderatorin und Teilnehmerin Andrea Lemke im Gespräch mit einem ihrer Speed-Dating-Partner.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Beim Termin im Tölzer Haus Florida fehlen die meisten der angemeldeten Frauen

Von Sabine Näher, Bad Tölz

Sieben date-willige Frauen treffen auf sieben ebensolche Männer. Soweit der Plan des ersten Tölzers "Speed-Dating", zu dem ReAL (Rehabilitation-Arbeit-Leben) Isarwinkel am Samstag um 19 Uhr ins Kulturcafé in der Ludwigstraße eingeladen hatte. Singles im Alter zwischen 20 bis 50 Jahren waren angesprochen, sich in lockerer Atmosphäre unverbindlich kennen zu lernen. Soweit das in fünf Minuten überhaupt möglich ist, denn beim Speed-Daten haben die Gesprächspartner genau so lange Zeit für eine erste Kontaktaufnahme.

Jeder Teilnehmer hat eine Nummer angesteckt, die auf einem roten Herzchen aufgemalt ist. Nach den fünf Minuten soll angekreuzt werden: Nummer X interessiert sich für Nummer Y. Oder eben nicht... Das braucht schon Mut. Und so ist eine gewisse Anspannung im Raum spürbar, als sich der Uhrzeiger der sieben nähert. Doch die Anfangszeit verstreicht, ohne dass es losgeht. Die Herren sind zwar vollzählig erschienen, aber erst zwei der angemeldeten Damen.

Wer teilnehmen wollte, konnte sich unter Angabe von Vornamen, Geschlecht und Alter beim Team von "Florida" anmelden, das in der Ludwigstraße eine therapeutische Wohngemeinschaft im Verbund der ReAL betreibt. Weitere Daten wurden bewusst nicht erhoben, um Interessenten nicht abzuschrecken. Andrea Lemke, die selbst im Haus lebt, hatte die Idee und die Organisation des Abends übernommen. "Es ist recht schwierig, in der Wohngemeinschaft jemanden kennenzulernen, und noch schwieriger, Kontakte nach außen zu knüpfen", erklärt sie. Deshalb richtete sich das Angebot zum Speed-Dating an alle Interessierten im Haus wie in ganz Tölz. Nachdem die Leiterin des Hauses "Florida", Karen Stumpenhusen, grünes Licht gegeben hatte, besorgte Lemke Plakate und Flyer und schrieb die Tageszeitungen an. Nun bittet sie die männlichen Teilnehmer um etwas Geduld in der Hoffnung, dass sich doch noch ein paar der Frauen trauen. Doch außer ihr und "Nina, 36" ist auch eine gute Viertelstunde später keine erschienen. So sind also nur zwei der sieben Tischchen besetzt, als der Gong zum ersten Mal ertönt und die Herren auffordert, sich dazu zu setzen. An einem Tisch läuft es sofort hervorragend: "Wie heißt du? Wie alt bist du? Was hast du für einen Beruf?" - die ersten Fragen liegen auf der Hand. Am anderen Tisch geht es stockender voran. Hier scheinen nicht beide Parteien gleichermaßen am Austausch interessiert. So können auch fünf Minuten lang werden. Der Gong ertönt: Partnerwechsel. Und schon sind neue Strategien im Einsatz: "Wie alt bist du?" - "Was schätzt du denn?" Auch auf die Frage nach den Hobbys wird vorsichtshalber eine Auswahlliste hinterher geschoben: "Telefonieren, lesen, fernsehen...?" Aber auch die heikle Frage "Warum bist du hier in der Einrichtung?" wird gestellt - und sehr einfühlsam und sensibel mit ihr und der Antwort umgegangen.

Karen Stumpenhusen schaut vorbei, ob alles gut läuft, überlässt die Organisation am Tresen und die Abwicklung des Dating-Geschehens aber den Hausbewohnern. Sie möchte das Kulturcafé mehr noch als bisher zum Ort der vielfältigen Begegnung machen und plant auch künstlerische Veranstaltungen im Sinne einer Kleinkunstbühne. Auch der heutige Abend passt in dieses Konzept, auch wenn er nicht ganz nach Plan läuft. Die überzähligen Männer sitzen wartend am Tresen bei Wasser oder Cola - und unterhalten sich in Ermangelung weiterer Frauen durchaus angeregt miteinander. Wieder ertönt der Gong, und unterbricht tatsächlich zwei gut in Gang befindliche Unterhaltungen. "Markus, 34" hat die erste Runde nun also hinter sich. "Natürlich finde ich es schade, dass jetzt nur zwei Frauen da waren, zumal ich Andrea, die Organisatorin, ja schon kannte", sagt er. Dennoch habe dieser intensive fünfminütige Austausch neue Erkenntnisse gebracht, und zwar bei der bekannten Andrea wie bei der vorher unbekannten Nina. "Das sind ja auch zwei völlig verschiedene Typen!" Die Idee eines Speed-Datings findet Markus nach wie vor sehr gut. "Ich würde auch nochmals kommen. Vielleicht trauen sich dann ja ein paar mehr Frauen..."

Den positiven Eindruck von Markus teilen offensichtlich nicht alle männlichen Interessenten. Zwei springen kurzerhand noch ab, so dass in der letzten Runde nur noch ein Mann im Spiel ist. Und damit eine Frau alleine im Sessel sitzt, während nebenan gedatet wird. Nina ist von ihrem ersten Speed-Dating denn auch etwas enttäuscht: "Ich dachte schon, dass ein paar mehr Leute kommen." Aber auch sie wäre bei einem nächsten Mal gerne wieder dabei: "Nur so wenig Zeit zum Gespräch zu haben, finde ich nicht problematisch. Ich finde, es ist durchaus möglich, sich ein erstes Bild zu machen." Auch Andrea Lemke fühlt sich eher bestätigt: "Das war für den ersten Versuch doch schon eine ganz gute Resonanz. Aus dem, was nicht klappt, kann man ja lernen. Vielleicht machen wir es nächstes Mal ganz ohne Altersbeschränkung."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: