Kabarett im KKK Lenggries:Halsgrat für Parsifal

Ludwig W. Müller

Absolute Weltklapse: der österreichische Kabarettist Ludwig Müller.

(Foto: Manfred Neubauer)

Begnadet: Schüttelreimer Ludwig Müller

Von Petra Schneider, Lenggries

Jetzt, wo der Marvin in die Pubertät und die Hilde in die Menopause kommt, braucht Herr Müller mehr Platz. Viel Platz, "denn wo ich klaustrophobische Zustände krieg, da baut sich der Japaner no a Zwischendecke ein." Da kommt der Altbau in bester Lage in Wien gerade recht: 120 Quadratmeter, antikes Mobiliar und ein Bad, in dem sich nicht nur das Rasierzeug vom Vormieter findet, sondern ein Spiegel, "in dem des Gsicht noch drin ist". Allerhand skurrile Bewohner leben in diesem ehrenwerten Haus, das die Rahmenhandlung für ein fein ausgeklügeltes Minidrama bildet. Mit herrlichem Sprachwitz und wunderbar absurden Ideen legt der österreichische Kabarettist Ludwig W. Müller den alltäglichen Irrsinn bloß, fertigt die Protagonisten der Weltpolitik mit einem Satz ab ("In Nordkorea reicht für Dick und Doof oana") und hat auch für religiöse Fanatiker eine Antwort parat: "Ich will mich einfach nicht mit der Religion anderer Leute beschäftigen müssen."

"Absolute Weltklapse" heißt das siebte Programm des 51-Jährigen, der im KKK schon ein guter Bekannter ist und auch am Samstag die rund 50 Zuschauer in Lenggries begeisterte. Allerhand Wissenswertes über Phobien, Neurosen und Manien erfährt man da: Von der Ärger-Dehydrogenase etwa, oder der Dismorphomanie, von Hyperpassivität und einer besonders unterhaltsamen Neurose, von der Müller selbst betroffen ist: Dem Zwang zum Schütteln. Nicht einmal in der Oper macht das Leiden Halt. "Wer die Wunderkraft des Grals hat, kriegt ein Stück vom Halsgrat", reimt er beim Parsifal, oder über Trump: "War sein Friseur so voll gedröhnt, dass er ihn so zum Troll geföhnt?"

Müller - so etwas wie die österreichische Antwort auf Willy Astor - macht auch vor Schlüpfrigkeiten und Kalauern nicht Halt. Plump wirkt das trotzdem nie, denn der Oberösterreicher überzeugt mit selbstironischer Leichtigkeit und schrägen Ideen. So fordert er ob der irrsinnigen politischen Weltlage ein "Recht auf Informationsmangel" und harmlose Unterhaltung à la "Bulle von Tölz" oder "Rosenheim Cops". Ein Krimiplot ist schnell entwickelt, natürlich in Schüttelreimen. Mit einem "Porno für ein Kulturpublikum" samt lateinischen Dialogen will er eine Marktlücke füllen. Auftritt kirchlicher Nuntius: "Semper masturbare non gaudium est".

Müller, der unter anderem mit dem Salzburger Stier und dem Passauer Scharfrichterbeil ausgezeichnet wurde, ist ein Meister der Dialekte, hat das Unterfränkische ebenso drauf wie das Oberbairische, osteuropäische genauso wie chinesische Sprachmelodien. Wunderbar zum Beispiel Auszüge aus dem Eheberatungsbuch von Pater Korbinian ("Ich war auch skeptisch, aber Karl May war auch nie in Amerika"), vorgetragen in sanft-salbungsvollem Bairisch mit Meditationsmusik. "Wenn du etwas von ganzem Herzen willst und es gelingt einfach nicht, dann liegt es vielleicht daran, dass du es nicht kannst." Oder die Ratschläge von Bergfex Sepp Nauderer, der in schönster Luis-Trenker-Manier über Ängste und "das Überleben in der Natur" schwadroniert. Er erzählt eine Geschichte aus den Karpaten, vom Bären und dem Wanderer, der sich vor Angst stundenlang ins Plumpsklo einsperrt. "Was isch do passiert"?, fragt der Sepp. "Der Bär wollt den Wanderer ned fressen, der wollt einfach nur scheißen."

Als Zugaben gibt es ein chinesisches Lied über Glutamat und eine kleine Geschichte vom nicht ganz konfliktfrei- en bayerisch-österreichischen Grenzverkehr. Zum Schütteln komisch!

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