"Jugend musiziert":Streckenweise überfordert

"Jugend musiziert": Sally Ann Moran und Michael Siegert sangen im Duett "Der Tod und das Mädchen" und trafen dabei gut den Schubertschen Tonfall.

Sally Ann Moran und Michael Siegert sangen im Duett "Der Tod und das Mädchen" und trafen dabei gut den Schubertschen Tonfall.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Junge Sänger der Tölzer Musikschule präsentieren sich auf der Bühne

Von Sabine Näher, Bad Tölz

Die letzte Nummer des Programms wird zum Höhepunkt des Abends. Im Duett "Wenn ich tanzen will" aus Michael Kunzes Musical "Elisabeth" wirken die Sopranistin Sophie Fast und der Bariton Dominikus Weileder ganz in ihrem Element, singen und spielen befreit und laufen zu großer Bühnenform auf. Als Musicaldarsteller kann man sich die beiden jungen Leute, die ihre Ausbildung größtenteils an der Sing- und Musikschule Bad Tölz erhalten haben, sofort vorstellen. Aber nicht der ganze Vortragsabend im kleinen Tölzer Kursaal war dermaßen stimmig. Potenzial ließen die Auftretenden zwar allesamt erkennen, aber nicht immer fanden sie sich stilistisch so gut zurecht wie im umjubelten Schluss-Duett.

Selbstverständlich können junge Menschen, die gerade am Ende ihrer Schullaufbahn oder am Beginn ihrer Studiums stehen, noch keine technische Perfektion vorweisen. Eben deshalb sollten verantwortungsvolle Lehrer genau bedenken, mit welcher Literatur sie ihre Eleven auf die Bühne schicken. Ein Schubert-Lied, das selbst gestandene Sänger vor größte Herausforderungen stellt, wird eher nicht passen. Das wurde bei Sophie Fasts Interpretation des grandiosen, überaus sphärischen Lieds "Auf dem Wasser zu singen" denn auch sehr deutlich. Diese Kunstlieder erfordern höchste Kunst - und sollen im besten Falle auch noch schlicht und natürlich klingen. Das darf eine so junge Sängerin durchaus überfordern.

In Benedetto Marcellos "Quella fiamma" aus den Arie Antiche, die vor knapp 30 Jahren niemand anderes als Cecilia Bartoli hierzulande populär gemacht hat, konnte Fast deutlich mehr überzeugen. Auch wenn das Feuer dieser Flamme, das die Bartoli so unnachahmlich anzufachen wusste, bei ihr noch ein wenig verhalten glimmt.

Erstaunlich gut traf dagegen die aus München stammende Sally Ann Moran den Schubertschen Tonfall in "Der Tod und das Mädchen". Dass sie das Lied gemeinsam mit dem Bass Michael Siegert als Duett ausgestaltete, entfaltete durchaus Wirkung. Siegert, ein großer, schlanker Sänger hat eine erstaunlich voluminöse, tiefe Stimme, die den Tod effektvoll charakterisierte. Sein Metier scheint vor allem die Oper zu sein. Mit der Arie des Osmin "Wer ein Liebchen hat gefunden" aus Mozarts "Die Entführung aus dem Serail" konnte er überzeugen. Das war bemerkenswert gut gestaltet und stimmlich gut bewältigt. Dass ihm das italienische Fach (noch) nicht so gut liegt, wurde hernach in einer Arie aus Verdis "Nabucco" deutlich.

Sally Ann Moran bewies an diesem Abend die größte künstlerische und stilistische Bandbreite: Außer bei Schubert gefiel sie auch bei den argentinischen Klängen Alberto Ginasteras und in Kurt Weills Oper "Marie Galante". Bei "The Fields of Anthenry", einem Lied über die irische Hungersnot, das in den 1970er Jahren von Pete St. John geschrieben wurde, wirkte sie noch mehr in ihrem Element und sehr berührend in ihrer Ausdruckskraft. Dominikus Weileder zeigte sich mit "Close every Door" aus Andrew Lloyd Webbers "Joseph" in seinem Element.

Am Klavier begleitete Leonhard Westermayr (fast immer) souverän und bot den jungen Sängern eine zuverlässige Stütze. Die Moderation von Joshua di Marcoberardino und Leif Eduard Eisenberg hätte es vielleicht nicht unbedingt gebraucht. Als "Nummern-Boys" agierten sie zwar locker, trugen aber keinen wirklichen Erkenntnisgewinn bei. Auch die Gestaltung der Programmzettel folgte noch nicht den Konventionen. Falsch geschriebene Namen sollten auch bei einem Schülerkonzert nicht vorkommen. Viel Beifall im Kursaal - und eine etwas improvisiert wirkende Zugabe der beiden jungen Frauen: "O Täler weit, o Höhen".

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