Jugend im Suff:Vereint gegen Jugend-Alkoholismus

Unter 18 und bereits im Vollrausch: Im Kampf gegen exzessives Trinken bei Minderjährigen kooperieren Kreisjugendring, Caritas und Kreisbehörde.

Suse Bucher-Pinell

"Halt" bringt etwas in Bewegung. Seit zwei Jahren arbeiten Kreisjugendring, Caritas und Landratsamt in dem bundesweiten Projekt "Hart am Limit" zusammen, um im Landkreis gemeinsam den riskanten Alkoholkonsum bei Minderjährigen zu bekämpfen.

Frauen im Bierzelt auf dem Oktoberfest in München, 2006

Im Kampf gegen Jugendalkoholismus kooperieren im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen Kreisjugendring, Caritas und Kreisbehörde.

(Foto: Johannes Simon)

Zwar kommt im Schnitt immer noch fast jede Woche ein Jugendlicher mit Alkoholvergiftung ins Krankenhaus. Immer häufiger erklären sich die Betroffenen jedoch am Tag danach bereit zu einem "Brückengespräch" mit der Caritas-Fachambulanz für Suchtkranke. Geschulte Mitarbeiter aus dem Familien- und Jugendbereich sowie der Suchthilfe besprechen dann mit den Jugendlichen und teilweise auch deren Eltern das Geschehene und überlegen, was zu tun ist.

16 Brückengespräche hat die Fachambulanz 2010 geführt, elf im Jahr davor. Die Betroffenen hatten bei ihrer Einlieferung in die Klinik bis zu 3,3 Promille im Blut. "Es freut uns, dass sich mehr Jugendliche bei uns melden", sagt Peter Westermeier. "Schön wäre es, wenn wir noch mehr erreichen könnten." Er ist froh über jeden, der die Scham überwindet und über seinen Alkoholkonsum redet. Bevor allerdings die Fachambulanz informiert werden kann, müssen die Ärzte in der Klinik von ihrer Schweigepflicht entbunden werden. In manchen Landkreisen ist dies anders geregelt, dort kommen fast alle zum Brückengespräch.

Die Fachambulanz ist 365 Tage rund um die Uhr erreichbar. Eine Weitergabe der Daten an die Jugendämter erfolgt nicht. "Das wird zu 100 Prozent eingehalten", versichert Claudia Koch vom Jugendamt. Anders ist es, wenn die Polizei einen Patienten mit Alkoholvergiftung einliefert. Dann ergeht Meldung.

Dass Veranstalter den Jugendschutz immer ernster nehmen, leitet Barbara Oberhofer vom Kreisjugendring auch von der Resonanz auf die Präventionsmappe "Fest geplant?!" ab. Die Mappe gehört zum Projekt "Halt" und fasst zusammen, wie der Jugendschutz bei Veranstaltungen eingehalten werden kann. Dabei werden konkrete Fragen beantwortet, beispielsweise: Wie kann man verhindern, dass Erwachsene Spirituosen an der Bar in Mengen kaufen und an Minderjährige weitergeben? Einfache Antwort: Die Abgabe auf zwei alkoholische Getränke pro Gast begrenzen.

In die Empfehlungen fließen auch die Erfahrungen der Polizei ein, mit der sich Koch und Oberhofer regelmäßig treffen. "Wir haben gute Erfahrungen gemacht", sagt Claudia Koch. "Dass der Jugendschutz eingehalten werden muss, ist durch "Halt" bekannter geworden." In fast allen Gemeinden des Landkreises sind die für Feste Verantwortlichen von Vereinen und Verbänden bereits geschult. In den nächsten Tagen findet eigens für Jugendleiter eine Infoveranstaltung statt. Die Beratungsangebote würden gut angenommen und die Empfehlungen umgesetzt.

Mittlerweile hat Claudia Koch auch eine "Mustergestattung" erarbeitet, die den Ordnungsämtern als Vorlage für die Genehmigung einer Veranstaltung dienen soll. Sie enthält Vorschläge, wie Auflagen für den Jugendschutz genau formuliert werden können. Beispielsweise durch den Zusatz, dass sichtbar Betrunkene keinen Einlass bekommen. Oder dass attraktive alkoholfreie Getränke angeboten werden müssen und alkoholische Getränke nicht mitgebracht werden dürfen. Früher stand dagegen oft lapidar in den Genehmigungen: "Der Jugendschutz muss eingehalten werden."

Mit Hilfe eines Fragebogens können Ordnungsämter auch die Zielgruppe einer geplanten Veranstaltung ermitteln, um die Genehmigung darauf abzustimmen. Ob Einlass erst ab 18 gewährt wird oder ob bei einem Fest mit Familienzusammenhang auch unter 16-Jährige Zugang erhalten. Alle Gemeinden sind über die Angebote im Rahmen des "Halt-Projekts" informiert. Kochs Erfahrung: "Viele halten sich daran und formulieren die Auflagen strenger und detaillierter."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: