Jüdisches Bad:Sorge um Waldramer Zeitzeugnis

Gläubige Juden nutzten das Haus in Waldram früher zur rituellen Reinigung. Nun soll es Wohnräumen weichen.

Matthias Köpf

Eva Greif wohnt im alten Waldram, das sich seit dem Ende der 1950-er Jahre um das erzbischöfliche Seminar Sankt Matthias gruppiert. Wie viele ihrer Nachbarn verfolgt auch sie die Pläne des Münchner Ordinariats sehr kritisch, auf dem Westteil des Seminargeländes Wohnhäuser bauen zu lassen, um so den Neubau für die Schule von Sankt Matthias zu bezahlen.

Jüdisches Bad: Um den Bestand des ehemaligen jüdischen Badehauses in Waldram besorgt ist die Lehrerin Eva Greif.

Um den Bestand des ehemaligen jüdischen Badehauses in Waldram besorgt ist die Lehrerin Eva Greif.

(Foto: WOR)

Doch Eva Greif, die am Gymnasium Geretsried Geschichte unterrichtet, sorgt sich nicht nur um den Charakter ihres Stadtteils oder schlicht um den Parkplatz am eigenen Gartenzaun. Ihre Sorge gilt auch einem Zeugnis der Waldramer Vergangenheit.

Denn in einem der Häuser, die bisher den Kolpingplatz begrenzen, gab es zur Zeit des Lagers Föhrenwald ein jüdisches Ritualbad. Dieses Haus ist auf den bisherigen Entwürfen für einen neuen Bebauungsplan nicht mehr zu sehen, weil es nach Ansicht des Bistums einem Mehrfamilienhaus und nach Ansicht der meisten Wolfratshauser Stadträte lieber einigen Reihenhäusern weichen soll.

Von der jüdischen Mikwe ist in dem Haus längst nichts mehr zu übrig, doch Eva Greif betrachtet das Gebäude trotzdem als Ort, an dem sich die kurze, aber wechselvolle Geschichte des heutigen Wolfratshauser Stadtteils Waldram den Bürgern wie den Schülern ideal vermitteln lässt. Denn die heutige Siedlung war von den Nationalsozialisten als Zwangsarbeiterlager für die Rüstungsbetriebe im heutigen Geretsried gegründet worden. Nach dem Krieg aber war Waldram ein Lager für Displaced Persons, meist befreite Juden, die von hier aus nach und nach in ein neues Leben aufbrachen, weswegen der Name "Föhrenwald" in der jüdischen Welt noch heute bekannt ist.

Die Gläubigen unter den Juden nutzten das Haus am heutigen Kolpingplatz damals zur rituellen Reinigung. Später wohnten darin Seminaristen und danach externe Schüler von Sankt Matthias. Das Bistum hat in das Gebäude über viele Jahre kaum mehr investiert, während in Waldram Privatleute ähnliche Häuser liebevoll erhalten und ausgebaut haben.

In der vergangenen Woche hat der Wolfratshauser Stadtrat für die Fläche nun das Bebauungsplanverfahren auf den Weg gebracht. Seither fürchtet Eva Greif, dass es für das Haus mit der Mikwe eigentlich schon zu spät ist. "Schade, dass man daran überhaupt nicht denkt", sagt sie traurig.

Bisher hätten sie und ihr Arbeitskreis Föhrenwald-Waldram im Historischen Verein Wolfratshausen wiederholt beim Bistum und im Seminar nach den Plänen für das Areal erkundigt und immer unklare Antworten erhalten. Auch Nachfragen von Kreisheimatpflegerin Maria Mannes hätten nichts gebracht.

Ob das Haus am Schluss des zweijährigen Praxisseminars zur Waldramer Geschichte noch stehen wird, das sie am Dienstag mit ihren Geretsrieder Schülern beginnen wird, weiß Eva Greif nicht. Die Schüler sollen in den zwei Jahren eine Ausstellung über Waldram konzipieren, da böte sich das Haus am Kolpingplatz aus ihrer Sicht geradezu an.

Daraus ein Museum zu machen, wäre aus Greifs Sicht ideal, doch dass die Stadt oder das Bistum dafür Geld ausgeben oder auch nur auf Einnahmen verzichten, bezweifelt sie mittlerweile sehr. Eine Ausstellung über das Lager Föhrenwald gibt es demnächst trotzdem. Sie wird am 29. November im jüdischen Museum am Münchner Jakobsplatz eröffnet.

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