Jubiläum am See:Zwischen Bauern und Betuchten

Ambach am Starnberger See feiert sein 1250-jähriges Bestehen. "Der Bierbichler" und viele Künstler haben die Atmosphäre des kleinen Orts geprägt. Anatol Regnier erzählt

Von Benjamin Engel, Münsing

Heute zieht es vielfach die Betuchten nach Ambach an das Ostufer des Starnberger Sees. Diejenigen, die sich die enormen Grundstückspreise noch leisten können. Vor dem Gasthaus "Zum Fischmeister" parken vor allem an den Wochenende viele Porsches. Das Gasthaus der Familie Bierbichler, dessen jetziger Inhaber der Schauspieler und Autor Josef Bierbichler ist, und der Dampfersteg daneben waren und sind noch das Zentrum von Ambach. Der kleine Ort am Starnberger See feiert an diesem Wochenende von Freitag bis Sonntag, 3. bis 5. August, sein 1250-jähriges Jubiläum. Für den in Ambach ansässigen Autor und Musiker Anatol Regnier ist der Ort, in dem sich Bauern und Fischer mit Sommerfrischlern und Intellektuellen mischten, etwas Besonderes.

Im Norden und Süden von Ambach sind neue Häuser entstanden. Doch den Kern prägt immer noch die einzeilige Bebauung am Seeufer mit den Wiesen bis zum Hügelkamm. Bereits im 19. Jahrhundert vermieteten die Bauern und Fischer Zimmer an Sommerfrischler aus der Stadt. 1919 zog etwa der Schriftsteller und Biene Maja-Erfinder Waldemar Bonsels hierher. Dessen ehemalige Villa mit dem farbenprächtigen ungarischen Tor gehört noch heute zu den markanten Gebäuden im Ort.

Wirklich bekannt wurde Ambach in den 1970-er Jahren. Damals zog der Filmemacher Herbert Achternbusch in das Gasthaus "Zum Fischmeister", das in Ambach alle nur den "Bierbichler" nennen. Er war jahrelang mit Annamirl Bierbichler, der Schwester von Josef Bierbichler, liiert. Beide spielten in den Filmen von Achternbusch mit, in denen dieser die katholische Kirche und die Gesellschaft aufs Korn nahm.

Das habe eine enorme Breitenwirkung entfaltet, sagt Regnier. Ambach sei zum "Kultort" geworden. Viele Künstler und Intellektuelle habe es hierher gezogen. Die Liste, die Regnier, Enkel von Frank Wedekind, spontan aufzählt, ist lang: Pianist Alfred Brendel, Theatermann George Tabori, Philosoph Jürgen Habermas, Regisseurin Margarethe von Trotta, Schriftsteller Tankred Dorst oder Michael Krüger, früherer Leiter des Hanser-Verlags. Eine Runde habe dann oft bis zwei Uhr nachts beim "Bierbichler" zusammengesessen und diskutiert. "Währenddessen hat Frau Bierbichler den Boden gewischt." Obwohl er mit Josef Bierbichler befreundet sei, habe er aber nie zu diesem Kreis gehört, sagt Regnier.

Früher hätten die Bauern auf der einen und die Urlauber, Intellektuellen und Künstler auf der anderen Seite in zwei verschiedenen Welten gelebt, sagt Regnier. Allein schon die Sprache - Bairisch und Hochdeutsch - habe sie unterschieden. Weder beim "Bierbichler" noch im Gasthaus "Huber" hätten sie einen Stammtisch gehabt. Ein Vereinsleben gebe es kaum. Das hänge womöglich damit zusammen, dass Ambach zur damals noch selbständigen Gemeinde Holzhausen gehörte und sich darauf auch ausgerichtet habe, sagt Regnier. Schließlich gingen die Kinder dort in die Schule und in die Kirche. In der Ambacher Kapelle seien nur selten Gottesdienste gefeiert worden.

Ambach 1250-Jahre Jubiläum Juli 2015

Eine Postkarte zeigt Villen um 1908.

(Foto: Postkartenarchiv Gemeinde Münsing)

Entstanden ist Ambach aber nicht um das Gasthaus "Zum Fischmeister". Ausgangsort der Besiedelung war das Kuglmühler Tal mit seinem Bach im Norden des Ortes. Daraus erklärt sich der Name "Ambach". Er wird in einer Urkunde aus der Zeit von 765 bis 776 erstmals erwähnt. Darin vermachte Waltheri, ein Angehöriger der Huosi-Sippe, der Kirche St. Andreas in Freising seinen Besitz in "Au in pah". Damit war die Au gemeint, dies sich zu beiden Seiten des Kuglmühler Bachs erstreckt. In diesem Bereich stehen auch die der Überlieferung nach ältesten drei Häuser des Ortes.

Von Norden breitete sich Ambach Richtung Süden aus. Die Familien, die sich ansiedelten, kamen teils vom Kochelsee. Es handelte sich vermutlich um Fischersöhne, die neue Möglichkeiten fanden, ihren Beruf auszuüben. 1541 bestand Ambach aus sechs Höfen. Im 30-jährigen Krieg zogen Söldner des Schwedenkönigs Gustav Adolf am Ostufer des Starnberger Sees entlang. Zwei Ambacher Häuser wurden geplündert und niedergebrannt. Im 19. Jahrhundert kam der bayerische König Ludwig II. auf dem Weg zu seinen Gebirgsschlössern häufig durch Ambach. In dieser Zeit siedelte sich auch der Maler Carl Theodor von Piloty dort an. Der Maler Carl Spitzweg wohnte beim "Bierbichler".

Drei Tage Programm

Das Festprogramm für 1250 Jahre Ambach: Freitag, 3. Juli, Festzelt (Landhotel Huber) Einlass 18 Uhr, Eröffnung durch Bürgermeister Michael Grasl um 19 Uhr, von 19.45 Uhr lesen Josef Bierbichler, Ray Müller, Anatol Regnier und Tilmann Spengler Texte aus und über Ambach; im Stadl Zeichentrickfilme "Biene Maja" und "Nick Knatterton" sowie Multimediaschau mit historischen Bildern und Postkarten 15 bis 19 Uhr.

Samstag von 15 Uhr an Kaffee und Kuchen, Ambacher Kinder lesen von 19 Uhr an historische Texte über Ambach, von 20 Uhr an spielt Tromposaund. Im Stadl: Kasperltheater mit Wowo Habdank (15 Uhr), Zeichentrickfilme (16 Uhr); am Seeufer von 15 Uhr an Programm des Yachtclub Ambach mit Rundfahrten. Sonntag: Feldgottesdienst (bei Ambacher Kirche) von 9.45 Uhr, danach Festzug mit Vereinen zum Festzelt (11.30 Uhr). Bewirtung und Musik. Im Stadl von 11.30 Uhr an Zeichentrickfilme. Reservierungen für beide Abendveranstaltungen, Telefon 08177/9320. bene

Von 1900 an zog es vermehrt Städter zur Sommerfrische nach Ambach. Noch heute spielen hier aber Bauern und Fischer eine wichtige Rolle. Ihnen sei es auch zu verdanken, dass der Ort zumindest im Kern noch viel von seiner ursprünglichen Atmosphäre bewahrt habe, sagt Regnier. Denn diese hätten ihren Besitz größtenteils nicht verkauft, weswegen dieser unbebaut geblieben sei.

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