Interview mit dem Juniorchef von Möbel Mahler:"Ziehe mich nicht aus der Verantwortung"

Interview mit dem Juniorchef von Möbel Mahler: Michael Mahler bedauert es, dass seine Firma das Haus in Wolfratshausen aufgeben musste.

Michael Mahler bedauert es, dass seine Firma das Haus in Wolfratshausen aufgeben musste.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Michael Mahler über seinen schweren Abschied von den Mitarbeitern und fortwährendes Engagement für Wolfratshausen.

Von Claudia Koestler, Wolfratshausen

Es war ein Gang nach Canossa, den Juniorchef Michael Mahler (29) am Samstag gefasst antrat: Ein letztes Mal besuchte er sein Wolfratshauser Einrichtungshaus und verabschiedete sich persönlich von den 260 Mitarbeitern. Zweimal wurde der Termin zur Schließung zwar bereits verschoben, "weil noch ein paar Möbel im Haus waren, die wir noch verkaufen wollten", begründet Mahler. Doch am Montag soll nun der Vorhang fallen, "definitiv und endgültig." Im Interview betont Mahler allerdings auch, dass das Unternehmen den Standort Wolfratshausen nicht gänzlich aufgeben will: "Wir wollen hier weiter Flagge zeigen."

SZ: Wie fühlt man sich, gleich 260 Entlassenen gegenüber zu treten?

Michael Mahler: Es wird eine traurige Veranstaltung, aber trotzdem eine, die von gegenseitigem Respekt geprägt sein wird. Wir wollen als Unternehmerfamilie keine verbrannte Erde hinterlassen, sondern uns würdig verabschieden. Aber es ist nicht einfach, wenn man die Autobahn runterfährt und weiß, man sieht sein Haus und seine Mitarbeiter zum letzte Mal, da hat man schon einen Kloß im Hals.

Erwarten Sie Groll Ihnen gegenüber?

Was ich bemerke, ist eine große Traurigkeit bei den Mitarbeitern. Groll aber nicht. Zumindest nicht nach außen. Es mag den einen oder anderen geben, der von uns als Familie enttäuscht ist. Das kann ich nicht mal verübeln. Aber wir haben gezeigt, dass wir uns sozial gegenüber den Mitarbeitern zeigen. Ich stehe auch weiterhin persönlich zur Verfügung, für Kunden wie für Mitarbeiter, ich ziehe mich nicht aus der Verantwortung.

Woran machen die Mitarbeiter ihre Enttäuschung fest?

Weil sie uns bei der wirtschaftlichen Lenkung vertraut haben, wir mit der Expansion aber strategische Fehler gemacht haben. Das sitzt als Schmerz sicher tief.

Wie kam es denn zu diesen strategischen Fehlern?

Wir wollten zunächst in unser Haus in Sachsen investieren und dann in Wolfratshausen, dazu war alles vorbereitet. Dann ergab sich eine Vergrößerungsmöglichkeit in Neu-Ulm. Doch wir sind damit zu schnell zu stark gewachsen, in kürzester Zeit von 100 Millionen auf 260 Millionen Euro Umsatz, das ist für ein mittelständisches Unternehmen schwer zu bewältigen. Der strategische Fehler, den ich mir auch persönlich zum Vorwurf mache, war, dass ich den Markt nicht genauestens analysiert habe. Neu-Ulm hat eine sehr niedrige Arbeitslosenquote und es war sehr schwer, ein vernünftiges Team zu kriegen. Statt organisch zu wachsen, hat es mit Neu-Ulm zweieinhalb Jahre gedauert, um am Markt zu bestehen. Damit war nicht mehr genügend Investitionsspielraum für Wolfratshausen und Bopfingen vorhanden.

Wer setzte denn auf den Expansionskurs?

Für den Standort Sachsen hat mein Vater noch alleine entscheiden, für Neu-Ulm haben wir uns gemeinsam ausgesprochen. Grundsätzlich war die Expansion kein Fehler, bei der Marktsituation heute geht es nicht ohne Größe. Wenn Sie als Möbelhändler alleine, ohne strategische Allianzen, bestehen wollen , brauchen Sie mindestens eine halbe Milliarde Umsatz. Das war das Ziel, ist aber gescheitert. In Neu-Ulm gehen wir jetzt eine strategische Allianz mit XXXLutz ein, nur so haben wir als Einzelstandort noch eine Chance.

Wäre es eine Alternative gewesen, Wolfratshausen zu verkleinern?

Ziel war immer die Vielfalt, da hätten wir Kunden enttäuscht. In Neu-Ulm hätten wir allerdings organisch wachsen sollen, ja.

Es war aber mal ein Innenstadtladen angedacht in Wolfratshausen.

Richtig, wir haben uns das Isarkaufhaus näher angeschaut, das klappte dann aber aus unterschiedlichen Gründen nicht, auch, weil wir uns auf Neu-Ulm konzentrieren mussten. Ich denke aber, der Handel wird sich künftig wieder stärker in die Innenstädte verlagern. Gerade beim Möbelhandel gibt es inzwischen kleinere stationäre Konzepte, ein City-Möbelhaus etwa. Oder ein Möbel-Outlet-Center in der Stadt. So was gibt es in Deutschland noch nicht, aber an so etwas könnte ich glauben. Für Vielfalt sind Kunden durchaus bereit, weiter zu fahren.

Klingt nach einer Möglichkeit für Mahler, Wolfratshausens Innenstadt doch noch zu beleben?

Nette Idee, aber ich werde jetzt keine neuen Dinge andenken, bevor ich nicht alle meine Hausaufgaben gemacht habe. Wenn Neu-Ulm läuft, bin ich für verschiedenste Überlegungen offen, aber erst dann.

Haben Sie Mitsprache bei der Zukunft des Hauses? Könnte es interimsmäßig nicht als Asylunterkunft genutzt werden?

Wir haben alle Rechte abgegeben, uns gehört nichts mehr und mieten auch nichts zurück. Und nein, die Frage, es als Asylunterkunft zu nutzen, kam bislang nicht auf.

Den Standort Wolfratshausen haken Sie aber offenbar geschäftlich nicht völlig ab?

Wir sind hier ja tief verwurzelt mit der Region, haben mit über 50 Vereinen Partnerschaften gepflegt. Das geben wir nicht einfach auf, vor allem vor dem Hintergrund, dass wir ja weiter existieren und der eine oder andere ja auch nach Neu-Ulm kommen wird. Die Region wollen wir weiter betreuen und auch einen Ansprechpartner vor Ort für Kunden installieren.

Was passiert mit Ihrem sozialen Engagement vor Ort, etwa gesponserten Teams? Da laufen Gespräche. Es wird wie gesagt einen Vertreter geben, der sich dann auch um die Patenschaften kümmert, denn wir wollen weiter kooperieren. Wir wollen hier weiter Flagge zeigen.

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