Interview:"Ich spiele"

Interview: "Meine Botschaft: Schaut in den Himmel, schaut in die Welt!" Inge Doldinger zeigt im Hollerhaus Foto-Kreationen.

"Meine Botschaft: Schaut in den Himmel, schaut in die Welt!" Inge Doldinger zeigt im Hollerhaus Foto-Kreationen.

(Foto: Schwaderer/oh)

Inge Doldinger hat ihren Mann auf unzähligen Konzertreisen begleitet - und den Himmel fotografiert. Nun zeigt sie Bilder im Hollerhaus

Interview von Stephanie Schwaderer

Inge Doldinger ist seit 57 Jahren mit dem weltbekannten Jazz-Musiker und Komponisten Klaus Doldinger verheiratet. Seit 1968 leben die beiden in Icking, wo sie drei Kinder groß gezogen haben. Ermutigt von der Galeristin Alinde Rothenfußer ging die gebürtige Düsseldorferin, die lange als Model gearbeitet hatte, in den Neunzigerjahren mit ihren Gemälden an die Öffentlichkeit. Nun zeigt sie im Hollerhaus Fotoarbeiten unter dem Titel "Flügel der Hoffnung".

SZ: Wo fühlen Sie sich wohler - vor oder hinter der Linse?

Inge Doldinger: Dahinter. Aber das hat sich langsam entwickelt. Begonnen hat alles mit der Malerei. Schon als Mädchen in der Schule habe ich ständig gezeichnet - vor allem Mode. Mein Kunstlehrer und der Pfarrer haben sich für mich eingesetzt, ich sollte ein Stipendium an der Akademie bekommen. Aber meine Mutter wollte das nicht. Sie hat darauf bestanden, dass wir Kinder einen richtigen Beruf erlernten. Also habe ich eine Lehre gemacht: als kaufmännische Angestellte im teuersten Stoffladen auf der Düsseldorfer Königsallee. Dort wurde ich dann als Model entdeckt.

Wie alt waren Sie da?

Die ersten Angebote bekam ich mit 17. Als ich 19 war, ist der Fotograf Charles Wilp auf mich aufmerksam geworden, da ging es dann richtig los.

Zu dieser Zeit waren Sie bereits mit Klaus Doldinger liiert. Spätestens mit der Formation Passport in den Siebzigerjahren hat er Karriere gemacht. Ist es schwierig, ein Leben lang, "die Frau von" zu sein?

Im Gegenteil. Das stört mich nicht. Wir zwei sind eins. Das ist ein großes Glück! Und Musik ist für mich das Allertollste überhaupt. Lange standen für mich die Familie, unsere drei Kinder, im Vordergrund. Aber ich hatte Träume. Und wenn mein Mann zu Hause war und ich ein paar Stunden für mich hatte, habe ich diese Träume gemalt: mit ganz feinen Pinselstrichen, wie im 19. Jahrhundert - eine Fleißarbeit. Später, als ich ihn auf seinen Reisen begleitet habe, kam die Fotografie dazu.

Welche Motive haben Sie gereizt?

Mein Mann war oft als musikalischer Botschafter im Auftrag des Goethe-Instituts unterwegs. Ich habe mit ihm alle Kontinente bereist, und überall hatte ich die Gelegenheit, den Himmel zu fotografieren.

Den Himmel? Sieht der nicht überall gleich aus?

Überhaupt nicht! Da gibt es gewaltige Unterschiede.

Wo ist er am schönsten?

Tatsächlich in Bayern: Blauer Himmel, weiße Wolken. Brasilien ist noch eine Konkurrenz. Aber sonst ist er oft langweilig. Natürlich habe ich auch andere Motive fotografiert. Musiker, zum Beispiel. In Brasilien bekamen wir die Möglichkeit, mit einem Hubschrauber über die Wasserfälle von Iguaçu zu fliegen. Ich habe Fotos gemacht - und eines davon kam zwei, drei Jahre später auf das Cover einer Passport-CD: Iguaçu - eines der erfolgreichsten Alben.

Ihr Mann hat also Konzerte gegeben, und Sie haben den Himmel fotografiert?

Ja, wunderbar war zum Beispiel eine Jazz-Kreuzfahrt in Norwegen: 400 Gäste, 50 Musiker, jeden Tag ein Konzert, aber keines war wie das andere. Das Gleiche gilt für die Wolken: Auch sie sind nicht zu fassen, verändern sich von einem Moment auf den anderen, formen sich zu Drachen, türmen sich auf, verschwinden. Ich stand oft mit der Kamera am Bug.

Die Fotos, die Sie nun im Hollerhaus zeigen, sind stark bearbeitet.

Bearbeitet klingt so technisch. Sagen wir lieber, es handelt sich um Kreationen. Ausgangspunkt sind immer Bilder von Wolken - auch wenn man das zum Teil nicht mehr erkennt. Ich lege verschiedene Ebenen übereinander, manchmal pinsele ich auch darüber, digital, mit Fotoshop. Es muss für mich stimmig und interessant sein, vorher höre ich nicht auf.

Sie haben also die Staffelei mit dem Computer vertauscht?

Als ich Mitte 50 war, hat mein Sohn gesagt: Die Mama braucht einen Computer! Er war es auch, der mir alles beigebracht hat - auf eine sehr kindliche, angstfreie Weise. Er war damals zehn, zwölf Jahre alt. Diese Herangehensweise habe ich mir bis heute bewahrt. Und dabei kann ich mich sogar auf Schiller berufen: Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt. Ich spiele!

Ein hervorstechendes Element auf Ihren Bildern ist die Kugel.

Sie steht für mich für unseren Planeten. Ich möchte deutlich machen: Wir leben alle auf einer Erde. Wir müssen zusammenhalten und für das Gute arbeiten - auch wenn man gerade verzweifeln könnte. In dieser Ausstellung zeige ich beides: Das Böse, das Abgründige, das Trump-Desaster, aber dann ist da auch immer wieder die Hoffnung. Deshalb auch der Titel "Flügel der Hoffnung".

So heißt auch ein Rosamunde-Pilcher-Film.

Ehrlich (lacht)! Den habe ich nie gesehen. Aber so etwas brauchen wir auch, es darf ruhig mal ein bisschen kitschig sein.

Zur Vernissage wird Ihr Mann Ihnen ein Ständchen spielen?

Das macht er immer. So wie ich ihn begleite, sorgt er dafür, dass er bei meinen Ausstellungen auch dabei ist.

Was wird er spielen?

Das, was ihm gerade einfällt - eine Improvisation.

Hollerhaus, Neufahrner Weg 3, Irschenhausen, Vernissage am Samstag, 27. Mai, 17 Uhr, es spricht Elmar Zorn; bis 18. Juni, geöffnet Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr

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