Geretsried:Der neue Karl-Lederer-Platz soll auch eine "Kulturachse" werden

Geretsried: Den Wasserträgerinnen von Wilhelm Srb-Schlossbauer soll eine ganze Skulpturenmeile folgen.

Den Wasserträgerinnen von Wilhelm Srb-Schlossbauer soll eine ganze Skulpturenmeile folgen.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Nicht nur Klotz und Kommerz: Bürgermeister Michael Müller verspricht Kunst und einen Architektenwettbewerb für das Zentrum.

Interview von Felicitas Amler

Viel Klotz, wenig Platz: Das ist aktuell der Tenor der kritischen Diskussion über Um- und Ausbau des Karl-Lederer-Platzes in Geretsried. Dabei ist die Frage nach zentraler kultureller Infrastruktur in den Hintergrund geraten. Die SZ sprach darüber mit Bürgermeister Michael Müller (CSU).

SZ: Herr Müller, Ein Rewe- oder Edeka-Markt auf der einen Seite, ein Discounter auf der anderen: Soll das wirklich das Herzstück der Attraktivitätssteigerung für den Karl-Lederer-Platz sein?

Nein. Es ist ein erster Schritt. Man sollte nicht den dritten Schritt vor dem ersten machen. Jetzt geht es darum, die Frequenz im Bereich Handel zu steigern und das Parken zu regeln. Aber das ist nicht alles.

Sie sagten im SZ-Interview vor knapp zwei Jahren: "Kultur gehört zur Marke Geretsried". Wie kann sich das am Karl-Lederer-Platz manifestieren? Wird dort Raum für die Stadtbücherei und die Volkshochschule geschaffen? Vielleicht auch eine Galerie für zeitgenössische Kunst, da ja der ursprünglich vorgesehene Raum unterm Dach des Rathauses nun nicht verwirklicht wird?

Da sind wir nun beim dritten Schritt. Ich habe die Vorstellung, dass wir um das Rathaus herum einen kulturellen Schwerpunkt setzen. Aber das ist alles noch nicht konkret: die Bibliothek, eine Galerie. Vielleicht tun sich auch noch andere Möglichkeiten auf. Mit der Aussicht auf die unerwartet schnelle Verlagerung der B 11 - in einem Zeitraum von fünf bis sieben Jahren - tun sich ja auch neue Stadträume, neue Optionen auf. Wir müssen sehen, wie wir das dann um das Rathaus herum gestalten. Meine Idee ist es schon, ausgehend von unserem Stadtmuseum, eine Kulturachse zu schaffen. Aber wir können jetzt neue Platzräume mit Richtung Böhmwiese städtebaulich weiterdenken. Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, vor dem Stadtmuseum die Garagen wegzuräumen und, zusammen mit der Gaststätte und dem Biergarten, eine Kulturachse zu entwickeln. Wir haben ja den Ratsstubensaal, auch das muss man weiterdenken.

Der Stadtrat hat sich wegen der städtebaulichen Entwicklung in Ulm umgeschaut. Gibt es Vorbilder für die kulturelle Stadtentwicklung?

Im Kern ist das auch Ulm. Dort wurde ja eine vierspurige Schnellstraße aus der Mitte entfernt und Kultur in die Mitte geholt, die Stadtbibliothek und eine Kunsthalle. Natürlich sind das andere Größenordnungen als in Geretsried. Aber auch wir wollen uns nicht nur auf Handel und Einkaufen konzentrieren. Stadtbibliothek, Kunsthalle - das sollten wir auch weiterdenken. Ich meine sogar, dass man möglicherweise ein Wettbewerbsverfahren machen könnte.

Wettbewerb wofür?

Für die Frage: Wie werten wir die Innenstadt kulturell auf?

Damit würden Sie womöglich die Bürger auch eher ansprechen als mit den Handelsprojekten.

Ja, es ist schon so, dass wir noch deutlich machen müssen und wollen, dass wir die Innenstadt insgesamt aufwerten wollen. Wir müssen noch nachziehen, um darzulegen, dass es nicht nur um ein massives Bauwerk geht. Aber Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden. Es geht eben Stufe um Stufe.

Sie haben im genannten SZ-Interview von einer Skulpturen-Meile vom Stadtmuseum über den neuen Stadtplatz bis zur Petruskirche gesprochen. Eine Holz-Arbeit von Hans Neumann liegt beim Stadtmuseum, die Bronze "Der Geher" von Otto Süßbauer ist gerade in Ascholding in der Gießerei. Wann und wie wird über weitere Ankäufe entschieden?

Auch für die Ankäufe kann ich mir ein Wettbewerbsverfahren vorstellen - wenn wir soweit sind. Im Moment sind wir bei den Tiefgaragen-Planungen. Wenn wir diese abgeschlossen haben und mit der Oberflächengestaltung des Platzes beginnen, können wir den nächsten Schritt machen.

Wann könnte das sein?

Vielleicht Mitte des Jahres, aber nageln Sie mich da bitte nicht fest.

Sie sagten einmal, Sie wollten nicht weiterhin allein über Kunstankäufe entscheiden. Wie könnte das gestaltet werden?

Wir brauchen ein Planungskonzept und Richtlinien. Meiner persönlichen Meinung nach brauchen wir eine moderne, zeitgemäße Kunst, die einen Bezug zu Geretsried oder zur Geschichte Geretsrieds hat. Dann könnten wir eine Laufmeile vom Stadtmuseum, das ich als künftiges Kulturzentrum sehe, bis zur Petruskirche gestalten. Das kostet natürlich, aber das muss ich mir als Stadt auch leisten können. Moderne Kunst gefällt ja nicht jedem, aber wir müssen da offen sein.

Wäre der neue Stadtplatz nicht die Chance für Geretsried, ein überregional attraktives Alleinstellungsmerkmal zu schaffen? Etwas, wie es die Elbphilharmonie für Hamburg ist, oder - realistischer - der Konzertsaal für Blaibach?

Die Kultur ist sicherlich eine gute Möglichkeit, um Markanten im Zentrum zu setzen. Hier kommt erneut der von mir bereits angesprochene Ideen-Wettbewerb ins Spiel. Aus ihm heraus können wir solche Ideen entwickeln.

Winfried Nerdinger, einer der beiden Gestaltungsbeiräte der Stadt, hat Geretsried empfohlen, für eine neue Mitte "das Herz der Stadt" zu entdecken und zu betonen. Was ist das Ihrer Ansicht nach, und wie lässt es sich am Stadtplatz darstellen?

Diese Diskussion müssen wir tatsächlich erst noch anstoßen. Wie wir historische und kulturelle Potenziale verwirklichen und abbilden, das ist etwas, das wir tatsächlich noch entwickeln müssen.

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