Im Verzug:Lotsen an der Baustelle

Im Verzug: Julian Braun (v.l.), Robert Leiter und Eva Maria Herz helfen mitten in Bad Heilbrunn Schulkindern über die Straße.

Julian Braun (v.l.), Robert Leiter und Eva Maria Herz helfen mitten in Bad Heilbrunn Schulkindern über die Straße.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Ex-Polizist und Verwaltungsmitarbeiter helfen Heilbrunner Schülern über Bundesstraße

Von Klaus Schieder, Bad Heilbrunn

Ein Senior aus Österreich reagiert vor dem behelfsmäßigen Fußgängerüberweg auf der Bundesstraße 472 etwas zu spät, aber die Start-Stopp-Automatik bringt seinen Wagen abrupt zum Stehen. Alle andere Autofahrer passieren die heikle Stelle vorsichtig, fast schon im Schritttempo. "Die Leute fahren sehr respektvoll", sagt Schülerlostin Eva Maria Herz. Normalerweise ist sie als Mitarbeiterin der Gemeinde Bad Heilbrunn für Gartenpflege zuständig. Bis Ende Oktober führt sie nun auch Kinder über die B 472. Immer morgens und mittags, bis der Kreisverkehr und der Fußgängertunnel an der Einmündung der Birkenallee gebaut sind, wo auch gerade der neue Supermarkt entsteht. Außer ihr arbeiten Robert Leiter, der ebenfalls bei der Kommune angestellt ist, und der ehemalige Polizist Julian Braun als Verkehrsweghelfer.

Das war so nicht geplant. Die Gemeinde wollte erst die Unterführung für Fußgänger bauen, später den Kreisel. Damit hätte die alte Röhre für Passanten unter der B 472 westlich der Birkenallee noch geöffnet bleiben können, bis der neue Tunnel fertig ist. Der Plan zerschlug sich jedoch, weil die Betonteile für die neue Unterführung erst im August geliefert werden. Die Gemeinde muss nun sofort den Kreisverkehr bauen und den alten Tunnel, der genau darunter liegt, gleich wegreißen. Damit stellte sich die Frage, wie Schulkinder während der Bauzeit sicher über die stark befahrene Bundesstraße gelangen sollen.

Die löste Bürgermeister Thomas Gründl (CSU), indem er zwei Mitarbeiter der Gemeinde zu Schülerlotsen ausbilden ließ. Außerdem rief er Julian Braun an. "Der Bürgermeister hat nur eine Telefonnummer, und das ist meine", scherzte der 79-Jährige, der bis 1998 als Polizeibeamter in Bad Tölz arbeitete und als Jugendverkehrserzieher unterwegs war. Ungeachtet dessen musste auch er eine dreistündige Schulung zum Schülerlotsen absolvieren und eine Prüfung ablegen. Das habe versicherungstechnische Gründe, sagt Braun. Die Aufgabe übernimmt er jedoch nicht halb gezwungenermaßen. "Mir sind Kinder nicht fremd. Wenn so etwas ist, bin ich gerne dabei." Allerdings sei es für ihn schon auch eine Belastung, bei jedem Wetter am Straßenrand zu stehen.

Am Morgen sind es 15 Mädchen und Jungen, die von der Siedlung südlich der Bundesstraße in die Grundschule in Bad Heilbrunn gehen. Aus der Gegenrichtung kommen 20 Kinder und Jugendliche zur Bushaltestelle, die während der Bauzeit an die Einmündung des Bierhäuslwegs verlegt ist - dorthin, wo später der Fußgängertunnel gebaut wird. Von dort fahren sie zu den Schulen nach Bad Tölz. Die drei Schülerlotsen stehen von 6.45 bis 8 Uhr am Übergang, dann wieder von 12 bis 14 Uhr.

Das Tempo ist an dieser Stelle auf 30 Stundenkilometer reduziert. Manche Autofahrer haben das Tempolimit bislang ignoriert. "Wir merken schon, dass massiv zu schnell gefahren wird", sagt Gründl. Deshalb stellt der Bürgermeister eines klar: Künftig werde es Geschwindigkeitskontrollen geben, davon solle niemand überrascht sein: "Es bleibt uns gar nichts anderes übrig." Sei dann jemand mit 60 Stundenkilometern unterwegs, "ist der Führerschein weg", sagt Andreas Mascher, geschäftsleitender Beamter im Rathaus. Außerdem will die Gemeinde prüfen lassen, ob nicht eine provisorische Druckknopf-Ampel aufgestellt werden kann. Das würde die Sicherheit erhöhen, zumal drei Schülerlotsen nicht gerade viel sind - zumal dann, wenn einer durch Urlaub oder Krankheit mal ausfällt. Auf der anderen Seite kann eine Ampel auf der B 472 rasch zu langen Staus führen. Immerhin rollen täglich mehr als 16 000 Fahrzeuge in Bad Heilbrunn über die Bundesstraße. "Wenn die Ampel nur eine Minute auf Rot steht, staut es sich sofort auf 300 Meter," sagt Mascher. "Das muss man ausprobieren."

Für Schülerlotse Robert Leiter ist die gelbgrüne Dienstjacke der Verkehrsweghelfer eine große Hilfe. "Kaum stehen wir da, wird langsam gefahren - die Weste zeigt Wirkung", sagt er. Ex-Polizist Braun zeigt sich erleichtert, dass Tempo 30 am Überweg gilt - da könne man leichter auf die Straße gehen, als wenn Autos mit 60 Stundenkilometer herangebraust kämen. Und Eva Maria Herz erzählt, dass die meisten Fahrer "sehr zuvorkommend sind, wenn ich reingehe".

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