Im Portrait:Bienvenue à Icking

Lesezeit: 4 min

Sie will, dass jeder Schüler nach seinem Talent bestmöglich gefördert wird: Astrid Barbeau, neue Schulleiterin des Gymnasiums Icking. (Foto: Hartmut Pöstges)

Astrid Barbeau übernimmt Leitung des Rainer-Maria-Rilke-Gymnasiums von Hans Härtl. In der Gemeinde gilt sie noch als Neuling - dabei lebt sie schon seit Jahren dort

Von Claudia Koestler, Icking

Nachdem Hans Härtl sechs Jahre lang die Geschicke des Rainer-Maria-Rilke-Gymnasiums geleitet hat und zum Schuljahresende in Pension ging, übernimmt nun Astrid Barbeau die Leitung. Mit Icking hat Barbeau seit Längerem eine besondere Verbundenheit. Denn die Deutsch- und Französischlehrerin lebt bereits seit 2011 mit ihrem französischen Ehemann und ihrem Sohn in der Gemeinde. Und das, obwohl Barbeau seit 2012 die Internationale Deutsche Schule in Paris leitete. "Paris ist faszinierend, Icking aber liebe ich", sagt sie. Schließlich biete die Gemeinde am Hochufer der Isar viel, neben der Landschaft auch kurze Entfernungen nach München, kulturelle Vielfalt und eine familienfreundliche Infrastruktur. Nichtsdestoweniger: Bienvenue à Icking - zumindest am Gymnasium.

"Ein bayerisches Urgewächs", so beschreibt sich Barbeau mit einem Augenzwinkern selbst. Die heute 44-Jährige wuchs in Augsburg auf, und schon früh habe sie die Frage fasziniert, wie man am besten mit Menschen kommuniziert, um ihnen etwas beizubringen. Sie gab Nachhilfestunden und trat nach dem Abitur das Studium auf Lehramt "aus Überzeugung" an, wie sie sagt, immer mit dem Fokus darauf, "wie man den Schüler ans Ziel bringt."

Barbeau studierte in Augsburg und Nantes. Ihr Referendariat absolviert sie am neusprachlichen Oskar-von-Miller-Gymnasium in München und trat im Anschluss ihre erste Planstelle im Bayerischen Wald an. Später ging es für sie nach Wertingen und nach sechsjähriger Tätigkeit im Kultusministerium wurde Barbeau schließlich stellvertretende Direktorin am Starnberger Gymnasium mit Wohnsitz in Icking, ehe sie nach Paris ging. Der Auslandsschuldienst habe sie gereizt, "weil mich der Blick über den Tellerrand hinaus immer schon interessiert hat", sagt Barbeau. Die Zeit sei "außerordentlich bereichernd" gewesen, denn in Paris zeigte sich, wie vielfältig Bildung sein kann. Zum Beispiel, weil die Heterogenität der Sprachen gerade an dieser Schule eine große Rolle spielt. "In den Klassen sitzen neben den Ortsansässigen viele Kinder von Diplomaten und Firmenangehörigen, die zuvor schon in der ganzen Welt waren, die einen in Singapur, die anderen in Shanghai, Moskau oder Washington", erklärt Barbeau. Ein solcher Klassenverbund spiegle als Mikrokosmos wider, wie international und heterogen die Gesellschaft inzwischen sei und immer mehr werde. Lernziele und Methoden müssten folglich den Bedürfnissen von Schülern, die in einer solch globalen Gesellschaft ihren Platz finden müssen, angepasst werden. Genauso könne das Lernen aber auch profitieren von der Vielfalt, die Kinder bereits mitbringen. Grundsätzlich werde sich das Thema einer heterogenen Gesellschaft nach Ansicht von Barbeau auch hierzulande verstärken, nicht nur hinsichtlich der derzeitigen Flüchtlingsproblematik, und neue Herausforderungen auch für Schulen mit sich bringen. "Da tun wir alle gut daran, uns damit auseinanderzusetzen", betont die Schulleiterin. Ihren eigenen beruflichen Horizont habe die Zeit in Paris jedenfalls "enorm erweitert", sagt sie. Und sie habe zu schätzen gelernt, welche Vielfalt das deutsche, insbesondere das bayerische Schulsystem biete, zum Beispiel durchaus später als nach der vierten Klasse noch auf weiterführende Schulen wechseln zu können.

Unabhängig davon sei es aber stets eine große Herausforderung der Pädagogik, wie man Wissen vermitteln könne. Ein besonderes Anliegen ist der Pädagogin dabei, Authentizität in den Unterricht zu bringen, sprich: Sich im Unterricht nicht nur theoretisch mit Fragen, Fakten, Sprachen und Kulturen auseinanderzusetzen, sondern mit modernen Mitteln Wissen lebendig und zeitgemäß zu vermitteln. "Gerade das Internet bietet hier die Möglichkeit, beispielsweise eher technikaffinen jungen Menschen auch den Spaß am Lernen von Sprachen zu vermitteln", sagt Barbeau. Mit großer Freude habe sie bereits gesehen, dass das Ickinger Gymnasium hierfür hervorragend ausgestattet ist.

Vor ihrer eigenen neuen Herausforderung, der Leitung eines 900-Schüler-Gymnasiums mit einem Lehrerkollegium von rund 80 Pädagogen, habe sie durchaus Respekt, sagt Barbeau. Sie sieht der Aufgabe aber auch mit großer Freude entgegen: "Man hat als Lehrer auch die Verantwortung über die Lebenschancen der Schüler, und ich werde mich mit ganzer Kraft einbringen, dass jeder Schüler nach seinem Talent bestmöglich befähigt wird, seine Lebenschancen zu nutzen", verspricht sie. Wichtig sei dazu, die Schulgemeinschaft zu einen, "also unsere Ziele, die des Schülers, der Eltern und der Lehrer, umzusetzen, nicht nur meine".

Auch wenn sie selbst Neusprachlerin ist: Barbeau hegt großes Interesse an der Förderung der Naturwissenschaften als Schlüsselqualifikationen. "Sprachen sind ein Türöffner, reichen aber nicht alleine aus", erklärt sie. Genauso wichtig ist es ihr aber auch, den humanistischen Zweig zu stützen, "zum einen, weil durch die Vergangenheit die Gegenwart erst begreifbar wird, zum anderen, weil es der Schlüssel für ein vertieftes Allgemeinwissen ist", so die Schulleiterin. Ob unter ihrer Ägide allerdings ein bestimmter Ton oder Stil im Haus einziehen wird, das werden andere zu einem späteren Zeitpunkt benennen müssen. "Es wäre vermessen, mich da jetzt irgendwie anzupreisen", sagt Barbeau. Ziel ihrer Arbeit sei aber stets das Miteinander von Schülern, Eltern und Lehrern, und sie tendiere grundsätzlich zu einem eher partizipativen Stil, erklärt sie.

Auch wenn sie mit ihrem Esprit und Begeisterung für den Beruf für frischen Wind in Icking sorgen wird, eine besondere Frankophilie will sie dem Gymnasium außerhalb des Unterrichts nicht aufdrängen. Also kein Anstrich in bleu, blanc et rouge und keine Extrarationen Pain au chocolat oder Café au lait in der Mensa: "Ich lebe die deutsch-französische Verständigung ja quasi täglich zu Hause, das reicht", lacht sie. Allerdings hat sie bereits jetzt einen charmanten Weg gefunden, die Schulgemeinschaft kennenzulernen: Beim Spendenlauf des Ickinger Gymnasiums kurz vor den Sommerferien ging sie zu Fuß mit und führte an den Stationen Gespräche mit Schülern, Eltern und Lehrerkollegen. "Das waren bereits ausgesprochen nette Begegnungen", freut sich Barbeau.

Noch steht das genaue Datum ihrer Amtseinführung nicht fest. Geplant ist aber, dass der offizielle Akt in Anwesenheit des Ministerialbeauftragten, des Landrats, der Bürgermeisterin und der benachbarten Schulleiter vor den Herbstferien stattfinden wird.

© SZ vom 18.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: