Iffeldorf:Bach - springlebendig

Iffeldorf: Andrea Fessmann (rechts) und ihr Chor "Klangkunst im Pfaffenwinkel" arbeiten seit Wochen auf die Iffeldorfer Uraufführung im Januar hin.

Andrea Fessmann (rechts) und ihr Chor "Klangkunst im Pfaffenwinkel" arbeiten seit Wochen auf die Iffeldorfer Uraufführung im Januar hin.

(Foto: Harmut Pöstges)

Es fetzt, es groovt und ist mehr als 280 Jahre alt: Andrea Fessmann und der Komponist Stephan König bringen das "Weihnachtsoratorium in Jazz" auf die Bühne

Von Reinhard Szyszka, Iffeldorf

Wer in den Wochen vor Weihnachten an einem Dienstagabend durch Iffeldorf spaziert ist, konnte Chorklänge hören: "Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage!" Ja, klar, da probt ein Chor das "Weihnachtsoratorium" von Bach, so wie es viele Chöre landauf, landab in dieser Jahreszeit tun. Aber dann, urplötzlich: rockig-fetzige Rhythmen, freche Jazzharmonien und ein grooviger Sound. Und dennoch: Durch alle Verfremdungen hindurch tönt klar und unverkennbar Bachs Musik. Kein Zweifel, was hier geprobt wird, ist nicht das allbekannte Weihnachtsoratorium, sondern etwas Neues, Eigenes, was es in dieser Form nur in Iffeldorf gibt.

"Alles begann schon vor langer Zeit mit einem Traum", erklärt Andrea Fessmann, die umtriebige Iffeldorfer Chorleiterin. Mit ihrem Chor, der den Namen KlangKunst im Pfaffenwinkel trägt, hatte sie schon wiederholt das Weihnachtsoratorium einstudiert, zuletzt 2011, und ihr Traum war es, dieses Werk einmal anders aufzuführen, in einer Jazz-Version. "Aus dem Traum wurde die Idee, aus der Idee reifte der Entschluss, und dazu gesellte sich das Glück, die richtigen Musiker dafür zu finden", so Fessmann.

Die richtigen Musiker: Damit ist in erster Linie der Leipziger Pianist und Komponist Stephan König gemeint, der in der Klassik ebenso zu Hause ist wie im Jazz. In der Reihe der "Iffeldorfer Meisterkonzerte", die seit 2012 von Fessmann organisiert wird, ist König schon mehrfach mit Jazz-Adaptionen klassischer Werke aufgetreten. Ganz klar, König war der richtige Mann - und von der Idee begeistert.

Klassik und Jazz gehören für König zusammen. In seiner bisherigen Laufbahn hat er nicht nur Bach verjazzt, sondern auch Romantiker wie Mendelssohn, Schumann, Chopin und Mussorgski; selbst vor Richard Wagner hat er nicht Halt gemacht. Doch während er die Romantiker als Kinder ihrer Zeit einstuft, ist die Musik Bachs für ihn zeitlos, heute wie damals modern. Hinzu kommt, dass Bach ein großer Improvisator war, und Improvisation findet man heute fast nur noch im Jazz. "Wenn Bach heute leben würde, wäre er dem Jazz gewiss nicht abgeneigt", meint König. Und so wird beim "Weihnachtsoratorium in Jazz" neben der auskomponierten Musik auch die Improvisation nicht zu kurz kommen.

Wenn das verjazzte Oratorium Anfang Januar in Iffeldorf uraufgeführt wird, spielt ein klassisches Orchester neben einer Jazzband, und klassisch geschulte Gesangssolisten für Sopran und Tenor singen neben einer Altistin und einem Bass, die aus dem Jazz-Bereich kommen. Für König ergab sich aus dieser Aufteilung zwischen Klassik und Jazz die mühevolle Arbeit, die gesamte Partitur neu zu schreiben; schließlich muss jeder Musiker wissen, wann er dran ist. Allerdings hat König nicht das gesamte fast dreistündige Originalwerk bearbeitet, sondern eine Auswahl, die er gemeinsam mit Andrea Fessmann und dem Tenor Martin Petzold, der den Evangelisten singen wird, getroffen hat. Entscheidend bei dieser Auswahl war, die Geschichte schlüssig zu erzählen und alle "Hits" des Oratoriums, auf die der Hörer wartet, auch zu bringen.

Was hätte Bach zu dieser Jazz-Fassung gesagt? Wir wissen es nicht. Allerdings wissen wir auch nicht, mit welchen "seriösen" Interpretationen seiner Werke Bach einverstanden wäre, und wo er sich mit Grausen abwenden würde. Daher muss sich jeder Hörer selbst ein Urteil bilden. Den Musikern jedenfalls, ob Instrumentalisten, Gesangssolisten oder Chorsänger, macht die Arbeit am "Weihnachtsoratorium in Jazz" einen Riesenspaß, und sie freuen sich heute schon darauf, ihre Neufassung dem Publikum zu präsentieren.

Gemeindezentrum Iffeldorf, Samstag, 9. Januar, 19 Uhr, Sonntag, 10. Januar, 11 Uhr; Einführungsvortrag jeweils eine Stunde vor Konzertbeginn; Karten zu 27 und 22 Euro in der Buchhandlung Rolles Penzberg, über München Ticket, unter www.klangkunst-im-pfaffenwinkel.de

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