Superschnelles Internet:"Unangemessene Investition"

700 für Icking

Beim Spatenstich für den Ickinger Glasfaserausbau im Oktober 2016 war noch eitel Sonnenschein. Inzwischen erhebt die SPD Vorwürfe gegen das "Luxusprojekt".

(Foto: Hartmut Pöstges)

Die Ickinger SPD kritisiert den 6,6 Millionen Euro teuren Bau eines gemeindeeigenen Glasfasernetzes in allen Ortsteilen. Wichtigere Sozialprojekte blieben auf der Strecke.

Von Claudia Koestler

Rund 6,6 Millionen Euro will die Gemeinde Icking investieren, um ein eigenes Glasfasernetz bis in jeden Ortsteil und in jedes einzelne Gebäude zu bauen und den Bürgern somit schnelles und zukunftssicheres Internet zu ermöglichen. Doch nicht allen schmecken die Kosten für das überregionale Vorzeigeprojekt. Bereits im Dezember hatte die SPD in ihrem Magazin "Ickinger Schaukasten" die Kostenentwicklung von einst 3,8 Millionen Euro auf 6,6, Millionen Euro scharf kritisiert.

Nun legen die Genossen nach: In einem offenen Brief an Margit Menrad (UBI) fordern sie die Ickinger Bürgermeisterin auf, Möglichkeiten zu prüfen, wie der "Kostenexplosion Einhalt zu gebieten" sei. Das Projekt sei "gegebenenfalls auch auf eine angemessene Dimension zurückzufahren". Die SPD befürchtet nämlich obendrein, dass es nicht bei den 6,6, Millionen Euro bleiben könnte. Anfallende Sach- und Personalkosten sowie Finanzierungskosten, die im Zusammenhang mit der Installation und dem Betrieb des Netzes entstehen, seien bislang nicht ausgewiesen. Nach ihrer Schätzung kommen die Sozialdemokraten für diese Aufwendungen auf einen Betrag von weiteren zwei Millionen Euro: "Wir nähern uns also langsam aber sicher der zehn Millionen-Grenze."

Ein weiterer Grund für die Forderung der SPD ist, dass aufgrund der hohen Investitionssumme andere, sozialorientierte Projekte "vorläufig auf der Strecke bleiben" könnten, wie die Partei befürchtet. Max Pick, Julian Chucholowski und Gerhard Jakobi nennen als Beispiel die Sanierung der Volksschul-Turnhalle. Darüber hinaus führen sie die Verkehrssicherheit an der B 11-Ortsdurchfahrt und die gemeindliche Unterstützung des sozial verträglichen Mietwohnungsbaus an.

Für Rückfragen zu den aktuellen Vorwürfen war Bürgermeisterin Menrad am Donnerstag nicht zu erreichen. Ob und in welcher Form sie zu dem offenen Brief der SPD Stellung beziehen wird, ist noch unklar. Nach Veröffentlichung der jüngsten Ausgabe des "Ickinger Schaukastens" aber hatte sie in der darauffolgenden Gemeinderatssitzung die Kostensteigerungen bereits erklärt. Die Machbarkeitsstudie mit der Angabe von 3,8 Millionen Euro habe sich noch auf Ickings Hauptorte bezogen. Inzwischen aber habe sich der Gemeinderat entschlossen, alle Orte der Gemeinde mit anzuschließen. Der Pachtzins, den Icking später erhalte, refinanziere jedoch das gemeindeeigene Netz. Ende Juli 2016 sei "jedem in der Gemeindeverwaltung klar gewesen", dass die tatsächlichen Baukosten brutto 6,6 Millionen Euro betragen würden. Seit dem Spatenstich rechne die Gemeinde noch immer mit dieser Summe. Da die Kommune vorsteuerabzugsberechtigt sei, lägen die Kosten nach Steuern bei rund 5,5 Millionen netto, erklärte sie. Der Breitbandausbau mit eigenem Netz diene der kommunalen Daseinsvorsorge, sei aber auch im Sinne der Rekommunalisierung. So werde ein eigenes Netz gebaut und nicht mit Steuergeldern das Netz einer Firma bezuschusst. Obendrein könnten durch den dadurch möglichen Glasfaseranschluss bis ans Haus statt nur an die Kabelverzweiger Geschwindigkeiten von bis zu 200 MBit pro Sekunde erreicht werden, mit Ausbaureserve sogar bis zu 400.

Doch für die SPD sind solcherlei Übertragungsgeschwindigkeiten nur "Luxus" und keine Daseinsvorsorge. Statt mit den derzeit möglichen 16 MBit mit 200 MBit pro Sekunde Daten zu übermitteln sei "keine Frage der Sicherung einer menschenwürdigen Existenz" - und die nennt den Ickinger Sozialdemokraten zufolge das Bundes-Verfassungsgericht als Definition einer kommunalen Daseinsvorsorge. Es handle sich somit in ihren Augen "um eine völlig unangemessene Investition".

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