Icking:Tummelplatz für Huchen und Nase

Icking: Zahlreiche Vertreter der beteiligten Behörden und Kommunen besichtigen den neuen, vom heftigen Regen getrübten Auenbach.

Zahlreiche Vertreter der beteiligten Behörden und Kommunen besichtigen den neuen, vom heftigen Regen getrübten Auenbach.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Im neu angelegten Auenbach, der einen Seitenarm der Isar simuliert, sollen sich seltene Fischarten und zahlreiche andere Tiere und Pflanzen wohlfühlen. Er ist eine Ausgleichsmaßnahme der Uniper Kraftwerke GmbH.

Von Konstantin Kaip, Icking

Durch die Isarauen am Ickinger Wehr fließt seit wenigen Tagen ein neuer Bach: Auf einer Länge von 1,4 Kilometern soll er künftig den Auwald besser bewässern, zahlreichen Tieren und Pflanzen neue Lebensräume, sowie Rückzugsräume für seltene Fischarten bieten. Der Auenbach, der in zehnmonatiger Arbeit angelegt wurde, ist eine Ausgleichsmaßnahme für die erhöhte Ausleitung von Isarwasser am Ickinger Wehr in den Mühltalkanal. Dort fließen nun 90 statt früher 80 Kubikmeter Wasser pro Sekunde in die Turbinen. Die Betreiber des Kraftwerks haben den neuen Auenbach am Dienstagvormittag mit zahlreichen Gästen der am Projekt beteiligten Kommunen und Behörden feierlich freigegeben.

Der Bach ist ein Ausgleich für die erhöhte Wassermenge am Kraftwerk

Johannes Durner, Leiter der Kraftwerksgruppe Isar bei der Eon-Tochter Uniper Kraftwerke GmbH, drehte als erster an der Kurbel zum neuen Einlass, die sich etwa 150 Meter oberhalb des Wehrs am linken Isarufer befindet. Schon zuvor hatten die Kraftwerkbetreiber die Luke leicht geöffnet, um das Bachbett zu füllen und den Gästen so den neuen Bach präsentieren zu können. Beim offiziellen "Wasser Marsch"-Termin öffnete Durner die Schleuse ganz und ließ so vier Kubikmeter Wasser pro Sekunde von der Isar in den neuen Bachlauf fließen. Im Durchschnitt sollen künftig zwei Kubikmeter pro Sekunde in den Auenbach abgeleitet werden. Durner bedankte sich für die "sehr schöne Zusammenarbeit" mit den Behörden. Gemeinsam sei es gelungen, das ökologische Projekt in relativ kurzer Zeit umzusetzen und zu planen.

Durner dankte explizit den Vertretern des Wasserwirtschaftsamts Weilheim, das den Anstoß für den Bach als Ausgleichsmaßnahme gegeben habe. Ursprünglich wollten die Kraftwerkbetreiber nämlich ein zusätzliches Ausleitungskraftwerk mit Turbine am Ickinger Wehr errichten. Das aber wurde nicht genehmigt. Die nun stattdessen bewilligte Erhöhung der Wassermenge im Mühltalkanal von 80 auf 90 Kubikmeter pro Sekunde bedeute eine "ähnliche Energieausbeute für uns", sagte Durner. Bisher erzeugt das Kraftwerk Mühltal im Schnitt zirka 75 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr - genug, um etwa 24 000 Haushalte zu versorgen. Weil sich die Menge an regenerativ erzeugtem Strom nun erhöht, sprachen Durner und seine Kollegen von einem "doppelten Nutzen für die Umwelt".

Der Auenbach soll seinen Verlauf noch ändern können

Auch wenn wirtschaftliche Erwägungen der technischen Auslastung des Mühltalkraftwerks zugrunde liegen, ist ihr nun der neue Bach zu verdanken. Der mäandert durch den Auwald, bis er zirka 900 Meter unterhalb des Wehrs wieder in die Isar mündet. Wie Projektleiterin Uta Mentz bei einem kleinen Rundgang zeigte, haben die Wasserbau-Ingenieure vorhandene Geländemulden genutzt und das Bachbett nur grob vorgegeben: Lediglich am Einlass und an drei Wegdurchlässen musste es mit Beton, Stahl und Rohren stabilisiert werden. Ansonsten sei das Ufer naturnah angelegt und "bewusst so konzipiert, dass der Bach den Verlauf noch ändern kann", sagte Durner. Schon am Dienstag konnten die etwa 20 Gäste aus Behörden und Kommunen beobachten, wie sich am steilen Ufer des schmal gehaltenen Bachbetts erste Erosionen bemerkbar machten. Sie zeigten sich durchwegs begeistert von dem neuen Bach, seinem verschlungenen Verlauf und seinen verschiedenen Zonen, in denen sich schmale Stellen mit hoher Fließgeschwindigkeit mit ruhigeren, von Totholz durchzogenen Arealen abwechseln. Sie freue sich auf neue Arten, die sich in den neu entstandenen Lebensräumen ansiedeln, sagte etwa Revierförsterin Silvia Backhaus vom Forstbetrieb München.

"Wir sehen das sehr positiv", sagte auch Ulrich Wunner von der Fischereifachberatung des Bezirks Oberbayern über das Projekt. Seitengewässer seien in den Isarauen leider sehr selten geworden. Dabei sei die "laterale Vernetzung" der Lebensräume in Flusslandschaften sehr wichtig. Gerade die Brut selten gewordener Fischarten wie Nase, Huchen und Äsche bräuchten diese Seitengewässer mit ihren unterschiedlichen Zonen. Ein Pilotprojekt an der Donau zwischen Neuburg und Ingolstadt habe gezeigt, dass die Fische solche Bäche gut annehmen, sagte Wunner. Hoffnung für die Bestände gebe es nun auch im Ickinger Auwald. "Wir werden das beobachten und mit einem Monitoring begleiten."

Laut den Kraftwerk-Betreibern dient der Bach in erster Linie dazu, den Auwald zu erschließen und zu bewässern. Die bestehende Fischaufstiegsanlage am Wehr bleibt weiterhin funktionstüchtig. Laut Mentz ermöglicht der neue Bach mit einer Tiefe von zirka 75 Zentimetern Fischen jedoch das freie Ein- und Auswandern. Beim im November begonnenen Bau des Bachs seien insgesamt 7750 Kubikmeter Aushub bewegt worden, berichtete Mentz. Davon seien 4000 Kubikmeter Kies wieder in die Isar eingebracht worden - als so genannte Geschiebezugabe, um die Sohle abwärts des Wehrs zu schützen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: