Icking:SPD wünscht sich Aufarbeitung

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Genossen fordern Umbenennung des "Wenzberg"

Von Claudia Koestler, Icking

"Die Geschichte Ickings zwischen den 1920er- und 1940er-Jahren muss professionell aufgearbeitet werden." Das forderte Gemeinderat Christian Mielich am Mittwoch bei der Jahresversammlung der SPD Icking. Denn den Genossen zufolge war manchen Ickingern bereits seit 2006, als die Isartalgemeinde zur 1200-Jahr-Feier eine Ortschronik vorlegte, bekannt, dass die Familie Wenz politisch brisante Verbindungen zur NS-Herrschaft hegte. Doch bis jüngst ein Kunstausstellungskatalog die Rollen der Eheleute Else Wenz-Viëtor und Paul Wenz in der Nazi-Zeit öffentlich machte, war die Gemeinde in der Sache nicht tätig geworden. "Sehr eigenartig, dass keiner den Mund aufgemacht hat", echauffierte sich deshalb der SPD-Vorsitzende Maximilian Pick.

Im konkreten Fall des Wenzbergs und seines Namenspatrons wird die SPD nun selbst aktiv und verschickt Post an alle Gemeinderäte Ickings: Der Ortsverein hatte im Rahmen der Jahresversammlung mehrheitlich beschlossen, allen Gremiumsmitgliedern eine Dokumentation über die Familie Wenz zukommen zu lassen, möglichst zeitnah und vor dem 2. Februar. Für dieses Datum ist eine Sondersitzung angesetzt, in der die Ickinger Gemeinderäte über die Beibehaltung oder Umbenennung des Straßennamens Wenzberg beraten werden.

Der Architekt Paul Wenz, nach dem in Icking seit 1956 diese zentrale Straße benannt ist, war an der NS-Herrschaft beteiligt. Mit Informationen von Peter Schweiger (PWG), Zweiter Bürgermeister Ickings und Gemeindearchivar, sowie mithilfe der Recherchen von Karin Teufl, Kuratorin im Garmischer Museum Aschenbrenner, hat SPD-Mitglied Christoph Kessler die Dokumentation verfasst, die nun den Gemeinderäten zugänglich gemacht werden soll.

Die Ickinger SPD selbst bekennt sich klar und unmissverständlich zur Forderung, den Wenzberg umzubenennen. Das unterstrichen die Mitglieder am Mittwoch mit einem einstimmigen Votum. Doch ob bereits Kesslers Dokumentation und die Fakten, die Archivar Schweiger in der Sondersitzung auf den Tisch legen wird, ausreichten, den gesamten Gemeinderat zu überzeugen, oder ob es zusätzlich ein unabhängiges Gutachten brauche, darüber gingen die Meinungen auseinander. Mielich geht derzeit zwar nicht davon aus "dass sich ein Gemeinderat dieser Peinlichkeit aussetzen werde", weiterhin für den Namen Wenzberg zu votieren - "auch wenn man es hinten herum anders hört", fügte er an. Dennoch plädierte Julian Chucholowski für ein zusätzliches, unabhängiges Gutachten, das die Verstrickungen der Familie Wenz mit dem Unrechtsregime aufarbeitet. "Dann hat man einen anderen Stand." Auch Alfred von Hofacker wollte nicht alleine aufgrund der Ämter, die Paul Wenz und seine Frau inne hatten, verurteilen: "Ämter bekleideten damals viele." Pick aber widersprach. Auch Mielich wollte durch ein Gutachten nichts verzögern und "niemandem ein Hintertürchen namens Gutachten geben".

Gerhard Jakobi wollte zudem eine Anfrage an die Gemeinde stellen, inwieweit der Zugang zum Archiv für Ickinger Bürger gewährleistet ist. Kessler hatte nämlich zuvor kritisiert, dass die Gemeinde bis zur Sondersitzung eine Informationssperre zum Thema verhängt habe. Zwar stimmten die Anwesenden unisono für die Anfrage, doch werden die Genossen sie erst nach der Sondersitzung am Donnerstag, 2. Februar, stellen.

© SZ vom 27.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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