Icking:Ickinger Grundwasser in Gefahr

Aus der 1976 verschütteten Deponie, auf der außer Hausmüll auch Bauschutt und Teer entsorgt wurden, dringen Giftstoffe in den Boden. Umfang und Dauer der Sanierung sind noch nicht absehbar

Von Claudia Koestler, Icking

Die ehemalige Ickinger Müllkippe muss saniert werden, um zu verhindern, dass Giftstoffe weiter in den Boden und möglicherweise auch ins Grundwasser dringen. "Der Gefahrenverdacht einer schädlichen Verunreinigung hat sich bestätigt", erklärt Bürgermeisterin Margit Menrad (UBI). Und damit ist auch die Sorge begründet, dass von der ehemaligen Deponie am Gregoriweg Giftstoffe in die Umwelt gelangen könnten. Bei Probebohrungen wurden Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW), polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), polychlorierte Biphenyle (PCB), Blei, Zink, Barium und Zinn gefunden. Stoffe, die teilweise im Verdacht stehen, krebserregend zu sein.

Auf einer Fläche nordöstlich der Mittenwalder Straße, am heute bei Spaziergängern beliebten Gregoriweg, wurde in den Fünfziger- bis Siebzigerjahren eine natürliche Erosionsrinne im Talhang zur Isar als Mülldeponie genutzt: zur Entsorgung von Hausmüll, aber auch von Sperrmüll, Bauschutt und Teer.

2008 wurde erstmals erkundet, ob es auf dem Areal Altlasten geben könnte, weitere Untersuchungen wurden notwendig. 2010 bestätigte sich erstmals der Verdacht auf Altlasten, Bohrungen wiesen teils hohe Belastungen mit Mineralölkohlenwasserstoffen, PAK und PCB auf, vor allem aber mit Barium, einem Metall, das oft in Verbindung mit anderen Chemikalien vorkommt wie Schwefel, Kohlenstoff oder Sauerstoff. Daraufhin musste in Detailuntersuchungen geprüft werden, welche Wirkung die Stoffe in ihren Mengen auf Boden, Nutzpflanzen und Gewässer haben. Es wurden Dazu wurden Überschreitungen des Prüfwerts nachgewiesen - sowohl in den Bodenproben als auch an den Sickerwasser-Messstellen und an den Sickerwasser-Austritten. "Es besteht also Handlungsbedarf", sagt Menrad.

Icking: Die Idylle trügt: Hier befand sich die Mülldeponie. Mit der Frage, was gegen die Altlasten zu tun ist, muss sich die Gemeinde auseinandersetzen.

Die Idylle trügt: Hier befand sich die Mülldeponie. Mit der Frage, was gegen die Altlasten zu tun ist, muss sich die Gemeinde auseinandersetzen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Obendrein sei festgestellt worden, so die Bürgermeisterin, dass die Überdeckung in Teilen nicht ausreiche. Jetzt muss festgestellt werden, welche Möglichkeiten der Sanierung es gibt, in welchem Umfang diese nötig werden und in welchen Teilbereichen eine weitere Oberflächenabdichtung erforderlich ist. Vor allem muss verhindert werden, dass Wasser, das aus der Deponie sickert, ins Grundwasser gelangt und so weitere Gebiete verunreinigen könnte. Nach Angaben von Menrad hätten Sachverständige empfohlen, zunächst das Sickerwasser im Deponiekörper zu sichern. Damit künftig über das Grundwasser wie über die Niederschläge möglichst wenig Giftstoffe aus der Deponie gespült werden können, werde nun nach Lösungen gesucht, diesen Zustrom an Wasser zu minimieren. Das bis dahin austretende Wasser soll so lange gesammelt und gereinigt werden, bis die Sanierung greife.

Die Müllgrube existierte nach Angaben der Bürgermeisterin etwa von 1950 an. Ein Vertrag mit den Eigentümern des Geländes datiert zwar von Dezember 1965, "allerdings wurde der Platz schon vorher als Müllablagerungsplatz genutzt", sagt Menrad. Im Oktober 1976 wurde die Halde zugeschüttet.

Weil aber die Sanierung unabdinglich ist, haben die Gemeinderäte nun ihrerseits gehandelt. Sie stimmten einem Vertrag mit der Gesellschaft für Altlastensanierung in Bayern (GAB) zu. Die GAB wird ein Konzept für die erforderlichen Maßnahmen erstellen. Die Gemeinde Icking muss für die Kosten der folgenden Sanierung allerdings nicht aufkommen. Weil die Kommune für die Untersuchungen bereits rund 16 500 Euro ausgegeben hat, ist der Anteil, den eine Gemeinde in einem solchen Fall zu tragen hat, überschritten. Die nun anfallenden Kosten übernimmt der Altlastenfonds.

Diese Giftstoffe wurden gefDie in Icking gefundenen Stoffe in Stichwortenunden

Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) entstehen als Nebenprodukte bei der unvollständigen Verbrennung von organischem Material wie Holz, Kohle oder Erdöl sowie beim starken Erhitzen dieser Materialien unter Luftausschluss. PAK sind auch in Raffinerie- und Kokerei-Produkten enthalten. Chemisch gesehen sind PAK eine vielfältige Stoffgruppe aromatischer Verbindungen, die aus zwei bis sieben Kohlenwasserstoffringen aufgebaut sind. PAK lösen sich gut in Fetten, binden an Partikel und reichern sich in Organismen und in der Umwelt an, wo sie lange stabil bleiben. Nach Angaben des Umweltbundesamts gelten viele PAK als krebserregend, erbgutverändernd und/oder fortpflanzungsgefährdend.

Polychlorierte Biphenyle (PCB) sind chlorierte Kohlenwasserstoffe, die in der Natur nicht vorkommen. Weil sie technisch sehr positive Stoffeigenschaften haben, zum Beispiel alterungsbeständig sind und nicht brennbar, nicht korrodieren, wenig wasserlöslich und gut fettlöslich sind, wurden sie in der Vergangenheit oft und vielfältig eingesetzt. PCB kamen als Isolierungen in Innenräumen zum Einsatz, bei flammenhemmenden Anstrichen, als Weichmacher in Plastik und Ummantelungen oder als Isolierflüssigkeit in Transformatoren, Haushaltsgerätemotoren, Büromaschinen und Heizungspumpen. PCB sind nur schwer abbaubar und bleiben lange in der Umwelt stabil. Jüngst sind die dioxinähnlichen PCB jedoch besonders ins Blickfeld geraten, denn sie sind eingestuft als möglicherweise krebserregend.

Barium ist ein Metall, das in der Natur nicht elementar vorkommt. Pflanzen nehmen Barium aus dem Boden auf und reichern es an, auch in menschlichem Gewebe kommt es vor. Elementares Barium wurde als Gettermaterial in Vakuumröhren verwendet, etwa von Fernsehern oder Sonnenkollektoren. Alle wasser- oder säurelöslichen Bariumverbindungen gelten nach Angaben des Umweltbundesamts als giftig. Abgelagert wird Barium in der Muskulatur, den Lungen und den Knochen, in die es ähnlich wie Calcium aufgenommen wird. Höhere Dosen können zu Herz-/Kreislaufproblemen und Muskelschwäche bis hin zu -lähmung führen durch Beeinträchtigung des Zentralen Nervensystems. (Quellen: Umweltbundesamt und www.chemie.de) cjk

Bis wann die Möglichkeiten eruiert sind, wie die ehemalige Halde saniert werden kann oder wann die Arbeiten zur Sicherung der Deponie gar abgeschlossen sein werden, ist laut Bürgermeisterin Menrad noch nicht absehbar.

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