Icking:Heile Welt

Dahoam is Dahoam

Heidrun Gärtner (rechts) spielt in der TV-Serie "Dahoam is Dahoam" an der Seite von Wilhelm Manske, Ursula Erber und Brigitte Walbrun (von links).

(Foto: privat)

In Icking verwurzelt: "Dahoam is Dahoam"-Darstellerin Heidrun Gärtner

Von Sabine Näher, Icking

Wie sehr sich die Zuschauer mit den Darstellern aus "Dahoam is Dahoam" (DiD) identifizieren, findet Heidrun Gärtner beeindruckend, manchmal sogar "fast schon ein bisschen beängstigend". In der BR-Serie spielt die Ickingerin die nach Bayern heimgekehrte Gastwirtstochter Annalena. Kürzlich erst war auf dem Produktionsgelände in Dachau wieder einmal "Tag der offenen Tür", und Tausende kamen, um die Drehorte und Schauspieler live zu erleben. Diese werden dann regelrecht belagert. Die meisten der Fans seien nett und freundlich, meint Gärtner. Allerdings könnten viele den Drang nicht unterdrücken, sie anzufassen, wie um sich zu vergewissern, dass sie real ist, diese Serienfigur. Damit komme sie klar, sagt Gärtner: "Wir sind für die Zuschauer eben so etwas wie gute Bekannte." Das schaue sich die Familie beim Abendbrot an, die Oma mit dem Enkel. "Lansing ist ein ideales Dorf, das es so natürlich nicht gibt. Wir befriedigen damit die Sehnsucht nach der heilen Welt, obwohl wir durchaus auch schwierige Themen wie die Flüchtlingswelle aufgreifen. Aber fast alle Vorabendserien sind heute ja Krimis. Bei uns braucht man Mord und Totschlag nicht zu befürchten."

Ihre kleine, heile Welt hat die Schauspielerin in Icking gefunden. Der Liebe wegen zog sie vor zwölf Jahren aus Berlin ins bayerische Oberland. Ein kleiner Kulturschock, aber mittlerweile fühle sie sich "total angekommen". Etliche Jahre hat sie im Ickinger Vokalensemble mitgesungen, sie animiert Menschen aus ihrem Umfeld zum gemeinsamen Yogatraining und ist Schirmherrin der Geretsrieder-Wolfratshauser Tafel. Seit elf Jahren ist sie zudem Mutter eines Sohnes und seit 2007 eine der tragenden Figuren der Serie, von der wöchentlich vier Folgen ausgestrahlt werden.

Als DiD startete, war der Sohn gerade im Kindergarten und seine Mutter maximal bei den Dreharbeiten eingespannt: "Ich dachte, am besten schlage ich ein Feldbett am Set auf; nach Hause gehen lohnt gar nicht." Ohne die Unterstützung ihres Mannes, des Schauspielers Daniel Friedrich, wäre der Spagat zwischen Erfolgsserie und Familienleben nicht denkbar. Und wenn beide Eltern berufsbedingt abwesend sein müssen, kommt der Freundeskreis zum Einsatz. Die Frage, was für sie persönlich "dahoam" bedeute, beantwortet Gärtner ohne einen Moment nachzudenken: "Dahoam ist da, wo meine Familie ist. Egal, wo wir sind! In zweiter Linie wird es durch die Freunde bestimmt. Und für mich zählt auch die wunderbare bayrische Landschaft dazu, mit der ich mittlerweile doch sehr verwurzelt bin." Und so ist der Serienstar in der knappen Freizeit mit Mann und Sohn bevorzugt in dieser anzutreffen, an der Isar oder in den Bergen, beim Wandern oder Skifahren.

Fast wie eine zweite Familie empfindet die Fünfzigjährige die Kollegen von DiD: "Man wächst schon sehr zusammen." Dass sie es mit immer wieder wechselnden Regisseuren und gut 30 verschiedenen Drehbuchautoren zu tun hat, macht Gärtner nichts aus: Normalerweise müsse sie sich als Schauspieler in das System des Regisseurs einklinken. Hier sei es umgekehrt: "Die Regisseure kommen und gehen; wir bleiben. Das heißt: Sie müssen sich mit uns arrangieren." Bei den vielen Büchern müsse man einfach mit verschiedener Qualität rechnen. Wenn es mal ein schwächeres gebe, gelte "Augen zu und durch". Anfangs habe sie noch versucht, dramaturgisch tätig zu werden und auf Unstimmigkeiten hinzuweisen - "aber davon habe ich mich verabschiedet. Ich nehme, was ich kriege". Denn es herrscht Zeitdruck, wie bei allen Daily-Soap-Produktionen. Den Luxus, Varianten auszuprobieren, könne man sich nicht leisten. "Das funktioniert nur mit eiserner Vorbereitung. Wir bekommen die Bücher vier bis fünf Wochen vor Drehbeginn."

Ursprünglich wollte die Schauspielerin Journalistin werden und in München Politik, Theaterwissenschaften und Germanistik studieren. Zwar hatte sie mit Begeisterung im Schultheater mitgewirkt, aber der Gedanke, daraus einen Beruf zu machen, war ihr noch nicht gekommen. Erst ein theaterwissenschaftlicher Workshop brachte sie auf die Idee, einfach mal eine Aufnahmeprüfung abzulegen. In Graz wurde sie genommen und beendete das Studium mit dem Magisterexamen. Es folgten Engagements in Ulm und Kaiserslautern. "Das volle Programm: Mitunter zwei Vorstellungen und Probe an einem Tag." Dann kam der Einstieg in die erste Fernsehserie und der Umzug nach Berlin.

Sehnsucht nach der Bühne hat Gärtner derzeit nicht. Sie fühle sich wohl mit der Fernseharbeit, sagt sie. Einen historischen Film mit prächtigen Kostümen, opulent ausgestattet, würde sie gerne einmal drehen. Und in einer großen Produktion wieder mal etwas mehr Zeit am Set haben, um Dinge auszuprobieren und am Feinschliff zu arbeiten. Eine neue Tätigkeit hat sie unterdessen an ihrer Grazer Schauspielschule begonnen: Sie unterrichtet. Für regelmäßiges Arbeiten dort fehlt ihr zwar die Zeit, aber einmal jährlich gibt sie einen Workshop. Ihre offene, unkomplizierte Art dürfte sie bei den Studenten beliebt machen. Privat hat sie nur einen einzigen Wunsch: "Dass wir in der Familie alle gesund bleiben." Das belegt einmal mehr: Heidrun Gärtner ist auf dem Boden geblieben, geerdet, verwurzelt. Auch in ihrer Wahl-Heimat Icking.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: