Hitzige Debatten:Böser Wolf

Wolf

Die bestehende Wolfspopulation, so lautet eine These, verträgt eine Reduzierung durch Abschüsse. Das Bild zeigt einen Wolf ist im Gehege des Wildparks Schorfheide in Groß Schönebeck (Brandenburg).

(Foto: dpa)

Seit im Landkreis ein Tier gerissen wurde, wird heftig über den Umgang mit dem Großräuber diskutiert. Bei einem Informationsabend des Kreisjagdverbands fordert ein Experte Freigaben zum Abschuss.

Von Konstantin Kaip

Dass der Wolf schon im Landkreis angekommen ist, ist seit Frühling dieses Jahres wissenschaftlich belegt: Anfang April waren im Münsinger Ortsteil Sankt Heinrich vier Schafe gerissen worden - von einem Wolf, wie genetische Untersuchungen der Kadaver ergeben haben. Nach Einschätzung von Experten handelt es sich um einen Jungwolf, der längst weitergezogen ist. Seitdem aber wird heftig über den Umgang mit dem Großräuber diskutiert. Bauern und Jäger fordern eine wolfsfreie Zone, Naturschutzbehörden und -verbände setzen auf Präventionsmaßnahmen wie Schutzzäune und Hütehunde.

Der Jagdverband fordert, die Debatte um die Tiere zu versachlichen

Wie sehr das Thema die Jägerschaft im Landkreis umtreibt, konnte man am Montagabend in der Alten Schießstätte in Bad Tölz feststellen: Der Kreisjagdverband hatte zu einem Informationsabend zum Wolf eingeladen, und der Saal war mit deutlich mehr als 100 Gästen bis zum letzten Platz gefüllt. Im Publikum saßen auch der Landtagsabgeordnete Martin Bachuber (CSU) und der Präsident des Bayerischen Jagdverbands (BJV) Jürgen Vocke. Der fordert schon seit Längerem, die Diskussion um den Wolf zu versachlichen.

Dieses Plädoyer stellte auch der Vorsitzende des Kreisjagdverbands Wolfgang Morlang in seiner Begrüßung voran. "Der Wolf ist nicht vom Aussterben bedroht und muss nicht bedingungslos geschützt werden", sagte Morlang. Zudem sei Deutschland wegen seiner dichten Besiedelung als Habitat für den Beutegreifer nicht geeignet. In Schweden und Norwegen, wo die Bevölkerungsdichte deutlich geringer sei, seien im vergangenen Jahr mehr als 60 Wölfe zum Abschuss freigegeben worden. Der strenge Schutzstatus hierzulande ändere auch das Verhalten der Wölfe, die sich immer öfter dem Menschen näherten, sagte Morlang. "Die Jungen lernen von den Alten", Vergrämung werde zum Problem.

Für "sachkundige Unterstützung" hatte Morlang einen Referenten eingeladen, der seit vielen Jahren Erfahrung mit Wölfen hat: Rolf Kotzur vom Landesjagdverband Sachsen. Dort gibt es laut offiziellen Zahlen derzeit 14 Wolfsrudel und vier Paare. Die tatsächliche Wolfsdichte, sagte Kotzur, sei jedoch um ein Vielfaches höher. Das gelte auch für die gesamte Bundesrepublik, in der offiziell 60 Rudel leben. Seit dem Jahr 2000 seien in Deutschland 140 Wölfe im Verkehr getötet worden, berichtete Kotzur, der auch der Arbeitsgruppe Wolf seines Verbands angehört. "Die Zahlen geben uns zu denken." Die bestehende Wolfspopulation, so seine These, vertrage eine Reduzierung durch Abschüsse. Entsprechende Petitionen seien aber stets abgelehnt worden. Norwegen und Schweden hätten sich auf das Ziel einer gemeinsamen Population von 300 Wölfen verständigt - ein "gangbarer Weg" auch für Deutschland und Polen, wie Kotzur fand. Stattdessen aber lege man die Zielvorgaben immer höher.

Kotzur berichtete den Jägern von Großrudeln bei Dam- und Rotwild, die auf den Flächen großen Schaden anrichten könnten. Und von immer mehr Alttieren ohne Kälber, die er beobachte. Beim Wildbestand konnte er die Auswirkungen des Wolfes indes nicht nachweisen: Sinkende Strecken hat es in den vergangenen Jahren nicht gegeben, wie er an Grafiken zeigte. Dass es noch viele offene Fragen gibt, etwa zu Wildschäden, zur Zukunft der Viehweiden und der Rotwildgebiete mit ihren Wintergattern, zeigten die Wortmeldungen am Ende des Abends. Es werde noch "sehr heiße Diskussionen mit der Gesellschaft und den politischen Parteien" geben, prophezeite Vocke.

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