Herausforderung:Medien, Macht und Meinungen

Herausforderung: Auf dem Podium (von links): Sebastian Haas, Klaus Ott, die Moderatoren Josef Wagner und Vivien Behling, Wolfgang Stefinger und Rainer Ohler.

Auf dem Podium (von links): Sebastian Haas, Klaus Ott, die Moderatoren Josef Wagner und Vivien Behling, Wolfgang Stefinger und Rainer Ohler.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Am Ickinger Günter-Stöhr-Gymnasium diskutieren Schüler mit den Kommunikationsprofis Wolfgang Stefinger, Rainer Ohler, Sebastian Haas und Klaus Ott über die Herausforderungen des Journalismus im digitalen Zeitalter

Von Wolfgang Schäl, Icking

Wie kann man in der verwirrend vielgestaltigen modernen Medienlandschaft den Überblick behalten und sich seriöse Informationen beschaffen? Welche Funktion haben Zeitungen, Funkmedien, Internet-Plattformen und soziale Netzwerke in einem demokratisch organisierten Gesellschaftssystem, wie tragen Medien zum politischen und sozialen Leben bei und wie spielen sie zusammen? Mit diesem Fragenkomplex hat sich ein Projektseminar am Günter-Stöhr-Gymnasium auseinandergesetzt, das am Freitag mit einer Podiumsdiskussion für Schüler des Gymnasiums zu Ende ging.

"Lügenpresse, Fake News, Rudeljournalismus - alles klar mit unserer Mediendemokratie?" lautete das provokative Motto der Debatte, an der sich unter der Moderation der Schüler Vivien Behling und Josef Wagner vier im öffentlichen Leben stehende Persönlichkeiten beteiligten: Der CSU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Stefinger, Rainer Ohler, Kommunikationschef von Airbus Deutschland und früher Mitarbeiter im Kanzleramt, Sebastian Haas, Pressereferent der Akademie für politische Bildung in Tutzing und Klaus Ott, SZ-Redakteur im Rechercheverbund Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR.

Eine Ursache für das Problem Fake-News sieht Ott darin, dass sich Teile der Gesellschaft nicht mehr integriert fühlen. Diese tendierten zu extremen Positionen - beispielsweise zur AfD. Man müsse hinausgehen und anhören, was deren Wähler zu sagen haben. Aus seiner relativ kurzen Erfahrung im Parlament berichtete Stefinger, dass man auch als Politiker herabgewürdigt und beschimpft werde, eine Verunglimpfung aber dürfe man nicht zulassen. Umso mehr Wert müsse der Politiker auf eine unmittelbare Kommunikation legen, das direkte Gespräch zwischen Politikern und Bürgern sei das beste Mittel gegen Fake News. Dabei gehe es oft gerade um lokale Themen, die von großen Zeitungen nicht wahrgenommen würden. Unmittelbar beeinflussen könne er eine Zeitung nicht, sagte Stefinger, aber manchmal gelinge es, im beiderseitigen Interesse ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.

Ohler wies darauf hin, dass die in der Bundesrepublik praktizierte Pressefreiheit oft als zu selbstverständlich angenommen werde. Wie wichtig diese sei, könne man leicht daran erkennen, dass populistische Regierungen wie die in Polen, der Türkei und mittlerweile auch die Trump-Administration immer als erstes die Presse anfeindeten. Ihren Einfluss machten aber auch Unternehmen unmittelbar geltend - "in England haben Interessensgruppen seit Jahrzehnten auf den Brexit hingearbeitet." Den Kampf gegen Falschnachrichten könne man nur bestehen, indem man die Recherche ausbaue, sagte Ott.

Dass Geld in den Journalismus und insbesondere in die einschlägige Ausbildung investiert werden müsse, unterstrich Haas. Bis vor wenigen Jahren noch habe man gedacht, dass sich Presse und Internet "auf Augenhöhe" begegneten. Dies aber sei nicht mehr der Fall. Durch gezielte Verzerrung von Nachrichten bildeten sich "Echokammern", in der gleichlaufende Interessen geschickt miteinander verknüpft werden. Unter diesen Vorzeichen müsse man sehr darauf achten, "dass es mit dem Journalismus nicht bergab geht". Ein besonderes Problem ist für Haas, dass man es mit immer mehr verschiedenen Ansprechpartnern zu tun habe. Denn die berufliche Verweildauer im Journalismus werde immer kürzer.

In der komplexen Medienvielfalt sollte man aber auch das Positive sehen, mahnte Ohler. Das Info-Monopol der Zeitungen sei zwar verloren, heute herrsche "eine gigantische Konkurrenzsituation" durch Blogs und Tweeds. Dies führe auch dazu, dass Zeitungen wie die SZ ihre Position immer wieder neu finden müssten. Als Beispiel dafür, wie eine Zeitung wieder zu einer echten vierten Kraft im demokratischen System werden konnte, nannte Ohler die Washington Post.

In einer Abschlussrunde appellierten alle vier Podiumsteilnehmer an die Schüler, insbesondere in der Vorwahlzeit kritisch zu bleiben und sich grundsätzlich aus mehreren seriösen Quellen zu informieren. Meinungsbildung sei anstrengend, räumte Ohler ein. Den angestammten Platz der seriösen Presse sah Ott den "zwischen allen Stühlen - da gehören wir hin".

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