Helmuth Macke:Ein noch zu entdeckender Avantgardist

Helmuth Macke: Helmuth Macke: Paar am Tisch, 1924, Gouache auf Japankarton, 23 x 30,5 Zentimeter.

Helmuth Macke: Paar am Tisch, 1924, Gouache auf Japankarton, 23 x 30,5 Zentimeter.

(Foto: Veranstalter/oh)

Das Museum Penzberg zeigt Werke des rheinischen Expressionisten und stellt sie in einen Zusammenhang zu den Künstlerfreunden um Heinrich Campendonk: "Henny and friends"

Von Sabine Näher, Penzberg

Eine kleine Postkarte in der aktuellen Ausstellung des Penzberger Museums Campendonk berührt den Betrachter besonders. Sie zeigt Helmuth Macke mit der Staffelei auf schwankendem Boot, "einer Nussschale", wie Museumsleiterin Gisela Geiger es ausdrückt. Auf der Rückseite schreibt der Künstler von seinem ebenso schwankenden Lebensschiff. Am 8. September 1936 kommt er unter ungeklärten Umständen auf dem Bodensee zu Tode. Sieben Jahre später werden bei einem Bombenangriff auf seine Heimatstadt Krefeld gut zwei Drittel seiner Werke zerstört.

Das Penzberger Museum hat aus der relativ geringen Zahl erhaltener Werke Helmuth Mackes - eines Vetters August Mackes - 28 zusammengetragen. Das Haus macht damit seine "Bedeutung im Kreis der künstlerischen Avantgarde vor dem Ersten Weltkrieg und in der Zeit der Weimarer Republik anschaulich und fassbar", wie Geiger sagt.

Spätestens seit der Neugestaltung des Stadtmuseums und der zentralen inhaltlichen Ausrichtung auf Werke Heinrich Campendonks ist dieser in Penzberg allgemein bekannt. Anders sieht es aus mit dem rheinischen Expressionisten Helmuth Macke, einem Freund Campendonks, den er an der Kunstgewerbeschule in Krefeld kennengelernt hatte. Der - jeweils zurückliegende - 80. Todes- und 125. Geburtstag Mackes ist Anlass zur Ausstellung "Henny and friends", die den im Familien- und Freundeskreis gebräuchlichen Kosenamen des Malers gebraucht. Familiär geht es auch in der Ausstellung zu: Da werden ländliche Motive gezeigt, wie sie von den Malerfreunden ganz unterschiedlich ins Bild gesetzt wurden, es gibt Szenen mit Katze, Kind und (ebenfalls malender) Ehefrau sowie Porträts der Freunde voneinander.

Auf Einladung seines weitaus berühmteren Cousins August kam "Henny" 1910 erstmals nach Bayern. Bald fand er Aufnahme im Künstlerkreis um Franz Marc und bewegte 1911 auch Campendonk zum Umzug. Anders als jenem, der sich sein Künstlertum durch den Bruch mit der Familie ertrotzen musste, eilte Macke der Ruf des besonders Begabten voraus, erzählt Museumsleiterin Geiger. Und während Campendonk die Nähe zum "Blauen Reiter" als Chance sah und sich in die Arbeit stürzte, ging es Macke, der niemandem etwas beweisen musste, gemächlich an. Zu zeigen, wie unterschiedlich diese beiden Künstler sich trotz ähnlicher Voraussetzungen entwickelten und wie anders sie auf die Gegebenheiten der Zeit reagierten, ist ein Anliegen dieser Ausstellung.

So zog es Macke 1912 aus dem ländlichen Umfeld und der eher bürgerlichen Lebensweise der "Blauen Reiter" schon wieder weg und hinein ins umtriebige Berlin, das ihm "vom Lebensgestus her mehr zusagte". Dort kam er in Kontakt zu Erich Heckel und den "Brücke"-Malern. 1913 wurde Macke zum Militär eingezogen und erlebte die vier Jahre des Ersten Weltkriegs im Feld. Danach fiel es ihm schwer, wieder im bürgerlichen Leben Fuß zu fassen. Er ging zurück nach Krefeld, lebte bei den Eltern und fand ein kleines Atelier zum Arbeiten.

Ganz anders gestaltete sich die Rückkehr des Freundes Campendonk in die Heimat: Er wurde als Künstler gewürdigt, bekam sofort eine Einzelausstellung und wurde als Dozent an die Düsseldorfer Akademie berufen. "Macke schlug sich währenddessen so durch", sagt Geiger. Sein Glück: ein Stipendium der Villa Massimo in Rom.

Alle diese biografischen Stationen werden durch Exponate anschaulich. Da sieht man Heuhaufen in den Feldern um Sindelsdorf oder den Wallberg mit schneegekrönter Spitze. Dann prachtvolle Bilder, die den Schlosspark Dilborn zeigen und von der Freundschaft mit dem dort residierenden Maler Heinrich Nauen künden. Die Kriegsbilder verwirren: Sie verweigern sich jeglicher Brutalität und haben etwas verspielt Unwirkliches - vermutlich Mackes Ausweg, mit der Realität fertig zu werden. Vor dem herannahenden Nationalsozialismus zog sich der Maler 1932 in den westlichsten Winkel des Landes zurück, an den Bodensee. Die Zimmervermietung an Feriengäste sicherte ihm ein schmales Einkommen; auch die Weggefährten früherer Jahre kamen gerne auf Besuch.

Die rheinischen Künstlerfreunde Campendonks: Henny and friends; Eröffnung Donnerstag, 18. Mai, 19 Uhr; bis 27. August. www.museum-penzberg.de

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