Handel im Netz:Zweigleisig läuft's am besten

Handel im Netz: Schön eingerichtet, freundliche Verkäufer: Die Filiale der Parfümerie Wiedemann in Wolfratshausen.

Schön eingerichtet, freundliche Verkäufer: Die Filiale der Parfümerie Wiedemann in Wolfratshausen.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Geschäftsinhaber, die zusätzlich zu ihrem Laden auch einen Online-Shop betreiben, machen damit auch im Landkreis gute Erfahrungen. Anderen gräbt die Internet-Konkurrenz das Wasser ab. Manche verzichten dennoch bewusst auf die Präsenz um Netz

Von Olivia Kaczor, Bad Tölz-Wolfratshausen

Wer die Parfümerie Wiedemann betritt, dem steigt sofort Parfümduft in die Nase. Im Hintergrund läuft leise Musik. Der helle Raum ist übersichtlich, der schöne Holzboden, die Regale, der Kronleuchter wirken edel. Geschickt platzierte Lampen beleuchten die Parfüms, die förmlich ins Auge springen. Auf Glastischen stehen festlich verpackte Geschenke. Sofort ist eine Verkäuferin da und fragt, ob sie helfen könne. Mit viel Fachwissen berät sie freundlich die Kundschaft. "Wir bieten unseren Kunden den Gegenpol zum unpersönlichen Online-Einkauf", sagt Geschäftsführer Peter Wiedemann. "Service, Beratung, liebevolle Geschenkverpackung und eine gute Atmosphäre mit gut gelaunten Mitarbeiterinnen." Das läuft so gut, dass das Tölzer Unternehmen inzwischen 21 Filialen betreibt. Und zusätzlich selbstverständlich einen eigenen Online-Shop.

Für beinahe jedes Produkt gibt es inzwischen den passenden Shop im Internet. Ob Kleidung, Sportartikel oder Düfte: Das Einkaufen am Computer ist für viele inzwischen normal. Wer keine Zeit hat, erledigt die Weihnachtseinkäufe eben von zu Hause aus. Seit Jahren besteht daher die Sorge, Einzelhändler könnten von Online-Shops verdrängt werden, Kunden verloren gehen und schließlich könnten viele Läden in den Innenstädten leer stehen. "Der Online-Handel ist eine große Herausforderung für die Einzelhändler", sagt auch der Geretsrieder Geschäftsmann Volker Reeh, Sprecher des Einzelhandelsverbandes Bayern. "Viele Händler machen deswegen ihre eigenen Online-Vertriebe auf - und das erfolgreich." Andererseits entstünden echte Probleme, wenn Geschäfte überhaupt nicht über eine Internetpräsenz verfügten.

Online-Auftritt mit Shop

Dass der Online-Handel auch positive Auswirkungen haben kann, zeigt das Beispiel Wiedemann. Die Parfümerie hat neben ihren Filialen auch einen gut gehenden Online-Shop. "Multichannel-Retail" ist das Stichwort. Die guten Verkaufszahlen zu Weihnachten seien trotz zahlreicher Internet-Parfümerien sehr zufriedenstellend, sagt Geschäftsführer Wiedemann. Mit fast 20 Prozent des Jahresumsatzes sei der Dezember der stärkste Monat. Dass viele Leute gerne in seine Filialen kommen, führt er auf den persönlichen Bezug zu den Kunden zurück.

Rudi Utzinger, Inhaber des Intersport-Geschäfts in Geretsried, ist von den Möglichkeiten des Internets regelrecht begeistert. Deshalb betreibt auch er einen Online-Shop. Die bestellte Ware wird dem Kunden ins Haus oder ins Sportgeschäft geliefert. Im Laden kann der Kunde das Paket öffnen, die Ware anprobieren und sie bei Bedarf gleich umtauschen. Utzinger sieht Online-Shopping nicht als Bedrohung, sondern als Möglichkeit: "Das Internet ist so prickelnd für uns." Die Kunden könnten trotz Online-Shops eine individuelle Beratung in Anspruch nehmen, viele schätzten das. "Nicht alle, aber viele, haben den Haken am Internet gefunden und kommen zurück in die Läden. Da haben wir Fachhändler einen Vorteil." Auch garantiert Utzinger eine Tiefpreisgarantie. Sollte ein Produkt im Internet mehr als im Laden kosten, bekommt es der Kunde für den niedrigeren Preis. Das Weihnachtsgeschäft sei trotz der Online-Konkurrenz gut gelaufen. Auch wenn sich das eher frühlingshafte Wetter bemerkbar gemacht habe.

Viele Buchhandlungen wie Rupprecht in Bad Tölz und Wolfratshausen und Winzerer in Bad Tölz betreiben schon lange Online-Shops. Die bestellten Bücher kann man sich nach Hause schicken lassen oder sie in der Filiale abholen. "Gerade für die, die aus Zeitgründen nicht zu Hause sein können, wenn die Post kommt, ist das super", sagt Melanie Eidler, Filialleiterin der Buchhandlung Rupprecht in Wolfratshausen. Durch die Abholung im Geschäft ergäben sich für die Händler weitere Möglichkeiten: "Die Kunden kommen dann her, können noch ein wenig stöbern und finden vielleicht noch etwas, das ihnen gefällt. Und dann können sie sich auch beraten lassen." Petra Schenk, Inhaberin der Buchhandlung Winzerer, hat vor vier Jahren festgestellt, dass ein Online-Shop notwendig ist. Denn das Kaufverhalten habe sich geändert. Die Kunden wüssten dennoch die Atmosphäre und Individualität eines schönen Buchladens zu schätzen. Noch immer verkauft Schenk mehr Bücher in ihrem Laden als im Online-Shop.

Indem Händler zusätzlich zur Filiale einen Online-Shop anbieten, können sie Kunden halten, die online kaufen möchten. Die, so ist die Hoffnung, weichen dann nicht zu Konkurrenten wie Amazon aus: "Das ist für Kunden eine echte Alternative", sagt Einzelhandels-Sprecher Reeh. Die Händler sind damit sehr erfolgreich. Sie verkaufen dadurch ja immer noch ihre eigenen Produkte." Der Einzelhandelsverband werde Seminare anbieten, um diese Idee den Geschäftsinhabern näher zu bringen. Für die Kunden sieht Reeh den Vorteil, dass sie, anders als bei einem reinen Internet-Anbieter, in die Filiale kommen können, um dort auch persönlichen Service in Anspruch zu nehmen.

Online-Auftritt ohne Shop

Einige Geschäfte verzichten auf einen Online-Shop, nutzen aber das Internet immerhin als Visitenkarte. Viele potenzielle Kunden gehen nicht auf gut Glück los, sondern nutzen das Internet, um nach Geschäften in ihrer Nähe zu suchen und sich über das Angebot zu informieren. Auf der Homepage können die Geschäfte einen Überblick über ihr Sortiment geben, können auf aktuelle Angebote oder auch auf anstehende Veranstaltungen hinweisen.

Das Isar Kaufhaus in Geretsried ist eines davon. Obwohl es keinen Online-Shop hat, lief das Weihnachtsgeschäft gut, sagt Mirjana Blazevic, Leiterin der Abteilung "Ihr Zuhause". Dennoch sei eine Veränderung im Kaufverhalten der Menschen sichtbar. Vor allem merke man das beim Verkauf von Spielwaren, sagt Blazevic. Dieser sei im Kaufhaus nämlich merklich zurückgegangen. Das Internet spielt auch dahingehend eine Rolle, dass Kunden sich im Laden informieren, aber dann im Internet bestellten. Große Geschäfte, die ein vielseitiges Sortiment und mehrere Marken führen, haben aber den Vorteil, dass für den Kunden alles an einem Ort zu finden ist. Das spart wiederum Zeit - man muss nicht durch mehrere Geschäfte laufen.

Kein Internetauftritt

"Problematisch wird es, wenn überhaupt keine Internetpräsenz besteht", sagt Reeh. Denn die Konkurrenz ist groß, und jede Art von Werbung hilfreich. Tatsächlich aber gibt es im Landkreis Geschäfte, die nicht nur auf einen Shop, sondern auch auf eine Homepage verzichten. Claudia Steuer, Geschäftsführerin von "Mode und Tracht" in der Tölzer Marktstraße, berichtet, sie merke immer mehr, dass Menschen auf Online-Shops ausweichen. Sie erzählt von Kundinnen, die zu ihr ins Geschäft kommen, um die Beratung zu nutzen, dann aber online ihr Dirndl kaufen. Steuer ärgert sich besonders über Leute, die im Laden sogar die Etiketten abfotografieren, um dann im Internet nach genau diesem Teil zu suchen. In ihrem Laden ist fotografieren verboten. Die Tendenz, billiger im Internet zu kaufen, schlage sich auf den Verkaufszahlen nieder. Das Weihnachtsgeschäft sei in diesem Jahr nur schleppend gelaufen, merklich schlechter als in den Vorjahren. Dabei hat Steuer versucht, einen Internetshop aufzubauen, was aber scheiterte. Sie hat sich nun entschlossen, ganz auf eine Internetpräsenz zu verzichten.

Margit Wolf, Inhaberin von Leder Tausend in Wolfratshausen, betreibt ebenfalls keinen Online-Shop. Das Geschäft mit hochwertigen Handtaschen, Koffer, Rucksäcken und Schultaschen laufe aber auch so gut, auch wenn sich das wichtige Weihnachtsgeschäft nach hinten verschiebe, weil die Leute immer später Geschenke kauften. "Aber es ist sicherlich spürbar, dass die Menschen online kaufen", sagt sie. Wolf möchte auch weiterhin keinen eigenen Internetshop, hegt aber Ambitionen, wenigstens eine Homepage zu betreiben: "Das ist der Weg, den die Geschäfte gehen müssen." Für sie spiele die Beratung der Kunden aber eine große und wichtige Rolle, und das sei etwas, das man nicht im Internet bekommen könne.

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