Gymnasien:Abi geschafft - und jetzt Abflug!

Von Schäftlarn bis Lenggries verabschieden sich die Absolventen in die neue Freiheit - auch mit lustigen Aktionen.

Sie sollen querdenken und sich engagieren, lebenslang lernen und Verantwortung zeigen: Die Abiturienten, die am Freitag verabschiedet wurden, werden all dies tun - aber erst einmal ihre Freiheit genießen.

Bad Tölz

Klaus Koch (Grüne) verteidigte die Schaumparty. So eine Feier zwischen Abitur und Studium oder Beruf sei "ein sinnfreies Freisein", sagte der Dritte Landrat vor 151 Abiturienten des Tölzer Gabriel-von-Seidl-Gymnasiums und mehr als 800 Gästen. Das dürfe sich die junge Generation nicht nehmen lassen von "den brauen Dumpfbacken, den Donald Trumps und wie immer sie heißen mögen". Die Absolventen rief er dazu auf, nie zu vergessen, dass Frieden und Freiheit ein hart erkämpftes Gut seien. Der Brexit und das Erstarken des Rechtspopulismus trieb auch die anderen Redner um. Dritter Bürgermeister Christof Botzenhart (CSU) bedauerte, dass Frieden, Demokratie und Menschenrechte im Europa von heute nicht mehr selbstverständlich seien. "Hören Sie nicht auf die Angstprediger, hören Sie nicht auf jene, die meinen, durch Abschottung irgendein Problem zu lösen", sagte er. Schuldirektor Harald Vorleuter ermunterte die jungen Leute: "Denken Sie frei, denken Sie quer, denken Sie das bisher Ungedachte." Dabei dürften sie aber nicht ihre gesellschaftliche Verantwortung vergessen. Auch er kam auf den Brexit zu sprechen: "Sie müssen das auslöffeln, was die Briten uns gestern eingebrockt haben." In einem kurzen Auftritt stellten die Abiturienten Jonathan Pinell, Lena Alt und Jonathan Kallin die Lehrerschaft vor Gericht. Ein Pluspunkt: Als Flüchtlinge von Herbst bis Ostern in der Turnhalle des Gymnasiums wohnten, seien die Lehrer damit "top umgegangen", hätten Integration und Sportunterricht gestemmt. Das Urteil: Freibier. Von den 151 Abiturienten haben 40 im Zeugnis eine Eins vor dem Komma. Eine 1,0 bekamen Nico Anderssohn, Stefanie Heinrichshofen, Patricia Hoffmüller, Johannes Kallin und Florian Öttl.

Geretsried

War's das alles wert? All die Jahre, in denen man doch anderes hätte tun können als lernen? Abiturientin Hannah Zanth sagte Ja, als sie zusammen mit Marc Depping die Abschlussrede am Geretsrieder Gymnasium hielt, bevor es noch einmal Musik und dann die Zeugnisse gab. Ja, sagte die junge Frau, denn sie hätten tatsächlich etwas Wichtiges gelernt: "Verantwortung für uns und die ganze Gesellschaft zu übernehmen." Zuvor hatte es einige Reden zu überstehen gegeben - nicht wenige Redner betonten, dass die Abiturienten ja eigentlich gar keine langen Ansprachen hören wollten. Es half aber nichts. Direktor Hermann Deger berichtete, unter den 132 Absolventen hätten vier die Note 1,0 und 27 eine Eins vor dem Komma. Zweiter Landrat Thomas Holz (CSU) sagte, die Abiturienten hätten jetzt "einen Blanko-Flugschein in der Tasche" und könnten das Reiseziel selbst bestimmen. Bürgermeister Michael Müller (CSU) appellierte an den Gemeinschaftssinn: "Mischen Sie sich ein, engagieren Sie sich!" Auch der Sprecher des Elternbeirats sprach die Absolventen direkt an, aber mit einem Lob: "Ich bin stolz auf euch", sagte Michael Pauli. Appellativ wurde es dann wieder, als Deutschlehrer Bernhard Lorenz rund um das Wörtchen "ach!" sprachphilosophische Gedanken darbot. Sein Ziel: die jungen Leuten zu einem selbstbestimmten Leben zu ermuntern. Dass sie das ganz fest vorhaben, ließen Hannah Zanths Schlussworte erkennen: "Wir sind bereit; wir haben das Fliegen gelernt, und heute beginnt unsere Freiheit."

Icking

"Vor uns sehen wir Vertreter einer jungen Generation, die uns mit großer Zuversicht erfüllt und die bereit ist, ihre Träume mit ihren Fähigkeiten zu verbinden." Mit diesen Worten gratulierte Astrid Barbeau, Direktorin des Ickinger Rainer-Maria-Rilke-Gymnasiums, den 129 Abiturienten. Der Jahrgang ist der größte, den das Gymnasium in seiner fast 100-jährigen Geschichte je entlassen hat und der erste, den Barbeau als Direktorin begleitete. Mit einem Schnitt von 2,18 sei ein hervorragendes Gesamtergebnis erzielt worden. Drei Schüler - Zoë Siebers, Johannes Steigenberger und Mona Klett - haben die Traumnote 1,0 erreicht, insgesamt 47 Abiturienten haben eine Eins vor dem Komma. Vor allem das Thema Flucht habe das vergangene Schuljahr in Icking geprägt, sagte Barbeau. Nicht zuletzt, weil die Turnhalle aufgrund der Belegung mit Asylsuchenden weder für Sportunterricht noch für die schriftlichen Abiturprüfungen nutzbar war. Zur Abiturfeier war sie wieder geräumt. Die Welt sei in Unordnung geraten, sagte Landrat Josef Niedermaier (FW) auch angesichts des Brexit-Entscheids. Er forderte die Absolventen deshalb auf, für den Erhalt der freiheitlichen Grundwerte einzustehen. Barbeau ergänzte: "Setzt nun um, was ihr wisst und könnt, und zeigt dabei Herz und Charakter." Das hatten sich die Abitursprecher Lukas Kähn und Jule Filler bereits zu eigen gemacht. Auch wenn sich das Verhältnis Lehrer-Schüler "von respektbedürftigen Knastwärtern hin zu Mitinsassen" gewandelt habe, wünschten sie sich für die nachfolgenden Schüler Verbesserungen. So habe es manchmal an Gleichbehandlung gefehlt, an Absprachen und Vertrauen gemangelt. Trotzdem: Sie seien zufrieden und wünschten allen nun "viel Sumsimitpo" - Optimismus, rückwärts gesprochen.

Lenggries

Die Schülerinnen des Stankt-Ursula-Gymnasiums in Lenggries sind vor allem in den beiden Abschlussjahren zusammengewachsen. Christiane Karcher und Maximiliane Albrecht betonten das in ihrer Rede ebenso wie die gegenseitige Unterstützung. Direktor Christoph Beck gab den 42 Schülerinnen einen Tipp mit: "Lasst euch nicht entmutigen, wenn ihr nicht verstanden werdet, das ist vielen großen Denkern und Weltveränderern und uns auch so gegangen." Die 42 Abiturientinnen schafften einen Schnitt von 2,05, Sophia Buchwieser, Elisabeth Mayer und Christina Haslinger waren mit 1,1 die Besten.

Penzberg

Direktor Bernhard Kerscher hat in Penzberg 116 Schüler verabschiedet. Der "sehr heterogene Jahrgang" erzielte einen Schnitt von 2,25. Eine Eins vor dem Komma haben 33 Abiturienten, zwei schafften die 1,0. "Ich bin doch recht zufrieden", sagte Kerscher. In seiner Rede sagte er, eigentlich seien die Lerninhalte nicht so wichtig. Vielmehr gehe es in der Schule um das soziale Lernen in der Gemeinschaft der Mitschüler und Lehrer, das eine Vorbereitung auf das spätere Dasein biete. Dafür biete die Schule eine einzigartige Gelegenheit Das Lernen sei ein lebenslanger Prozess, an dem man wachse. Dann schickte er die Schüler hinaus ins Leben, nicht nur raus aus der Schule, auch aus dem Elternhaus. Sie sollten andere Länder sehen, "damit sie zurückkommen und schätzen können, was man in der Heimat hat". Für die Schüler sprachen die Kollegstufensprecher Hanna Sandmaier und Nicolas Rötzel.

Schäftlarn

23 der 42 Schäftlarner Abiturienten haben heuer eine Eins vor dem Komma, Meline Böhm aus Münsing schaffte die 1,0. Sie war auch die Beste im bayernweiten Französischwettbewerb der katholischen Schulen, wie Direktor Wolfgang Sagmeister stolz sagte. Im Schnitt erreichten die Schäftlarner Schüler eine 2,0. Auch Sagmeister betonte in seiner Rede den Wert der Freundschaft. "Ich habe diesen Gedanken ausgewählt, weil Sie, liebe Abiturienten, mir heute vor zwei Wochen bei der Notenbekanntgabe sagten, dass das Schönste hier in Schäftlarn das Miteinander und der Zusammenhalt ist, dass es die gute Gemeinschaft ist, die Sie vermissen werden." Für die Schüler sprachen Sophie Melzer und Elias Emmert, der nicht nur bei der Theateraufführung des Stücks "Himmelwärts" von Ödön von Horvath als Teufel geglänzt hatte, sondern auch mit 1,1 den zweitbesten Notenschnitt schaffte.

Waldram

"Ein letzes Mal wurde heute die Schultasche gepackt, um dann auf den großen Rucksack des Lebens umzupacken." So leiteten die Abiturientinnen Sophie Bauerfeind und Antonia Vieweg ihre Ansprache im Waldramer Gymnasium Sankt Matthias ein. Vor ihnen standen eine alte volle Schultasche und ein großer leerer Rucksack, in den sie umpackten, was man nach der Schule noch braucht: Ganz wichtig waren ihnen das gesammelte Wissen und die Brotzeitdose, die als erstes in den Rucksack wanderten. Dagegen landeten die Formelsammlung und die literarischen Werke "Aus dem Leben eines Taugenichts" und "Emilia Galotti" auf dem Bühnenboden. Goethes "Faust" blieb - denn für irgendetwas müsse das Lernen doch gut gewesen sein, meinten sie. Am Ende wurden die Freunde, die man gewonnen hat, und die Zeit, die man nie vergessen werde, mit eingepackt. Für Sophie Bauerfeind wurde der Rucksack sogar noch etwas größer: Sie bekam von Schulleiter Claus Pointner, symbolisch durch eine Urkunde dargestellt, 500 Quadratmeter Regenwald in Peru überreicht. Denn sie war mit einer Abiturnote von 1,1 die Beste unter den 26 Absolventen.

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