Grünwald:Hauptsache von daheim

Praxisforum in Grünwald macht das Stichwort Regionalität zum Thema - in Kombination mit der Kategorie "Bio"

Von Anna Hordych, Grünwald

Bei Lebensmitteln ist es mittlerweile Trend, sich an den Bauern des Vertrauens zu wenden. Kein Burgerladen kommt mehr ohne Verweis auf gutes Fleisch aus der Region aus, und kein Kunde möchte leichtfertig auf den Bezug zu Heimat und dessen Qualität verzichten.

Eine durch und durch positive Entwicklung - könnte man meinen. Doch andere Faktoren geraten dadurch ins Hintertreffen. "Bio? Regional? Bio-Regional?" betitelte die Agraringenieurin Elisabeth Peters ihr diesjähriges Praxisforum in Grünwald, um auf ein Problem aufmerksam zu machen. Die Beraterin des Bund Naturschutz sieht in dem Bio-Trend die Gefahr, ökologische Kriterien aus dem Blick zu verlieren: "Regional bedeutet nicht, dass die Tiere genug Platz und Auslauf haben. Es ist kein geschützter Begriff. Chemische Gifte, Pestizide und Gentechnik können verwendet werden. Nur, weil Produkte aus der Region kommen, ist damit noch lange kein Kreislauf der Nährstoffe und keine Nachhaltigkeit sichergestellt."

Das fünfte Münchner Praxisforum zu "Bio in der Außer-Haus-Verpflegung" machte auch deutlich: Regional-Initiativen und Kampagnen gibt es zuhauf. Die Werbetrommel für heimische Produkte rührt nämlich jedes Bundesland eigenständig. So wie auch die Kontrolle der Produkte den Ländern unterliegt. Nachhaltigkeitsexperte Rainer Roehl brachte ein paar Beispiele mit. Er zitiert eine Regional-Kampagne aus Baden Württemberg: "konventionell oder bio - Hauptsach' von daheim". Diese Logik der kurzen Wege hat eine fatale Kehrseite wie "A-verdis"-Chef Rainer Roehl herausstellte. Schließlich sei der Unterschied zwischen Bioanbau und konventioneller Produktion eklatant. Das Bio-Siegel gelte EU-weit und nehme sich mittels seiner strengen Vorschriften Problemherden wie der Klimakrise, dem Artensterben und der Bodenunfruchtbarkeit an. "Dagegen ist "regional" relativ. Wer definiert, was regional ist und was nicht? ", fragte Rainer Roehl. Beim Praxisforum wurde schnell klar: Regional muss keine geografische Kategorie sein, die sich nach Standortnähe bemisst. Regional bedeute auch "Transparenz, Glaubwürdigkeit, und Authentizität", sagte Roehl. "Nachhaltigkeit, Wertschätzung, Regionalität" würden großgeschrieben, aber von Bio sei nicht die Rede, sagte auch er. So scheint es kein Zufall zu sein, dass Münchner Kantinen wie jene von BMW mit Slogans wie "Regional-saisonal-nachhaltig" werben, die Kategorie "biologisch" aber nicht antasten.

Einen Einblick in die Küche gab der Koch Rafael Platzbecker, der sagte, man dürfe Kunden mit dem "Etikett Bio" nicht verschrecken. Er konnte in seinen Restaurants den Bioanteil seit 2014 stetig erhöhen, mittlerweile sei er bei "50 bis 55 Prozent". Zum Vergleich: Ziemlich genau zehn Prozent macht der Bioanteil der Landwirtschaft in Deutschland aus. Getreide, Kartoffeln oder Geflügel aus der Bundesrepublik erreichen nicht einmal eine Marke von vier Prozent. Auch deshalb gibt es massig Bioimporte aus dem Ausland. "Einen Bio-Apfel aus Neuseeland kann niemand verantworten", sagt Peters.

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