Gewässermanagement:Es plätschert zu wenig

Gewässermanagement: An der Jachen gibt es Probleme. Franz Speer, Bürgermeister Georg Riesch und Karl Probst (v. li.) erläutern die Situation bei einer Exkursion.

An der Jachen gibt es Probleme. Franz Speer, Bürgermeister Georg Riesch und Karl Probst (v. li.) erläutern die Situation bei einer Exkursion.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Wasserkraft wird als umweltfreundlich gepriesen, bringt aber auch Probleme. Rund um den Walchensee sind Bäche und Flüsse meist trocken - außer es regnet stark. Bald könnte die Konzession neu verhandelt werden.

Von Klaus Schieder

Nur wenige Gehminuten vom Walchensee entfernt steht Bürgermeister Georg Riesch in einer Furt des Alpenbachs, der an dieser Stelle eher rinnsalartig dahinplätschert, und ist unzufrieden. Im Normalfall bekommt die Gemeinde Jachenau nicht viel Wasser von dem Gebirgsbach ab, der in das Bett der Jachen und so hinunter ins Tal fließt. Der Grund: Das Gewässer wird oberhalb an einem Wehr nahe dem östlichen Seeufer gestaut, zusammen mit dem Rissbach, der hier durch einen Stollen herausfließt. Beide Bäche werden von dort durch einen Kanal zum Niedernach-Kraftwerk geleitet, das zum System des Walchenseekraftwerks gehört. Die Folge: Die Jachen, ein Ausfluss des Walchensees und ein Zufluss der Isar, besteht unten, wenige hundert Meter nach dem Seeauslauf, fast nur aus einem Flussbett voller Steine, das erst auf dem weiteren Weg ins Tal von namenlosen Bächlein gespeist wird. "Die Jachen war das fischreichste Gewässer Bayerns", sagt Riesch. Früher einmal.

Bei einem Hochwasser sieht die Situation hingegen anders aus: Um das Kraftwerk zu schützen, wird das Alpenbachwehr geöffnet. Die Wassermassen stürzen dann im natürlichen Bett dieses Gebirgsgewässers geradewegs hinab in die Jachenau. Die Folge sind vollgelaufene Keller in den Häusern im Tal, respektive Schlamm, Steine und Holz auf den Feldern der Bauern. Riesch hat da eine Idee: Im Fall eines Hochwassers sollte der Alpenbach nach dem Wehr mitsamt seinem kleinen Zufluss Eibenlaine zum Walchensee abgeleitet werden. Selbst beim Jahrhundert-Hochwasser im August 2005 hätte der See noch genug Kapazität gehabt, um das Wasser aufzunehmen, sagt der Bürgermeister.

Hellgrün sieht das Wasser des Alpenbachs -"Oimbach", wie er im Jachenauer Dialekt heißt - am Wehr aus. Wenn es zu einem Hochwasser kommt, wird der Stollen, durch den der Rissbach hier hineinfließt, geschlossen, weil mit ihm sonst zu viel Schlamm käme. Aber auch ohne ihn schießt das Wasser dann in einem reißenden Strom durch die Schleuse hinunter in die Jachenau, wie Bürgermeister Riesch auf einem Foto aus dem Jahr 2013 zeigt. Seine Idee, den Alpenbach an solchen Tagen in den Walchensee umzudirigieren, erfordert einige Investitionen - unter anderem in eine Staumauer und Auffangvorrichtungen für das Geschiebe. Darüber ist sich Riesch im Klaren. Aber bei einem Hochwasser flössen circa 40 Kubikmeter pro Sekunde durch den Alpenbach. "Bei uns richtet das Wasser Schaden an, aber im Walchenseekraftwerk bringt es mehr Strom und damit Geld", sagt er. Seinen Vorschlag will er einbringen, wenn im Jahr 2020 die Konzession für das Walchensee-Kraftwerk neu verhandelt wird.

Für die Kündigung der Verträge zwischen dem Freistaat und dem Energiekonzern Eon setzt sich der Verein "Rettet die Isar jetzt" mit Verve ein. Werde sie bis zum 30. September 2020 nicht ausgesprochen, verlängerten sich die Kontrakte automatisch um 30 Jahre. Alle Fraktionen im bayerischen Landtag haben Vorsitzender Karl Probst und seine Mitstreiter schon abgeklappert, damit der Freistaat die wasserrechtliche Erlaubnis rechtzeitig aufhebt. Inzwischen sehe es dafür gut aus, sagt Probst am Mittwoch bei einer Exkursion, die zum Alpenbachwehr, zum Kraftwerk Niedernach und zur Jachenschleuse führt: "Die Kündigung wird von allen im Landtag vertretenen Parteien unterstützt, sie ist also sehr wahrscheinlich."

Einen Forderungskatalog hat der Verein schon zusammengestellt, wenngleich noch nicht im Detail ausgearbeitet. Der wichtigste Punkt: In allen Bächen, die zur Energieerzeugung für das Walchensee-Kraftwerk abgeleitet werden, muss eine ausreichende Restwassermenge bleiben, um eine gute Gewässerökologie zu ermöglichen. Dies gilt für die Isar, die Jachen, den Rissbach, den Fischbach, den Kranzbach und den Finzbach. Die Menge Wasser, die derzeit als Rest in der Isar bleibe, reiche nicht aus, damit der Fluss natürlich fließen und Geröll verfrachten können, erklärt Probst. Dies wertet er als Verstoß gegen die Wasserrahmenrichtlinie, die an sich "ein scharfes Schwert" sei.

Zu den weiteren Anliegen des Vereins zählen die Durchgängigkeit der Gewässer für Fische, ein effizienteres Geschiebe-Management bei Hochwasser und eine bessere Informationspolitik gegenüber den betroffenen Kommunen. "Wir wollen, dass die Gemeinden in die Verhandlungen für die Konzession eingebunden werden", betont der Vorsitzende. Und nicht zuletzt: Der Freistaat soll wieder Eigentümer des Walchensee-Kraftwerks werden. "Am besten wäre, wenn es wieder ihm gehören würde", sagt der stellvertretende Vorsitzende Franz Speer. Es sei ja verständlich, dass ein Privatunternehmen an Gewinnmaximierung interessiert sei, sagt Probst. "Aber wir halten es für einen großen Fehler, dass man das Walchensee-Kraftwerk verkauft und aus der öffentlichen Hand gegeben hat." Zu Zeiten der Bayernwerk AG habe es beispielsweise noch Restwasser in den abgeleiteten Bächen gegeben. Bürgermeister Riesch hebt hervor, dass die Verhandlungen mit der Bayernwerk AG für die Kommunen seinerzeit um einiges leichter gewesen seien. "Das Zusammenspiel war einfacher, wir hatten Ansprechpartner."

Vor allem ärgern sich die Vereinsmitglieder und Riesch darüber, dass die Pflege von Anlagen durch den Energiekonzern zu wünschen übrig lasse. Als Beispiele listen sie auf: Der Kranzbach muss sauber gemacht werden, am Krüner Wehr häuft sich zu viel Kies auf, der Sachensee bei Wallgau ist mit Schwemmsand verlandet. Für Bürgermeister Riesch sind solche Mängel kaum verwunderlich: "Im Bauhof Einsiedl waren früher 30, 40 Mann, die haben die Anlagen in Ordnung gehalten - heute ist niemand mehr da." Mit Pflegemaßnahmen werde nun vielleicht eine Firma einmal im Jahr beauftragt. All dies wirke sich negativ auf das Landschaftsbild aus.

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