Geretsried:Zwischenstation für Obdachlose

Die Stadt eröffnet die sanierten Räume an der Jeschkenstraße. Thomas Faller von der Caritas spricht von einem "wichtigen Baustein", Bürgermeisterin Cornelia Irmer von einer "Selbstverständlichkeit".

Thekla Kraußeneck

Geretsried: Claudia König-Heinle (rechts) und Christine von Pechmann sind bei der Caritas-Wohnungslosenhilfe als Betreuerinnen für die Räume und deren Bewohner zuständig. Sie wollen Bedürftigen Wohnraum auf Zeit anbieten.

Claudia König-Heinle (rechts) und Christine von Pechmann sind bei der Caritas-Wohnungslosenhilfe als Betreuerinnen für die Räume und deren Bewohner zuständig. Sie wollen Bedürftigen Wohnraum auf Zeit anbieten.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Die Räume der neuen Obdachlosenunterkunft in der Jeschkenstraße, die von der Stadt für 95 000 Euro saniert wurden, sind jetzt bezugsfertig. Mit der Eröffnung will die Stadt ein neues Kapitel in der Obdachlosenbetreuung schreiben. Ein verzweigtes Hilfssystem soll verhindern, dass sich negative Vorfälle aus der Vergangenheit wiederholen. Noch gebe es in Geretsried zwar keine Obdachlosen, sagt Thomas Herrmann vom Sozialamt. Der Bedarf an Wohnraum für Notfälle sei aber da. Am Dienstag wurden die Räumlichkeiten offiziell eingeweiht. "So eine Notunterkunft sollte für jede Stadt eine Selbstverständlichkeit sein", sagte Bürgermeisterin Cornelia Irmer (parteifrei).

Es gibt sechs Zimmer mit Bett und Küchenzeile, eine Matratze ist noch verpackt, im Flur lockt ein Regal mit einer großen Auswahl an Brettspielen. Überall finden sich Röschen in Vasen, die sanitären Anlagen sind auf modernem Standard, eine Lüftungsanlage zur Wärmerückgewinnung soll unter anderem auch Schimmelbildung verhindern. Zudem stehen in jedem Zimmer Kleiderschränke. "Der Grundgedanke war, alle Räume wie kleine Hotelzimmer aufzubauen", sagte Christian Müller vom Stadtbauamt. Im sanierten Obdachlosenheim sollen Menschen, die kein Dach mehr über den Kopf haben, unter intensiver Betreuung der Caritas-Wohnungslosenhilfe in Geretsried eine "Zwischenstation" einlegen dürfen, um neue Energie zu tanken.

Noch sind die Bauarbeiten nicht ganz abgeschlossen. Nachdem für die Sanierung seit 2008 rund 88 000 Euro in den Boxclub des im Obergeschoss untergebrachten Integrationsvereins Edelweiß, 15 000 Euro in die Räumlichkeiten der Geretsrieder-Wolfratshauser Tafel und 143 000 Euro in die Fassade investiert worden waren, wurde mit dem Obdachlosenheim heuer nachgezogen. Im kommenden Jahr sollen die Stellplätze und das Treppenhaus auf Vordermann gebracht werden.

Das Obdachlosenheim betrachtet Thomas Faller von der Geretsrieder Caritas als "einen wichtigen Baustein im Landkreis, der eine Lücke schließt". Sowohl in Wolfratshausen als auch in Bad Tölz gebe es solche Unterkünfte - nun auch wieder am selben Ort wie früher in Geretsried.

Unterkünfte für Wohnungslose befanden sich in dem Gebäude schon vor 30 Jahren, erinnerte sich der Dritte Bürgermeister Robert Lug (Freie Wähler). Über 15 Jahre lang habe sich eine große Gruppe von Leuten in den heruntergekommenen Räumen einquartiert, speziell eine Familie habe darin "wie kleine Könige" gehaust. "Das hatte mit einer übergangsweisen Unterbringung nichts mehr zu tun", sagte Lug.

Herzeigen wollte den Bau zu diesen Zeiten niemand, sagte auch Herrmann, "es war ein Schandfleck". Nach dem Auszug der letzten Bewohner galt das Gebäude als abrissreif. Doch dann entschied die Stadt, es in ein Sozialgebäude umzuwandeln. Heute sei die Betreuung durch die Stadt eine ganz andere, sagte Herrmann. Schon im Vorfeld versuche die Stadt präventiv einzugreifen, wenn sie erfahre, dass eine Wohnungsräumung droht. Nach sechs Monaten sollen die Obdachlosen dann anderweitig untergebracht worden sein. Betreut werden sie dabei von Sozialamt und von der Caritas.

Pater Frano Milanovic von der katholischen Pfarrgemeinde Maria Hilf segnete das Heim zusammen mit dem evangelischen Pfarrer Georg Bücheler. "Ein Sozialgebäude in einer Stadt ist so selbstverständlich wie ein Kindergarten oder eine Schule", sagte Milanovic. "Mit dem Unterschied, dass keiner etwas mit dem Gebäude zu tun haben will." In der Eröffnung der Obdachlosenunterkunft an der Jeschkenstraße sieht der Geistliche er eine "Signalwirkung für alle Menschen".

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