Geretsried:Wohlgesonnen sein

Geretsried: In kleiner Runde tauschen sich die Gäste der Kolpingfamilie Geretsried über Hilfen für Flüchtlinge aus.

In kleiner Runde tauschen sich die Gäste der Kolpingfamilie Geretsried über Hilfen für Flüchtlinge aus.

(Foto: Pöstges)

Die Kolpingfamilie lädt ein zum Austausch über Flüchtlingshilfe

Von Sebastian Raviol, Geretsried

Bald leben 1500 Flüchtlinge im Landkreis. Wie sich die Zahlen entwickeln, ist derzeit nicht abzusehen. Das wirft viele Fragen auf, wie die Gesprächsrunde am Donnerstagabend im Pfarrzentrum der Heiligen Familie in Geretsried zeigte. Die Kolpingfamilie hatte eingeladen, sich ungezwungen über Hoffnungen, aber auch über Ängste auszutauschen. Auch die gibt es, aber sie lassen sich mit guten Antworten abbauen.

Die Geretsrieder Sozialreferentin Sonja Frank berichtete, dass in der Stadt 130 Helfer Asylbewerbern Unterricht geben, Familien betreuen oder bei Behördengängen unterstützen. Hauptsächlich seien es Afghanen und Syrer, die in Geretsried unterkommen. "Wie flüchten sie zu uns?", will ein Gast wissen. "Querfeldein", erklärt Frank den Anwesenden. Teilweise würden sie dabei aus großen Höhen hinabspringen, etwa um Hindernisse zu überwinden. Frank sagt: "Dann haben sie Brüche, wenn sie zu uns kommen."

Für die steigende Zahl der Flüchtlinge bedarf es der Organisation. "Wo bekommt man dafür die Fachleute her?", möchte einer der Besucher wissen. Es würden im Landratsamt etwa 60 neue Mitarbeiter eingestellt werden, erklärt die Sozialreferentin. Auch gebe es vereinzelt Asylbewerber, die aufgrund ihrer guten Sprachkenntnisse selbst unterrichten könnten. "Das Beste, was passieren kann", wirft einer der Anwesenden ein.

"Es gibt ein großes Gefälle bei der Bildung, es ist komplett durchgemischt", sagt Frank. Da sei vom Chirurgen über den Juristen bis hin zum Ziegenhirten alles dabei. Wichtig ist nach Franks Erfahrungen, den Asylbewerbern Arbeit zu geben. "Manche saugen das auf, es hilft ihnen beim Bewältigen ihres Traumas." Ohne Arbeit seien sie abends wach - dann kämen die Bilder hoch und die Ungewissheit, wie es ihren Daheimgebliebenen ergeht. "Jeder sagt mir, er möchte arbeiten und mit Deutschen zusammen sein", berichtet Frank. "Und sie wollen trotz ihrer Erlebnisse lachen."

Neun Monate, erklärt Sozialreferentin, sei "der üblichste Zeitraum", den ein Asylbewerber auf seine Anhörung wartet. "Viel zu lange", sind sich die Anwesenden einig. Den "Bürokratismus" macht einer der Anwesenden dafür verantwortlich: "Keiner der Beamten will eine Entscheidung treffen." Ein anderer Besucher stimmt ihm zu: "Es gibt keine Entscheider mehr." So einfach sei es nicht, wie Frank zu bedenken gibt: "Das liegt an den Gesetzen."

Zu den thematisierten Ängsten des Abends gehörte auch der IS, der sogenannte Islamische Staat. Die Flüchtlinge seien klare Gegner von Terrorgruppen, stellte die Sozialreferentin klar. Unter den Asylbewerbern in Geretsried "weiß ich nichts von Radikalen. Politisch sind die wenigsten. Die können daheim einfach nicht mehr leben."

Die Asylbewerber seien gegenüber dem Christentum aufgeschlossen. "Sie würden uns mehr respektieren, wenn wir zu unserem Glauben stehen würden. Sie verstehen es nicht, wenn wir das nicht tun." Die Problematik um Pegida würden die Asylbewerber nicht mitbekommen, weiß Frank.

Wie man helfen könne, wenn man nicht fest im Helferkreis angemeldet sein will? Die Sozialreferentin rät: "Man merkt, wenn jemand auf der Straße unsicher ist. Einfach wohlgesonnen sein."

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