Asyl-Unterkunft am Schulzentrum:Von Leerstand bis Notstand

Asyl-Unterkunft am Schulzentrum: Die Schüler bereiteten ein kleines Theaterstück vor.

Die Schüler bereiteten ein kleines Theaterstück vor.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Die Geretsrieder Schüler, Eltern und Lehrer zeigen sich beim Info-Abend gut vorbereitet auf die bis zu 251 Flüchtlinge - Nachfragen gibt es trotzdem.

Von Felicitas Amler, Geretsried

Am Schulzentrum Geretsried entsteht gerade die größte eigenständige Asylsuchenden-Unterkunft, die der Landkreis bisher gebaut hat. Zwei einfache Holzhäuser mit Zugang von der Jahnstraße bieten Platz für 251 Menschen, sollen im Juli bezugsfertig sein und sind derzeit auf fünf Jahre genehmigt. Die beiden angrenzenden Schulen an der Adalbert-Stifter-Straße - Gymnasium und Realschule - zeigten sich am Donnerstag bei einem Informationsabend in ihrer Aula gut vorbereitet auf die Ankunft der Flüchtlinge. Schüler, Elternsprecher und Lehrerinnen erklärten ihre Absicht, alles zu tun, um zur Integration beizutragen. Hermann Deger, Direktor des Gymnasiums, sagte, es gebe bereits ein Netzwerk. Beratungslehrerin Anita Bittner berichtete, 50 Jugendliche beider Schulen hätten Interesse zu helfen. Ein erstes Treffen habe "eine ganz große Offenheit" erkennen lassen.

Gedimmtes Licht und ein Geigensolo: So begann der Informationsabend, der sich als durchkomponierte Veranstaltung erwies. Schüler trugen mit Musik, Gesang und einem Mini-Theaterstück dazu bei. Die Abiturientin Lisa Napiletzki reflektierte in einem selbst verfassten Gedicht über Vorurteile gegen Asylsuchende und die Zusammenhänge von wirtschaftlichem Profit, Waffenexporten und Fluchtursachen. Die Chorklasse der Realschule lieferte mit ihrem Lied "Step by step" ein Stichwort, das von anderen als Leitbegriff für die Integration aufgenommen wurde.

So auch von Thomas Bigl, dem Sozialamtsleiter im Tölzer Landratsamt. Er referierte die Situation der Flüchtlingsunterbringung (aktuell 1852 Personen in 186 Liegenschaften) und warnte vor dem Glauben, es würden gar nicht mehr so viele Unterkünfte gebraucht. Die Regierung werde, nach einer Pause im April, nun wieder mit der Zuweisung Asylsuchender beginnen; er rechne mit 20 bis 30 Personen pro Woche. Es könne sich aber sehr schnell ändern. Fürs Landratsamt sei dies "eine Balance zwischen Leerstand und Notstand".

Asyl-Unterkunft am Schulzentrum: Bis zu 251 Flüchtlinge haben in den Holzhäusern am Schulzentrum Platz.

Bis zu 251 Flüchtlinge haben in den Holzhäusern am Schulzentrum Platz.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Bigl beantwortete aktuelle Fragen und solche, welche die Eltern vorab eingereicht hatten. So sagte er zu Befürchtung, in den Schulen könnten Flüchtlinge "überall rumlaufen", Schulen seien grundsätzlich geschlossene Gebäude, und man unterstelle ja auch anderen Nachbarn nicht, dass sie eindringen. Ähnlich äußerte er sich zu Fragen, die oft gestellt würden: Woher kommen diese Leute, welche Religion haben sie? Das seien Persönlichkeitsrechte, betonte er: "Da dringen Sie in die Privatsphäre ein." Im Übrigen seien Menschen, die sich zu einer Flucht aus ihrer Heimat entschlossen haben, "extrem selbständig und verantwortungsbewusst"; man solle sie auch so behandeln.

Bürgermeister Michael Müller (CSU) verwies auf das Integrationskonzept der Stadt und die fünf ehren- und hauptamtlichen Ansprechpartnerinnen. Eine davon, Ehrenamtskoordinatorin Suzan Jarrar, schilderte, wie der Helferkreis sich bisher für die Flüchtlinge in Geretsried engagiere - von der Kinderbetreuung über gemeinsame Feste bis zu Museumsbesuchen. Auf die Frage einer Schülerin, was junge Leute konkret tun könnten, erwiderte Suzan Jarrar: Hausaufgabenbetreuung, die Stadt zeigen, Quizabende oder Sportturniere.

Asyl-Unterkunft am Schulzentrum: Die Aula war gut besetzt, aber nicht ganz voll.

Die Aula war gut besetzt, aber nicht ganz voll.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Mehrmals wurde nach Arbeit für die Asylsuchenden gefragt. Bigl stellte klar, dass dies erst nach drei Monaten erlaubt sei, und auch dann nur, wenn es sich um sogenannte nachrangige Arbeit handle. Eine Zuhörerin fragte insistierend nach, warum nicht "durchgesetzt" werde, dass die Asylsuchenden in Ein-Euro-Jobs arbeiten. Der Sozialamtsleiter sagte, dazu brauchte es finanzielle und personelle Ressourcen, die nicht vorhanden seien. Außerdem seien gar nicht genügend solcher Jobs da, bei denen man nicht - was unzulässig ist - einem Einheimischen die Arbeit wegnähme.

Auch ein Flüchtling kam schließlich zu Wort: Der 18-jährige Mohammad, Gymnasiast in Bad Tölz, demonstrierte nicht nur anschaulich, wie gut er in nur zehn Monaten Deutsch gelernt hat. Er sagte auch, was ihm an der deutschen Kultur am besten gefalle: "Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit."

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