Geretsried:1266 Unterschriften Ärger

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Bürgermeister Michael Müller (l.) nahm sich eine ganze Stunde für den unangemeldeten Besuch Zeit (2.v.r.: Anwohnersprecherin Eva Eberhardt). (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Gegner der Umgestaltung des Geretsrieder Zentrums platzen beim Bürgermeister rein.

Von Felicitas Amler, Geretsried

Überraschungsbesuch ist ja gelegentlich das reine Vergnügen - wenn es sich um Freunde handelt, die plötzlich vor der Tür stehen. Das trifft auf jene sieben Geretsrieder, die am Montagmorgen unangemeldet im Vorzimmer von Bürgermeister Michael Müller (CSU) erschienen, eher nicht zu. Die Leute wollten ihre exakt 1266 Unterschriften gegen die geplante Bebauung des Karl-Lederer-Platzes abgeben. Und sie hatten ihrem Ärger schon vor dem Rathaus ein wenig Luft gemacht: Keiner der Stadträte habe die Gutachten zu dem "gigantischen Großbauprojekt" gelesen; die Stadt müsse endlich "aufwachen"; Bauherr Krämmel und der Bürgermeister gingen "anscheinend über Leichen".

Oben beim Bürgermeister ging es dann insgesamt etwas moderater zu, dennoch fetzten sich zwischendurch Müller und einer der Beschwerdeführer, Arnold Schmidt, immer wieder. "Sie poltern sofort los. Hören Sie mir zu!", forderte Müller ein ums andere Mal. Worauf Schmidt dann schon mal erwiderte: "Sie haben jetzt lang genug geredet." Und wenn Schmidt dann doch wieder in Rage kam, ermahnte ihn der Bürgermeister neuerlich: "Bleiben Sie mal ganz ruhig, locker und entspannt."

In der Sache gab es ohnedies keine Annäherung. Den Anliegern erscheint nach wie vor das siebenstöckige Gebäude, das die Krämmel Familien GbR am Karl-Lederer-Platz 14 bis 18 plant, mit seinen mehr als 25 Metern zu hoch und in seiner Ausdehnung auf den Platz hinaus zu breit. Zu viel vom eigentlichen Stadtplatz gehe dabei verloren, monieren sie. Der Bürgermeister wiederum hält daran fest, dass dies so gewollt sei. Der Platz müsse "richtig gefasst"; das Haus "eine Markante" werden. "Die Kompaktheit der Bebauung ist ein städtebauliches Ziel." Der Platz sei ja in seinem derzeitigen Zustand nicht gerade ein Highlight, sagte Müller zur südlichen Seite, auf der vor allem Autos geparkt werden: "Aufenthaltsqualität ist das nicht." Auch die Ansiedlung eines großflächigen Lebensmittelmarkts am Platz und eines Discounters im geplanten Neubau der Baugenossenschaft an der Egerlandstraße 58 bis 74 verteidigte Müller mit grundsätzlichen Erwägungen: Mit kleineren Ladenflächen könne man keine Innenstadt beleben, sagte er. Nur Lebensmittel brächten heutzutage Frequenz, die dann aber wiederum kleineren Läden nützen könne.

Die Gegner widersprachen: "Mit einem Aldi da drüben und einem Rewe da werden Sie das Zentrum nicht beleben." Niemand gehe nach dem Lebensmitteleinkauf mit vollen Taschen am selben Platz bummeln. Und für junge Leute sei das schon gar nicht interessant.

Eine entscheidende Frage, die alle Gegner umtreibt, ist die nach dem Grundwasser. Geretsried hat damit grundsätzlich Probleme, das Grundwasser ist vielerorts relativ nah an der Oberfläche, insbesondere in Gartenberg gab es bei Starkregen häufig überschwemmte Keller. Nun sehen die Kritiker am Karl-Lederer-Platz in einer raumgreifenden Tiefgarage eine neue Gefahr. Müller hielt dagegen, dass die Stadt - zum ersten Mal in ihrer 60-jährigen Geschichte - ein Grundwassermanagement in Auftrag gegeben habe. Zum konkreten Bauvorhaben gebe es bereits zwei Gutachten. Anwohner-Sprecherin Eva Eberhardt bemerkte, es seien erst jetzt, als Reaktion auf die Proteste, zwei Messpegel eingerichtet worden. Diesen Kausalzusammenhang wies der Bürgermeister zurück. Die Messstellen seien eben Teil der Begutachtung.

Da die Gegner immer wieder erklärten, die Einwände von Bürgern würden nicht berücksichtigt, betonte Müller, man lebe in einer repräsentativen Demokratie, in der "die von Bürgern gewählten Volksvertreter" Entscheidungen träfen. Unbestritten sei allerdings das Recht auf Bürgerbegehren. Ob sie ein solches anstreben, mochten die Anwohner am Montag noch nicht sagen. Die Unterschriften dienten erst einmal dazu, "dass die Stadträte wach werden".

© SZ vom 14.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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