Geretsrieder Mitte:Stadtplatz statt Parkplatz

Geretsrieder Mitte: Architekt Klaus Kehrbaum im Gespräch mit Anwohnern des Platzes und anderen Interessierten.

Architekt Klaus Kehrbaum im Gespräch mit Anwohnern des Platzes und anderen Interessierten.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Bürgermeister Michael Müller und Architekt Klaus Kehrbaum erklären im Bürgergespräch die Pläne für die Stadtentwicklung. Einer wünscht sich "mutigere Architektur".

Von Felicitas Amler

Kaum hat die Veranstaltung begonnen, schon ist das kleine beheizte Zelt auf dem Karl-Lederer-Platz bestens besucht: Drei bis vier Dutzend Bürger werden es im Lauf der zwei Stunden werden, welche die Stadt Geretsried am Samstag für Fragen zu Stadtentwicklung an diesem Platz und an der Elbe-/Banater Straße anbietet. Viele nutzen die Gelegenheit, um ihrem Ärger Luft zu machen, einige erkundigen sich engagiert nach Details, und eine Handvoll Menschen lobt, was an neuen Gebäuden für Handel und Wohnungen geplant ist. Das Gros der Besucher ist 50 plus, nur sehr wenige Junge kommen.

Die meisten Gespräche kreisen um die Umgestaltung des Karl-Lederer-Platzes, der durch neue, höhere Häuser und einen siebengeschossigen Turm mit viel Platz für den Handel zu einem echten urbanen Zentrum entwickelt werden soll. Die Eigentümer und Investoren, die diesen Prozess einleiten - das Familienunternehmen Krämmel mit Senior Reinhold und Junior Korbinian Krämmel - sind an diesem Tag nicht anwesend. Stattdessen stellen sich Bürgermeister Michael Müller (CSU), Wirtschaftsförderin Annette Hilpert, Stadtbauamtsvize Andreas Porer und Architekt Klaus Kehrbaum den Fragen und der Kritik. Müller wird bald bedrängt von einer enragierten Frauen-Gruppe, die sich an den Bauvolumina stört, die auf dem Karl-Lederer-Platz künftig möglich sein sollen. Der Bürgermeister hält an seiner Linie fest, man müsse hier endlich einmal Mut beweisen und den Fünfzigerjahre-Stil hinter sich lassen, der einer modernen Stadt der Größe Geretsrieds nicht angemessen sei.

Die Frauen - unter ihnen Eigentümerinnen, die sich fürs laufende Bebauungsplanverfahren einen Rechtsanwalt genommen haben - sind weder nach dem Gespräch mit dem Bürgermeister noch nach weiteren Stationen, auch beim Architekten, zufrieden. Schließlich zeigen sie sich empört darüber, dass ein Gutachten über die zu erwartende Verschattung des Platzes durch den Turm nun doch nicht vorliege: Kehrbaum erwidert, dieses müsse überarbeitet werden, da Krämmel und andere bauwillige Anlieger sich neu verständigt und einiges umgeplant hätten. Das Gutachten werde nun zur Dezember-Sitzung des zuständigen Stadtratsausschusses vorliegen.

Zu den wesentlichen Fragen vieler anderer Teilnehmer zählen der Verkehr und das Parken. Etliche kritisieren, dass die Masse der Stellplätze in einer Tiefgarage entstehen soll und das Angebot oberirdisch deutlich reduziert wird. Eine Geschäftsfrau mit Laden am Platz sagt, die Kunden wollten doch immer möglichst direkt vor der Tür parken. Bürgermeister und Architekt versuchen in all diesen Gesprächen zu verdeutlichen, dass ein urbaner Stadtplatz eben kein Parkplatz sei. Eine Zuhörerin am Rande sagt: "Wenn oben keine Stellplätze frei sind, werden die Leute schon runter in die Tiefgarage fahren"; Fußgängerzonen könne man schließlich auch nicht mit dem Auto ansteuern.

Eine andere Händlersorge bringt Frederik Holthaus, Geschäftsführer des Isar-Kaufhauses an der Egerlandstraße, zum Ausdruck: "Wir leben alle von der Erreichbarkeit", sagt er mit Blick auf die bevorstehende mehrjährige Bauphase; diese nähmen Geschäftsleute gern in Kauf, "wenn's danach besser wird". Kehrbaum bekräftigt, es werde ein Baustellenmanagement geben: "Wir wollen das mit Ihnen gemeinsam entwickeln."

Nachdem nicht wenige über die neue Bebauung des Karl-Lederer-Platzes geschimpft haben ("Das ist ja dann wie Kleinperlach"), spricht ein Besucher Kehrbaum ganz anders an: "Man sollte mit der Architektur mutiger sein", sagt Titus Vollmer. Er würde sich den Turm als Alleinstellungsmerkmal der Stadt wünschen - und dabei lässt er als Vergleich das Stichwort "Valencia" fallen, offenbar in Anspielung auf den futuristischen Palast der Künste. Da kann der Geretsried-Planer nur lächeln.

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