Geretsried:Mietpreisbremse ausgebremst

So funktioniert die Mietpreisbremse

Die sogenannte Mietpreisbremse - eine Dämpfung des Mietanstiegs - wurde am 5. März 2015 vom Deutschen Bundestag mit den Stimmen der Großen Koalition beschlossen. Sie trat am 1. Juni in Kraft. Die Neuregelungen sehen vor, dass bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen die zulässige Miete in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt höchstens auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete zuzüglich zehn Prozent angehoben werden darf. Welche Gegenden einen "angespannten Wohnungsmarkt" haben, sollen die Länder festlegen. Die Frage, "wie erfährt man, wie hoch die ortsübliche Vergleichsmiete ist?", beantwortet das zuständige Ministerium so: "Wo es keinen Mietspiegel gibt, können ggf. Vergleichsmietdatenbanken von Vermieter- und Mieterverbänden sowie vergleichbare statistische Erhebungen zur ortsüblichen Miete herangezogen werden."

Im Maklerrecht wurde mit der Neuregelung das Prinzip verankert: "Wer bestellt, der bezahlt". Dadurch soll sichergestellt werden, dass derjenige die Maklergebühren zahlt, der den Makler beauftragt hat bzw. in dessen Interesse der Makler überwiegend tätig geworden ist; in der Praxis ist dies meist der Vermieter.SZ

Quelle: Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz

Der Freistaat gab allen Kommunen die Chance, sich zum neuen Mieterschutz-Gesetz zu äußern. Die Stadtverwaltung von Geretsried schickte den Fragebogen gar nicht erst zurück. Der Stadtrat wurde nicht gefragt und ist empört

Von Thekla Krausseneck, Geretsried

Die Verwaltung hat geprüft - und festgestellt, dass die Stadt Geretsried die Voraussetzungen für eine Mietpreisbremse nicht erfüllt. Dass der Stadtrat dabei nicht gefragt wurde, haben drei Räte in der Sitzung am Dienstag scharf kritisiert. Nach der Sommerpause soll das Aufregerthema deshalb nun doch noch auf die Tagesordnung genommen werden; die SPD setzte dazu einen Beschluss durch. Bürgermeister Michael Müller (CSU) nahm die Verwaltung in Schutz: Es sei alles formgerecht abgewickelt worden. Von einem eigenmächtigen Handeln der Verwaltung könne nur gesprochen werden, wenn die Voraussetzungen für die Mietpreisbremse erfüllt wären - und das sei eben nicht der Fall.

Die Mietpreisbremse gilt nur für Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten, als für Orte, in denen die Bevölkerung kaum noch eine Chance hat, zu angemessenen Bedingungen eine Wohnung zu mieten. Um herauszufinden, auf welche Kommunen das zutrifft, bekamen im Jahr 2014 alle Städte und Gemeinden Erhebungsbögen zugeschickt. 400 Kommunen wurden dazu verpflichtet, ihn zurückzusenden, alle anderen durften mitmachen, wenn sie wollten. Die Stadt Geretsried wollte nicht: Das Mietpreisniveau liege dort nicht in einer Höhe, ab der von einem angespannten Wohnungsmarkt gesprochen werden könne, erklärte Hauptamtsleiterin Ute Raach. Manche Wohnungen würden immer noch für sechs bis acht Euro pro Quadratmeter vermietet, und das drücke den Mietdurchschnitt im Gemeindegebiet.

Das sagte so ähnlich auch SPD-Stadtrat Walter Büttner, wenn auch mit einer anderen Schlussfolgerung. Dass die bezahlbaren Wohnungen der Baugenossenschaft den Durchschnittspreis nach unten zögen, ändere nichts daran, dass es noch genügend Wohnungen gebe, die privat für bis zu zwölf Euro je Quadratmeter vermietet würden. Und das, so Büttner, "kann's doch nicht sein!" Dass die Entscheidung bei der Verwaltung gelegen habe, finde er falsch, sagte Büttner. "Das hätte der Stadtrat beschließen müssen."

Bürgermeister Müller bestätigt das: In einer Kommune, deren Verwaltung keine Voraussetzungen für eine Mietpreisbremse erkennen kann, muss der Stadtrat den politischen Willen entwickeln, dass in seinem Ort die Regelung wirksam wird. Dazu müsse das Thema auf die Tagesordnung gesetzt werden - keine Aufgabe der Verwaltung, der es schließlich nicht zustehe, zu entscheiden, welches Thema politisch vorangetrieben werde und welches nicht. Also hätte der Wunsch vom Stadtrat ausgehen müssen, sagt Müller. Damals habe aber keiner danach gefragt. Ob das vor seiner Amtszeit war oder noch in der seiner Vorgängerin Cornelia Irmer (parteifrei), daran könne er sich nicht erinnern.

Er selbst sehe die Mietpreisbremse kritisch, sagt Müller, genau wie den Mietspiegel. Beides könne dazu führen, dass bisher günstige Mieten stiegen. Der Stadtrat hatte aus diesem Grund noch vor Müllers Zeit einen von der SPD beantragten Mietspiegel mehrheitlich abgelehnt - dass er jetzt eine Mietpreisbremse wolle, halte er für unlogisch, sagt Müller. Tatsächlich schlägt das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vor, dass sich die Bremse an einem Mietspiegel orientieren könnte - aber nicht muss. Bad Tölz, Bad Heilbrunn, Greiling, Icking und Wolfratshausen, die von der Mietpreisbremse erfasst sind, haben keinen Mietspiegel. Für Müller ist die Mietpreisbremse jedenfalls das falsche Instrument zur Regulierung: Stattdessen solle mehr Wohnraum geschaffen werden, damit sich der Markt von innen heraus entspannen könne. Aber die Bremse werde ohnehin nicht kommen. Müller: "Die Voraussetzungen liegen nicht vor, ob man es glauben will oder nicht."

Das sah nicht nur die SPD anders, sondern auch Dominik Irmer (Freie Wähler). Es bedürfte "durchaus noch einer Diskussion", sagte er, vor allem im Hinblick auf die Flüchtlingsthematik. "Wir wollen sie ja später integrieren, und dazu brauchen wir bezahlbaren Wohnraum." Einer Mietpreisbremse stehe seiner Meinung nach nichts im Wege. Der Stadtrat beschloss mit zwei Gegenstimmen, nach der Sommerpause darüber zu diskutieren.

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