Geretsried:Mehr Platz für Kreativität

Landkreis und Schulleitungen wollen die Sanierung des Schulzentrums nutzen, um moderne Räume einzurichten, die ein flexibles und individuelles Lernen ermöglichen. Das wäre finanziell sogar günstiger als eine sonst notwendige Aufstockung

Von Felicitas Amler, Geretsried

Zwei Entscheidungen scheinen dem Landrat unabdingbar: Das zwischen 1972 und 1974 errichtete Schulzentrum Geretsried mit Realschule und Gymnasium unter einem Dach müsse generalsaniert werden. "Nach 45 Jahren steht das an. Es kommt nicht aus heiterem Himmel", sagt Josef Niedermaier (FW). Ein Neubau sei keine Alternative dazu: Mit geschätzten Kosten von 100 Millionen Euro - ohne Grundstück - gebe es da "null Diskussion". Ein Drittes ist für den Landrat plausibel und zustimmungsfähig: Dass die Generalsanierung genutzt wird, um den Schulen das pädagogisch neue Modell der "Lernlandschaften" zu ermöglichen.

Vor dem Hintergrund der vielen Fragen und Einwände, die zuletzt unter den Kreisräten aufgekommen waren, stellten Niedermaier und die Verwaltungsspitze die 37,5 Millionen Euro plus x teure Sanierung am Mittwoch in einer Pressekonferenz noch einmal vor. Das X umfasst einige bereits beantwortete, aber auch ein paar offene Fragen. Der Schul- und Bauausschuss des Kreistags hat in seiner nächsten Sitzung am 29. Juni nur über die 37,5 Millionen Euro für die reine Generalsanierung zu entscheiden. Dass dazu ein mit 3,3 Millionen Euro angesetztes Interimsgebäude für die Bauphase errichtet werden muss, ist bereits beschlossene Sache. Ein Heizwerk für 3,4 Millionen Euro wird womöglich nötig sein. Bei der Wärmeversorgung könnte das Schulzentrum aber auch mit dem neuen Geretsrieder Hallenbad kooperieren. Zusätzliche Kosten werden für eine neue Zweifachhalle und die Sanierung der Dreifachhalle anfallen, für das Herrichten von Pausen- und Parkplatzflächen sowie neue Außensportflächen.

Offen ist jene Frage, die für den Betrieb beider Schulen richtungsweisend ist. Realschule und Gymnasium haben sich in vielen Besprechungen, bei Besichtigungen anderer Schulen und in Absprache mit Landrat und Verwaltung darauf geeinigt, die Sanierung zu nutzen, um Lernlandschaften zu schaffen - modern konstruierte Räume, die ein flexibleres und individuelleres Lernen ermöglichen. Beide Direktoren, Hermann Deger und Christian Zingler, halten dies für richtig und wichtig. "Wir sind sehr davon überzeugt", betont Deger. Christine Venus-Michel, stellvertretende Realschulleiterin, bekräftigt das: "Wir sind uns ganz, ganz sicher, dass das der Weg ist."

Und René Beysel, Hauptamtsleiter im Landratsamt, erklärt, dass dies finanziell keineswegs ein Nachteil wäre. Ohne Lernlandschaften wäre die Sanierung zwar um 1,7 Millionen Euro billiger. Da diese aber baulich sechs Klassen mehr brächten, wäre umgekehrt ohne die Lernlandschaften ein Aufstocken des Schulzentrums notwendig, das 2,8 Millionen Euro kosten würde. Das Neu- und Umgruppieren von Räumen ist ein wesentlicher Aspekt bei dieser Sanierung. Niedermaier sagt, die Schulbaurichtlinien hätten sich geändert. Heute seien weniger große Schulräume gefordert, dafür mehr, da es viel mehr individuellen Unterricht gebe. Staatliche Zuschussvorgabe sei es aber gleichzeitig, die Sanierung ohne Anbauten oder Erweiterungen zu realisieren.

Lernlandschaften

Trudering, Taufkirchen und Neubiberg haben sie schon, Geretsried hätte sie gern: Lernlandschaften, die einen modernen, den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen angemessenen Unterricht ermöglichen. Wie das aussieht, erläuterten auf der Pressekonferenz zum Schulzentrum die Lehrerinnen Andrea Mahlendorff (Gymnasium; Deutsch, Erdkunde, Spanisch) und Stefanie Kretzschmar (Realschule; Deutsch, Geschichte). Lernlandschaften bieten demnach die Möglichkeit, individuell auf die Voraussetzungen und Bedürfnisse der einzelnen Schüler einzugehen. Zu einer Lernlandschaft wird jeweils eine Jahrgangsstufe zusammengefasst. Flexible Klassenräume mit leicht beweglichen Tischen, Boards und Pinnwänden lassen sich schnell umgestalten: vom Frontalunterricht in verschiedene andere Unterrichtsformen: Arbeit Einzelner im Stillen, Partner-, Gruppen- oder Projektarbeit, Präsentationen. Zusätzlich gibt es einen gemeinsamen "Marktplatz" aller Klassen einer Stufe: für Rückzug, Recherchen am Computer und in großzügig angebotenem schriftlichem Material und mit einer Flüsterzone. Inklusion werde damit leichter, ebenso die vom neuen Lehrplan geforderte Kompetenz- statt der Wissensbewertung, und dem Bewegungsdrang der jungen Schüler werde Raum gegeben. fam

Daher ist das Raumkonzept ganz neu gegliedert. Beysel macht das an einem Beispiel augenfällig: Auf der gleichen Fläche, auf der bisher drei große Sprachlaboratorien eingerichtet sind, können künftig zwei Physik-Lehrsäle, zwei Physik-Übungsräume und alle dazu erforderlichen Nebenräume untergebracht werden. Und ein Sprachlabor brauche heutzutage mit neueren Techniken nicht mehr 100 Quadratmeter zu haben.

Wie wichtig das Schulzentrum Geretsried ist, legt der Landrat dar: Es sei mit 25 000 Quadratmetern und einer Dreifachturnhalle der mit Abstand größte Schulkomplex des Landkreises. Ein Viertel aller Schüler, die Landkreisschulen besuchen, werde hier unterrichtet. Die Sanierung sei jedenfalls "unausweichlich".

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