Geretsried:Kochen für den guten Ruf

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Der Konradhof aus Unering hat die bis dahin unbeliebte Mensa im Schulzentrum Geretsried übernommen. Ihr Konzept haben die neuen Betreiber den Schülern und Lehrern nun in acht Vorträgen vorgestellt.

Von Felicitas Amler, Geretsried

Schlechtgeredet ist etwas schnell, einen guten Ruf aufzubauen, das kann länger dauern. Die neuen Betreiber der Mensa im Schulzentrum Geretsried dürfen diese Erfahrung gerade machen. Der Konradhof aus Unering im Landkreis Starnberg hat Küche und Speisesaal an der Adalbert-Stifter-Straße zu Beginn des neuen Schuljahrs übernommen. Am Freitag stellten drei Sprecher des Unternehmens den einzelnen Schülerjahrgängen und einigen Lehrern ihr Konzept in acht aufeinanderfolgenden Vorträgen vor. Dazu gab es kleine Kostproben. Die Mensa selbst ist in dem Schulgebäude, das Realschule und Gymnasium vereint, freitags geschlossen.

Die frühere Mensa war ganz offenkundig bei den Schülern absolut unbeliebt. Fragt man Einzelne, so ist die Auskunft, es habe nicht geschmeckt, noch die freundlichste. Die deutlicheren Antworten lauten, es habe Gerüchte von Haaren im Essen gegeben; die Wartezeiten seien endlos gewesen, und die Qualität sei am Ende gegen Null gegangen.

Patrick Eckl, Assistent der Geschäftsleitung des Konradhofs, weiß das alles nur zu gut, denn er begleitet in diesen ersten Wochen das Team, das im Geretsrieder Schulzentrum Essen kocht und ausgibt. Die Mensa sei "ein Tabu-Ort der Schule", so ist sein Eindruck. Er sieht aber erste Erfolge, dies zu verändern. Zu Beginn des Schuljahrs habe der Konradhof hier 70 Essen pro Tag ausgegeben, inzwischen seien es 150, sagt Eckl. Langfristiges Ziel ist es, mindestens ein Viertel der 2000 Kinder und Jugendlichen, die hier zur Schule gehen, zu verköstigen.

Der Konradhof ist ein großer landwirtschaftlicher Betrieb mit eigener Vermarktung. Er betreibt zwei Hofläden, in Unering und in München-Schwabing, ist regelmäßig auf elf Wochenmärkten und bietet Catering und Partyservice. Die landwirtschaftliche Produktion bewirbt Inhaber Stefan Dellinger mit dem Slogan "Glückliche Tiere für nachhaltigen Genuss". Bio ist der Betrieb nicht. Dellinger spricht von "nachhaltiger Landwirtschaft" und "artgerechter Tierhaltung"; er verzichte auf Antibiotika und baue Futter selbst an. "Im Mittelpunkt steht die idyllische Aufzucht jeder Menge Tiere, die sich auf den umliegenden Weiden tummeln und denen es sichbar gut gehen soll", heißt es auf der Homepage.

Im Schulzentrum wurde der Unternehmenschef von Schülern der Unterstufe gefragt, wie lange seine Tiere lebten. "Die Masthähnchen werden mit sechs bis zehn Wochen geschlachtet", antwortete Stefan Dellinger. Der SZ sagte er, seine Landwirtschaft umfasse etwa 600 Enten, 300 Gänse, 200 Schafe, 2000 Masthähnchen und 200 Rinder. Er habe in Landwirtschaft und Metzgerei 20 Mitarbeiter. In Geretsried habe er bereits die früher in der Turnhalle untergebrachten Flüchtlinge mit Essen versorgt. Auf die Frage von Schülern, mit welchen Tieren er am meisten Geld verdiene, sagte er, mit Hähnchen und Schweinen. Rinder seien zunehmend schwierig, da die meisten Menschen nicht mehr viel Zeit zum Kochen aufwendeten, Rind aber wenig Fleisch für Kurzgebratenes habe: "Ich würde mir wünschen, dass die Leute wieder mehr kochen und Kochen lernen."

Sein eigener Mensa-Betrieb funktioniert nach dem Prinzip "Cook and chill". Das bedeutet, wie Patrick Eckl erklärte, dass die Speisen in Gröbenzell gekocht und in einem 90-minütigen Prozess auf vier Grad gekühlt ("gechillt") werden, um tags darauf in Geretsried wieder "regeneriert", also erwärmt, zu werden.

© SZ vom 22.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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